Bergstraße. Bis Ende des Jahres gilt in der Stadt eine Haushaltssperre. Die Kassenlage ist nach Angaben von Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) so angespannt, dass kaum Handlungsspielraum besteht. Etwa gebe es bei Erträgen aus der Gewerbesteuer keine Erholung, im Gegenteil. Gleichzeitig könne die geplante Kürzung bei Sach- und Dienstleistungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro nicht aufrechterhalten werden. Für den Rest des Jahres müssen selbst geringe Ausgaben, die nicht im Haushaltsplan 2024 aufgeführt sind, von der Verwaltungsspitze genehmigt werden.
In den kommenden Wochen wird es zudem um die Frage gehen, wie der Etat für 2025 aussieht. Seit Jahren werden Kürzungen bei freiwilligen Leistungen diskutiert. „Ich sehe den schwierigsten Haushaltsberatungen entgegen, an denen ich bisher teilgenommen habe“, sagt SPD-Fraktionschef Jens Klingler. Aus seiner Sicht wird die Lage in den kommenden Jahren kaum besser. Im Gegenteil. Über freiwillige Leistungen der Stadt zu diskutieren, hält Klingler indes für irreführend. „Es ist der finanziell kleinste Bereich. Darüber zu diskutieren und das große Ganze außer Acht zu lassen, ist der völlig falsche Ansatz und wird den Hauhalt weder retten noch ausgleichen.“
Haushaltssperre
Die Stadtverwaltung kann bis Jahresende nur noch finanzielle Leistungen erbringen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen können fortgesetzt werden – vorausgesetzt sie sind im Haushaltsplan vorgesehen.
Der Entwurf für den Haushalt 2025 soll am 13. Dezember eingebracht werden. wol
Die Diskussion über freiwillige Leistungen – dazu gehört beispielsweise die Unterstützungen für Vereine – lenke von den wahren Problemen ab und werde der Stadt nicht helfen. Es stelle sich unter anderem die Frage, wie sich die Einnahmen in der Stadt erhöhen lassen.
Die Grünen haben mit ihren Anträgen zum Haushalt 2023 einerseits für Ausgabenreduzierungen bei Sach- und Dienstleistungen sowie andererseits für eine moderate Erhöhung der Kita-Gebühren und der Grundsteuer als Gesamtpaket gesorgt, betont Fraktionschef Stefan Nickel. Damals habe die schwarz-grüne Koalition den Magistrat aufgefordert, städtische Dienstleistungen hinsichtlich möglicher Einsparpotenziale zu prüfen. „Bis auf wenige Punkte gab es hierzu keine oder wenig aussagekräftige Ergebnisse.“
Müssen weg von der „Vollkasko-Mentalität“
Damals habe man etwa vorgeschlagen, die Rückgabe der Volkshochschule an den Kreis Bergstraße zu prüfen. Der sei Träger der Aufgabe. Dabei könnten Doppelstrukturen vermieden und Kosten eingespart werden, ohne dass es zu Einschränkungen der Leistung kommt, ist Nickel überzeugt. Das zeigten Beispiele aus anderen Städten. Insgesamt müsse man von einer „Voll-Kasko-Mentalität“ und einer „Allzuständigkeit zulasten der Stadt“ wegkommen. Gleichwohl spricht er sich gegen pauschale Kürzungen nach der „Rasenmähermethode“ aus.
Vielmehr sollte neben einer Grundförderung auch eine Unterstützung bestimmter Projekte weiter möglich sein, um die wichtige Funktion der Vereine und weiterer Organisationen nicht zu gefährden. Um die Handlungsfähigkeit der Stadt zu erhalten, müssten – neben einer angemessenen Finanzausstattung durch Land und Bund – auch Verwaltungsprozesse weiter optimiert und digitalisiert werden.
Wie Nickel, so sieht auch Alexander Scholl von der CDU in der Haushaltssperre eher ein symbolisches Handeln, das zu Irritationen bei Bürgern und Mitarbeitern der Stadtverwaltung führe. Er blickt skeptisch auf die Streichung freiwilliger Leistungen: „Der Anteil der Pflichtaufgaben und die dafür fehlende finanzielle Ausstattung von Land und Bund ist so groß, dass es ein absoluter Irrglaube darstellt, wenn man meint, mit dem alleinigen Streichen freiwilliger Leistungen den Haushalt zu retten.“ Im Gegenteil könne fehlende Unterstützung der Vereine zu deutlich höheren Kosten führen.
Stattdessen brauche es „strukturelle Anpassungen und Überlegungen, wie man die Leistungen gegebenenfalls effizienter aufstellen kann“. Das gehe nicht von heute auf morgen. Auch der CDU-Fraktionschef nennt die Kooperation der Lampertheimer Volkshochschule mit der Kreisvolkshochschule als Möglichkeit, den Haushalt zu entlasten. Gleichzeitig würde die Qualität erhalten bleiben, das Angebot tendenziell sogar ausgeweitet werden.
„Lampertheim ist pleite. Wir leben nicht erst seit diesem Jahr über unsere Verhältnisse“, moniert Gernot Diehlmann von der FDP. „Die von CDU, Grünen und FDP angemahnten strukturellen Verbesserungen auf der Einnahme- und Ausgabeseite seien von der Verwaltung teilweise zögerlich, „zum Teil gar nicht“ angegangen worden. Grundsätzlich müssten alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand.
Es sei Sache der Stadtverordneten zu entscheiden, welche Leistungen Priorität haben. „Einfach Steuern zu erhöhen wird nicht unsere Zustimmung finden“, warnt der Fraktionschef. Bereits bei den Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr habe man eine Überprüfung der Vereinsförderung beantragt, dem sei mehrheitlich zugestimmt worden. wol/ü
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