Klangwanderweg

Klangwanderweg bei Hammelbach ist ein kreatives Naturerlebnis

Vom ersten Ton bis zur „Kerscheglocke“: Wie eine Klang-Idee aus Luxemburg zum Hammelbacher Wanderweg w von Erfinder Uli Krell wurde.

Von 
Thomas Wilken
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Fasziniert von Klängen: Inspiriert wurde Uli Krell von einem Klangwanderweg in Luxemburg. Ein Jahrzehnt ist es her, dass er die Windleier als erstes Klangobjekt oberhalb von Hammelbach aufgestellt hat. Das Bild entstand im September 2015. © Fritz Kopetzky

Bergstraße. Für Uli Krell ist es zwar noch, als wäre es gestern gewesen. Aber die Windleier, das erste Objekt auf dem von ihm konzipierten Klangwanderweg oberhalb von Hammelbach, hängt dort bereits seit einem Jahrzehnt. Das wird gefeiert: Am Samstag, 13. September, gibt es bei Musik und Häppchen ab 15 Uhr in Hammelbach ein kleines Fest“. Dabei spielt auch Krells Band „Querbeet“ ein paar Stücke.

Dass sich der 72-Jährige so intensiv mit Klängen und dazugehörigen Instrumenten auseinandersetzt, hat er indirekt seiner Frau Bettina zu verdanken. Denn die schenkte ihm 2009 ein Wochenende in Luxemburg. In Hoscheid gibt es einen Klangwanderweg, von dem Krell „hin und weg“ war. Denn „ich wandere gerne und beschäftige mich gerne mit Klängen“. Somit war diese Strecke die bestmögliche Kombination. „Da wurde die Idee geboren, so etwas auch daheim realisieren zu wollen.“

Den Klangwanderweg hatte er schon im Hinterkopf, als er an die Windleier ging. Erste konkrete Vorstellungen für die Realisierung gab es im Rahmen der SILEK-Initiative 2011, bei der Ideen für die Fortentwicklung des Ortes gesucht wurden. Allerdings bekam Uli Krell keine Förderung, konnte aber danach über die Jugendmusikschule als Schirmherr die Sparkassenstiftung für sein Projekt als Unterstützer begeistern.

Vorbild hängt im Schloss

An die 15 Stunden verbrachte er mit der Konstruktion der Windleier – und war natürlich stolz wie Oskar, als sie fertig war. „Der Anfang ist immer die Hälfte des Ganzen“, beschreibt Uli Krell mit einem Spruch seines früheren Lateinlehrers das Besondere an der Fertigstellung. Das Vorbild hängt in Wiesbaden im Schloss Freudenberg, auch wenn es dort Windharfe heißt.

Das Edelstahlrohr mit 15 Zentimeter Durchmesser und einer Länge von 1,10 Metern hat Krell ganz allein gebaut. In ihm sind 18 Nylonfäden gespannt, die alle auf denselben Ton gestimmt sind. „Man hört nie den Grundton, sondern das, was der Wind daraus an Oberton-Schwingungen macht“, erläutert der pensionierte Lehrer. „Je stärker der Wind, desto höher und verschiedener der Ton“, beschreibt er die Wirkungsweise.

Zur Person

  • Uli Krell (72) wurde in Groß-Bieberau geboren.
  • 1979 kam er nach seinem Lehramtsstudium (Mathe und Physik) nach dem ersten Staatsexamen ans Überwald-Gymnasium (ÜWG) in Wald-Michelbach.
  • Dort legte der Pädagoge auch das zweite Staatsexamen ab.
  • Insgesamt 39 Jahre, bis zur Pensionierung 2018, unterrichtete Krell am ÜWG.
  • Seit 1989 wohnt er im Grasellenbacher Ortsteil Hammelbach. tw

Da dies eher „zarte Klänge“ sind, ist die Windleier auch an der letzten Station des Klangwanderwegs zu finden – wenn man ihn in der Richtung beschreitet, wie es seinem Initiator vorschwebt. Dann liegt das Instrument am Fußweg zwischen Altlechtern und Hammelbach in Höhe des Bildstocks. Und damit weit weg von der lauten Welt draußen, die mit den anderen Stationen im Vorfeld immer ruhiger wird, immer weiter entfernt ist.

„Nach und nach, je nach meiner Freizeit und Fertigstellung, kamen die anderen Instrumente dazu“, erzählt Uli Krell. Die Ideen „importierte“ er entweder aus Luxemburg oder machte sich selbst Gedanken. Dabei spielte auch sein früherer Beruf als Mathe- und Physiklehrer am Überwald-Gymnasium eine Rolle. Etwa beim Holzartenxylophon: Die Abmessungen sind konstant, aber die verschiedenen Holzarten klingen alle unterschiedlich. Oder beim Achtklang: „Da waren viele Forschungsarbeiten nötig, bis klar war, wie lang die Rohre sein müssen, damit die Töne stimmen“ – es steckt viel Freizeit in dem Projekt. „Ganz in meinem Kopf entstanden“ ist Krell zufolge die Lion-Windharfe. „Die habe ich genau an dem Tag montiert, als mein erster Enkel auf die Welt kam.“ Weshalb sie auch dessen Namen erhielt.

Weitere Unterstützung bei der Pflege der Instrumente sei gerne gesehen

„Den Balkon habe ich zu meiner Werkstatt umfunktioniert“, erzählt er. „Meine Frau musste schon einiges mitmachen“ – allerdings kam die Idee zum Ausflug nach Luxemburg ja auch von ihr, lächelt Krell. „Zum Glück wohne ich nah am Wald“, macht er deutlich, dass die vielen Klänge rund ums Haus zur Nachbarschaft hin gefiltert werden.

Seit drei Jahren läuten die „Hoammelbäscher Kerscheglocke“ kräftig auf dem Klangwanderweg. Oberhalb des Ortes gelegen, sind sie bewusst als Wortspiel angelegt. Die „Kerscheglocke“ bilden den aktuellsten Bestandteil des Rundwegs. „Im Odenwälder Dialekt meines Geburtsortes gibt es keinen hörbaren Unterschied zwischen den Wörtern für die Kirche im Dorf, ‚Kersch‘, und die Frucht ‚Kirsche‘“, schreibt Krell auf dem erklärenden Schild. „So kamen diese Glöckchen, die in einem Kirschbaum hängen, zu ihrem Namen.“ Seit ihrer Installation ist Uli Krell mit seinen Söhnen Conny und Jonas mit dem Erhalt des Klangwanderwegs beschäftigt. Denn teilweise geht es dafür ziemlich die Leiter hoch – und das soll der 72-Jährige auf Wunsch seiner Frau nicht mehr selbst machen.

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Weitere Unterstützung bei der Pflege der Instrumente ist gern gesehen. Vor drei Jahren hatte er außerdem noch eine kürzere Version der acht Kilometer langen Strecke im Hinterkopf. Denn gerade älteren Wanderern war diese zu lang. Doch deren Umsetzung stagniert (noch). Denn der Hammelbacher war die ganze Zeit mit seinen beiden Installationen im Litzelbacher Steinbruch beschäftigt. Die nötigen Klangobjekte stehen aber schon bei ihm im Garten. Allerdings fehlt auch noch die Abklärung mit Hessen Forst für die Anbringung.

„Kerscheglocke“ in groß

Im Hinterkopf hat er weiterhin eine größere Version der „Kerscheglocke“. Die würden dann im weiteren Verlauf des Klangwanderwegs an einem Privatbaum aufgehängt. Da ist es mit Genehmigungen kein Problem. Nach wie vor bekommt Krell viel positives Feedback für seine Arbeit. So auch vom Wirt der Waldgaststätte Alt-Lechtern, die an der Strecke liegt. Bei dem kommt immer wieder Lob von Seiten der Besucher an.

Ausgangspunkt des acht Kilometer langen Klangwanderwegs ist der Hammelbacher Dorfplatz, von wo aus man gegen den Uhrzeigersinn laufen sollte. Die Strecke hat eine eigene Markierung, das „blaue Ohr“. Über Eselstein, Altlechtern und Schanze führt die Strecke wieder in einem Bogen zurück nach Hammelbach. Man kann aber auch an der Weschnitzquelle einsteigen und dann der Markierung für den Qualitätsrundwanderweg H10 auf ihrem nördlichen Teil oder dem „blauen Ohr“ folgen.

Freier Autor Freier Journalist für Tageszeitungen im südlichen Kreis Bergstraße und Odenwaldkreis

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