Bergstraße. Die Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Birgit Heitland feiert am morgigen Freitag, 15. Dezember, ihren 60. Geburtstag. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober konnte die Christdemokratin im Wahlkreis Bergstraße II mit 38,4 Prozent der Stimmen das Direktmandat gewinnen. Im Vorfeld ihres Geburtstages schaute sie auf Einladung dieser Zeitung zu einem Redaktionsgespräch im BA-Medienhaus vorbei.
Frau Heitland, kann man sich als Politikerin angesichts der weltweit und innenpolitisch schwierigen Lage überhaupt über eine Wahl in ein Parlament freuen, um inmitten von Krisen Verantwortung übernehmen zu müssen?
Birgit Heitland: Natürlich beschäftigen die Krisen auch mich stark. Aber über eine Wiederwahl darf man sich am Wahltag sicherlich trotzdem freuen. Einfacher wird die parlamentarische Arbeit jedoch nicht. Die Gesamtsituation wird Auswirkungen auf alle Haushalte habe. Das betrifft den Hessischen Landtag ebenso wie den Bergsträßer Kreistag oder die Zwingenberger Stadtverordnetenversammlung. Meine Arbeit bereitet mir trotz der schwierigen Situation große Freude. Ich sehe mich im Landtag in erster Linie als Abgeordnete für meinen Wahlkreis. Die Vertretung der Bergstraße in Wiesbaden ist für mich eine entscheidende Aufgabe.
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Dennoch gibt es auch aus Bergsträßer Kommunen häufiger Gegenwind zu Landesentscheidungen. Ärgert es Sie, wenn Bürgermeister öffentlich Kritik an der Landesregierung äußern, etwa weil sie sich finanziell nicht ausreichend unterstützt fühlen?
Heitland: Offen gestanden: In manchen Fällen schon. Es kommt darauf an, von welcher Seite die Kritik kommt. Bei Bürgermeistern, die einer Oppositionspartei im Landtag angehören, kann ich es nachvollziehen. Bei Parteikollegen oder CDU-nahen Kommunalpolitikern würde ich mir wünschen, dass man vorher einmal intern redet, bevor das Land öffentlich angegriffen wird. Wir Abgeordneten bemühen uns stark, in Wiesbaden für die Gemeinden etwas zu erreichen. Leider gelingt es nicht immer. So etwa beim Vorhaben von Mörlenbach, Rimbach und Fürth, als Mittelzentrum eingestuft zu werden. Leider konnte dem Antrag letztlich nicht stattgegeben werden.
Die CDU wird zur Bildung der kommenden Landesregierung den Koalitionspartner wechseln. Obwohl es von ihrem Ministerpräsidenten Boris Rhein ein großes Lob an die Grünen für die Zusammenarbeit in der vergangenen Legislaturperiode gab, soll jetzt eine Koalition mit der SPD gebildet werden. Begrüßen Sie die Entscheidung und wie weit waren die CDU-Abgeordneten dabei eingebunden?
Heitland: Menschlich hat die Zusammenarbeit mit den Grünen in den vergangenen beiden Legislaturperioden gut funktioniert. Da gibt es auch weiterhin viele persönliche Verbindungen. Politisch müssen wir als CDU jedoch bewerten, mit welchem Partner wir unsere Ziele aus dem Wahlprogramm am besten umsetzen können. An den Sondierungsgesprächen waren wir als Abgeordnete inhaltlich eingebunden, aber natürlich nicht direkt beteiligt. Der Landesausschuss hatte mit der Aufgabe Ministerpräsidenten Boris Rhein, unsere Fraktionsvorsitzende Ines Claus und unseren Generalsekretär Manfred Pentz betraut. Die Fraktion ist dem Vorschlag gefolgt, Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufzunehmen.
Im Kreis lief es nach der vergangenen Kommunalwahl hingegen gerade andersherum. Dort entschied sich die CDU für eine Zusammenarbeit mit den Grünen. Die SPD hatte das Nachsehen. Hat die Entwicklung in Wiesbaden atmosphärische Auswirkungen auf die Koalition im Kreis?
Heitland: Nein, da muss man Profi bleiben. Ich gehöre seit 2006 dem Bergsträßer Kreistag an. In dieser Zeit gab es verschiedene Koalitionen. Das ist immer eine Frage der aktuellen Mehrheiten.
Als hauptberufliche Landtagsabgeordnete und als ehrenamtliches Mitglied im Kreistag und in der Zwingenberger Stadtverordnetenversammlung müssen sie verschiedene Blickwinkel beachten. Kommt es da nicht zu Interessenskonflikten?
Heitland: In der Stadtverordnetenversammlung konnte ich das noch nicht feststellen. Als Kreistagsabgeordnete sehe ich meine Aufgabe, das Beste für den Kreis Bergstraße zu erreichen. Bislang habe ich mich da in meiner Dreifachfunktion noch nie besonders unter Druck gesetzt gefühlt. Den Bürgermeistern, die dem Kreistag angehören, geht es doch genauso: Auch sie haben in ihren Kommunen zum Teil andere Interessen und Ziele als auf Kreisebene.
Das politische Engagement auf drei Ebenen kostet jedoch auch Zeit. Wie koordinieren Sie die Arbeit in Wiesbaden und im Wahlkreis?
Heitland: Während der Sitzungswochen des Landtags bin ich dienstags, mittwochs und donnerstags in Wiesbaden. Montags und freitags nehme ich Termine im Wahlkreis wahr. Die Wochenenden sind zumeist den Vereinen vorbehalten. Ich empfinde es als wichtig, nie den Bezug zur Basis zu verlieren. Es ist wichtig, nicht nur von Wiesbaden aus zu agieren.
Alle Termine kann man allerdings auch nicht wahrnehmen. Für den Januar musste ich beispielsweise einem Verein die Teilnahme an einer Fastnachtssitzung absagen, da ich mit meinem Mann an diesem Wochenende nach Thüringen und Leipzig fahre. Man muss sich seine Nischen schaffen. Auch an den Sitzungen der Zwingenberger CDU-Fraktion kann ich aus zeitlichen Gründen meistens nicht teilnehmen. Daher hatte ich bei der letzten Kommunalwahl für die Stadtverordnetenversammlung bewusst auch nur auf Position 4 kandidiert. Letztlich haben mich die Wähler doch auf Platz 1 gewählt. Da kann man sich dann natürlich auch nicht aus dem Stadtparlament zurückziehen.
Letztlich ist die Zwingenberger Kommunalpolitik ja auch der Ursprung ihrer heute hauptberuflichen Karriere. Hatten Sie diesen beruflichen Werdegang geplant?
Heitland: Überhaupt nicht. Angefangen hat alles Ende der 1990er Jahre mit einer Rede, die ich als Elternbeiratsvorsitzende beim Jubiläumsfest der städtischen Kita in Zwingenberg gehalten habe. Dabei hatten der damalige Bürgermeister Kurt Knapp und die frühere CDU-Stadträtin Annelore Knecht wohl bemerkt: „Die könnten wir gebrauchen.“
Ich habe dann zunächst einmal das Frauenfrühstück mitorganisiert, bin in die CDU eingetreten und habe auf Vorschlag von Annelore Knecht 1999 die Zwingenberger Frauen-Union ins Leben gerufen. 2001 bin ich dann erstmals in die Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. 2003 wurde ich Fraktionsvorsitzende, 2006 Stadtverordnetenvorsteherin und seit 2006 gehöre ich dem Kreistag an. Das hat sich alles irgendwie so ergeben. Geholfen hat mir dabei sicherlich, dass ich gut auf Menschen zugehen kann.
Und wie kam es zu dem Sprung nach Wiesbaden?
Heitland: Schon bei den Landtagswahlen 2009 und 2013 war ich Ersatzkandidatin für den damaligen Bergsträßer CDU-Abgeordneten Peter Stephan. Bei seinem Ausscheiden 2017 bin ich für ihn nachgerückt. Bei den Wahlen 2018 und 2023 konnte ich dann das Direktmandat gewinnen.
Welche Entscheidungen sind Ihnen aus Ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete besonders in Erinnerung geblieben?
Heitland: Da ist natürlich die Corona-Pandemie. Das war eine sehr herausfordernde Zeit mit zahlreichen menschliche Schicksalen. Auch als Abgeordnete hat man da so Einiges in Frage gestellt.
Bei der Freude der Christdemokraten über ihren Sieg bei der jüngsten Landtagswahl schwang jedoch auch eine große Sorge um das gute Abschneiden der AfD mit. Wie kann Ihre Fraktion im Landtag dem entgegentreten?
Heitland: Es handelt sich um kein spezifisch hessisches Thema. Es heißt ja: Das große Wasser nimmt das kleine mit. Ein großer Faktor ist die Bundespolitik. Dass die Ampel in Berlin so schlecht regiert. Viele Menschen sehnen sich nach Ordnung und wählen daher vermeintliche Heilsbringer. Letztlich muss man die AfD politisch an Inhalten stellen.
Wiederwahl und 60. Geburtstag sind doch sicherlich auch ein Grund, schon einmal in die Zukunft zu schauen. Werden Sie bei der kommenden Landtagswahl in fünf Jahren noch einmal antreten?
Heitland: Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht sagen. Aktuell könnte ich bildlich gesprochen Bäume ausreißen.
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