Bergstraße. Noch ein letztes Mal die frische Nordseeluft spüren, eine Fahrt mit dem Riesenrad auf dem Jahrmarkt unternehmen oder dem Lieblingsverein live im Stadion zujubeln: Das macht der Kreisverband des DRK Bergstraße schwerkranken Menschen mit dem „Herzenswunsch-Mobil“ möglich. In Kooperation mit den DRK-Verbänden Odenwaldkreis und Dieburg hat das DRK Bergstraße vor Kurzem ein Fahrzeug angeschafft, das für Reisen unter speziellen gesundheitlichen Bedingungen ausgelegt ist.
Bei einer Pressekonferenz im Heppenheimer Landratsamt stellten Stefan Wennmacher und Christian Keilmann vom DRK Bergstraße das Projekt gemeinsam mit der Ersten Kreisbeigeordneten und Gesundheitsdezernentin Diana Stolz vor. Das DRK hat sie als Schirmherrin angefragt - „und noch nie habe ich mich so sehr über diese Aufgabe gefreut“, betonte sie. Denn was die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer Menschen in der letzten Phase ihres Lebens möglich machen, ist bemerkenswert.
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„Wir ermöglichen es Menschen, die bald sterben werden, noch einmal unbeschwert zu sein. Denn wer angekommen ist, der kann leichter gehen“, erklärte Stefan Wennmacher. Nicht nur den Sterbenden selbst, sondern auch Angehörigen oder Freunden falle der Abschied dadurch etwas weniger schwer. „Denn sie wissen, dass der letzte Wunsch noch wahr werden konnte.“
Das DRK kümmert sich um um die gesamte Organisation der Fahrten, auch die Kosten werden vollständig getragen. „Sie verraten uns Ihren Wunsch, den Rest übernehmen wir“, so Christian Keilmann. Im Vorfeld wird zudem geprüft, ob das Vorhaben umsetzbar ist, da sich der Gesundheitszustand schnell ändern kann.
Die erste Fahrt ging zur Eintracht
Ende November fand die erste Fahrt statt: Von einer Pflegeeinrichtung an der Bergstraße ging es für einen schwerkranken Mann ins Fußballstadion zu Eintracht Frankfurt. Den Wunsch hatte das Pflegepersonal an das DRK weitergegeben. Zwar hat die SGE an diesem Tag nicht gegen Stuttgart siegen können, dennoch war es für alle Beteiligten ein tolles Erlebnis, berichtete Wennmacher.
„Die Menschen vor Ort haben es möglich gemacht, dass das Herzenswunsch-Mobil bis an das Stadion fahren konnte.“ Diana Stolz war mit dabei, als die Ehrenamtlichen den Mann abholten: „Es war wirklich bewegend, diese Freude zu sehen.“ So geht es auch Steffen Wennmacher und seinem Kollegen Christian Keilmann. „Auch wenn wir bei diesen Fahrten emotional sind, ist es wichtig, dass wir professionell bleiben.“
Im Mittelpunkt steht der Patient und das Anliegen, ihn würdig zu begleiten. Aktuell besteht das Team der Ehrenamtlichen - viele von ihnen kommen zum Beispiel aus dem Rettungsdienst - aus 17 Personen, die die Fahrten unentgeltlich betreuen. Im Vorfeld haben sie einen sogenannten „Letzte Hilfe Kurs“ beim Hospizverein Bergstraße absolviert. Wennmacher erklärte, worum es dabei ging: „Die Teilnehmer haben sich intensiv damit beschäftigt, wie man Sterbenden ihre verbleibende Zeit angenehm gestalten kann und gelernt, wie sie auf Wünsche und Bedürfnisse eingehen.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass die Ehrenamtlichen lernen mussten, zu akzeptieren, dass sie einen Menschen gehen lassen müssen, sollte dies sein Wille sein.
Über Wünsche sprechen ist wichtig
„Nach wie vor ist der Tod in unserer Gesellschaft ein Randthema, über das nur ungern gesprochen wird“, findet Diana Stolz. Doch wenn man es tut, kann es umso heilsamer sein, seinem Umfeld gegenüber letzte Wünsche zu äußern. Das gebe Angehörigen einerseits das Gefühl, etwas tun zu können und lindere den Schmerz des Abschieds. „Ich kann die Menschen nur dazu ermutigen“, sagte die Schirmherrin.
Das Angebot des DRK Bergstraße ist noch relativ neu und muss sich erst herumsprechen. „Wir freuen uns sehr, wenn die Menschen diese Gelegenheit nutzen möchten“, warb Stolz. Bisher habe es keine weitere Anfrage gegeben, die Ehrenamtlichen stehen aber jederzeit bereit.
Einzigartig in Südhessen
Das Herzenswunsch-Mobil wurde von den drei DRK-Kreisverbänden für rund 100 000 Euro beschafft und ist ganz auf die Bedürfnisse schwerkranker Menschen ausgelegt: So gibt es etwa eine Sauerstoffversorgung und die Möglichkeit, im Liegen oder mit Rollstuhl transportiert zu werden. Das Herzenswunsch-Mobil ist jedoch kein Krankenwagen.
Und das ist so gewollt. Denn die Gäste sollen zwar umsorgt sein, sich aber nicht an Krankenhäuser oder Untersuchungen erinnert fühlen. Immer mit an Bord ist bei den Fahrten ärztliches Personal - und auch für eine Begleitperson, zum Beispiel einen Freund, ist Platz. Im Raum Südhessen ist das Projekt bisher einzigartig, aktuell ist das Herzenswunsch-Mobil in Heppenheim stationiert und kann vor dort aus zum nächsten Einsatzort aufbrechen.
Damit die Kosten für das Fahrzeug wieder eingeholt und Fahrten finanziert werden können, ist das DRK auf Spenden angewiesen. „Gerade zu Weihnachten ist das doch eine schöne Sache“, sagte Diana Stolz mit einem Augenzwinkern. ame
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