Region. Üblicherweise markiert der Johannistag am 24. Juni das Ende der Spargelsaison. Allerdings läuft der Verkauf der Stangen dermaßen schleppend, dass viele Bauern in der Region schon jetzt ihre Felder buchstäblich ins Kraut schießen lassen. Durch ein Überangebot auch aus dem Ausland und aus Norddeutschland waren und sind die Preise keineswegs – wie prognostiziert – in die Höhe geschossen. Teilweise ist der Spargel sogar ein bis zwei Euro billiger pro Kilo als im vergangenen Jahr. Das kann Willi Billau, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Starkenburg, für die hiesige Region bestätigen: „Die Verkaufspreise decken die Kosten nicht, die wir aktuell haben.“
Wie die Zwischenbilanz einer außerordentlich holprigen Saison besagt, sind die Selbstvermarkter mit eigenem Hofladen deutlich besser dran als die Kollegen, die schwerpunktmäßig an den Lebensmitteleinzelhandel liefern. Die Corona-Pandemie hatte den Selbstvermarktern in den vergangenen beiden Jahren großartige Umsätze beschert. Die Menschen hatten Zeit, konnten nicht ins Restaurant – also haben sie den Spargel zuhause gekocht. In den Hofläden kaufen zudem oft diejenigen ein, die Wert auf Qualität legten und dafür auch mal einen oder zwei Euro mehr ausgeben.
Gemüse aus dem Ausland
Auch bei den Erdbeeren klagen die Bauern über Absatzprobleme
Bauernverbände in Hessen und Rheinland-Pfalz berichten über Absatzprobleme bei Erdbeeren in diesem Jahr. „Eine Zurückhaltung von Verbrauchern, große Konkurrenz aus dem Ausland sowie auf dem deutschen Markt sind drei Faktoren, die zu Problemen auf der Absatzseite führen“, sagt Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd.
Ein Problem für Erdbeerbauern seien insbesondere die Angebotspreise: „Die Angebote aus dem Einzelhandel sind absolut nicht kostendeckend“, so Köhr. „Bei der Vermarktung über den Großmarkt liegen die Preise, die pro Schale geboten werden, teilweise unter einem Euro. Daher bleiben die Beeren zum Teil hängen“, sagt Marie-Claire von Spee, Sprecherin des Hessischen Bauernverbandes.
„Die Produktionskosten sind in Deutschland deutlich höher. In Erzeugerpreisen spiegelt sich das aber nicht wider“, sagt Köhr mit Blick auf den Vergleich deutscher Erdbeeren zur Importware. Auf der Verbraucherseite zeige sich zudem eine geringere Ausgabebereitschaft als in anderen Jahren – wohl aufgrund der hohen Inflation.
Günstigere Erdbeeren aus dem Ausland, vor allem aus Spanien, sind dabei die größte Konkurrenz für die deutschen Früchte. Eine verspätete Saison in den Niederlanden habe zudem für ein größeres Angebot gesorgt. Auch das Angebot aus dem Inland sei in diesem Jahr wegen guter Wetterbedingungen gestiegen. Unterschiede gebe es jedoch je nach Vertriebsart. Erdbeerbauern, die ihre Ware direkt an Verbraucher verkaufen, verzeichnen den Verbänden zufolge bessere Absätze. Fälle, in denen Obstbauern in Hessen oder in Rheinland-Pfalz Erdbeeren vernichtet hätten, sind den Bauernverbänden bislang nicht bekannt. lhe
In den Supermärkten liegen die weißen Stangen indes wie Blei in den Frischeregalen. Hier hat es schon gleich zu Beginn der Saison ein sattes Überangebot gegeben. Schuld war nicht nur das gute und warme Wetter, das hierzulande den Spargel kräftig sprießen ließ. Zeitgleich flutete auch Gemüse aus dem europäischen Ausland und aus Übersee die Märkte. Und das zu Produktionspreisen, bei denen die deutschen Bauern nicht mithalten könnten, beklagt der Lampertheimer Willi Billau. Insgesamt beziffert er den Umsatzverlust der Spargelerzeuger auf 20 bis 30 Prozent. Viele Kollegen seien deshalb bereits dazu übergegangen, die Spargeläcker gar nicht mehr abzuernten, sondern schon jetzt auswachsen zu lassen.
Vielfach seien Kunden gleich zum Start in die Saison von vermuteten höheren Preise abgeschreckt worden, vermuten andere betroffene Landwirte. Diese Sorge sei völlig unbegründet gewesen, da sich die Preise schnell auf Vorjahresniveau, zum Teil sogar darunter eingependelt hätten. Um den 20. April sei Spargel schon günstig zu haben gewesen. Zuletzt seien die Suppen- und Bruchspargel praktisch unverkäuflich gewesen. Und weil die Ernte zurückgefahren worden sei, seien schon einige Erntehelfer früher abgereist als vereinbart.
Selbst vor Feiertagen weniger
Generell habe es bei der Nachfrage in diesem Jahr nie Spitzen gegeben, in denen die Kunden strömten wie in früheren Jahren. Das Interesse habe sich selbst vor den Feiertagen in Grenzen gehalten.
Zeitgleich zum guten und üppigen Erntestart hierzulande sei auch spanischer und griechischer Spargel auf den deutschen Markt gekommen – witterungsbedingt allerdings später als üblich. Das Überangebot habe auf die Preise gedrückt. Gleichzeitig hätten der Krieg in der Ukraine, Inflation und Steigerungen der Lebenshaltungskosten auf die Konsumlaune gedrückt. Da hätten die Kunden beim „Luxusprodukt“ Spargel weniger als sonst zugegriffen.
Den Preisanstieg haben auch die Landwirte bei Diesel, Dünger und Verpackungen zu spüren bekommen. Zur Deckung des Zusatzaufwands beim Spargel wären laut Aussagen von Landwirten rund 30 bis 40 Prozent höhere Erzeugerpreise nötig. Bislang seien die Bauern jedoch auf den Zusatzkosten sitzengeblieben. Willi Billau vom Regionalbauernverband weiß: „Es gibt Kollegen, die sind richtig verzweifelt.“
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