Migration

Die Stadt Viernheim setzt auf Wohncontainer für Flüchtlinge

Im städtischen Haushalt stehen 3,5 Millionen Euro zur Unterbringung von Geflüchteten bereit. Eine Wohnanlage für 150 Personen öffnet im März.

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Wolfram Köhler
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Die Containeranlage auf dem früheren Bauhofgelände in der Industriestraße nimmt Gestalt an. Ab März sollen dort bis zu 150 Geflüchtete untergebracht werden. © Bernhard Kreutzer

Bergstraße. Die Flüchtlingsunterkunft in der Viernheimer Lilienthalstraße ist in Kürze mit 115 Personen komplett belegt, ab März werden weitere Migranten in die neue Wohncontainer-Siedlung in der Industriestraße ziehen. Die Arbeiten sind dort bereits weit fortgeschritten. Bis zu 150 Menschen sollen auf dem früheren Bauhofgelände eine vorübergehende Bleibe finden. Wenn auch diese Kapazität ausgeschöpft ist, will die Stadt Viernheim in diesem Jahr noch bis zu drei vergleichbar große provisorische Dörfer errichten. Bis Ende April 2023 hatte das Bergsträßer Landratsamt die Unterbringung der Geflüchteten selbst organisiert. Weil sie das nicht mehr leisten konnte, übertrug sie die Aufgabe anschließend an die Kommunen des Kreises. Für die 22 Städte und Gemeinden bedeutet dies einen enormen organisatorischen Aufwand – und hohe Kosten, die aber über Nutzungsgebühren wieder ausgeglichen werden.

Im Haushaltsplan stehen in diesem Jahr 3,5 Millionen Euro für die Finanzierung der Unterkünfte bereit. Die Containeranlage in der Industriestraße etwa haben laut Bürgermeister Matthias Baaß die Stadtwerke für 2,8 Millionen Euro gekauft. Die Stadt mietet die Räume für einen Zeitraum von zehn Jahren von dem lokalen Energieversorger an.

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Der Betrag, der sich daraus für 2024 – inklusive Unterhaltung, Energiekosten und Betreuung – ergibt, liegt bei 350 000 Euro. Mit vergleichbaren Summen kalkuliert Viernheim bei den anderen geplanten Siedlungen, die ebenso jeweils 150 bis 180 Menschen beherbergen sollen. Für zwei Containerunterkünfte seien die Ausschreibungen bereits erfolgt. Die möglichen Standorte benennt Baaß noch nicht. Er teilt auf Anfrage der Redaktion lediglich mit, die Stadt habe bereits Kontakt mit den Eigentümern der jeweiligen Gewerbeflächen aufgenommen.

Die Belegung der Flüchtlingsunterkunft verzögert sich

Die Flüchtlingsunterkunft in dem früheren Bürogebäude der Firma Pfenning in der Lilienthalstraße stand seit Beginn der Direktzuweisung durch den Kreis Bergstraße im Mai vergangenen Jahres zur Verfügung. Ausgelegt war sie für insgesamt 120 Menschen. Weil das Bauamt von der Stadt Nachbesserungen beim Brandschutz forderte, verzögerte sich allerdings die Belegung. Bis zum Jahreswechsel waren nur 30 Personen in dem dreistöckigen Bürokomplex untergebracht. Das änderte sich in diesem Januar, 69 Flüchtlinge kamen in wenigen Wochen hinzu.

Dabei handelt es sich nach Angaben des städtischen Sozialamts zum einen um Asylbewerber aus der Bensheimer Zeltstadt. Zum anderen zogen bleibeberechtigte Personen, die in den Flüchtlingsunterkünften des Kreises im Rhein-Neckar-Hotel, in der Bunsen- und der Industriestraße untergebracht waren, in die Lilienthalstraße. Dadurch können in den Viernheimer Kreisunterkünften wieder neue Asylbewerber aufgenommen werden.

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cos/wk
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Die in dem Firmengebäude untergebrachten Menschen kommen nach Angaben der Stadt hauptsächlich aus Afghanistan und Syrien, in kleinerer Zahl aus dem Irak, aus Eritrea und dem Kongo. Es handelt sich um allein zugewanderte Männer und Frauen sowie 14 Familien.

Der Verteilerschlüssel für die Kommunen richtet sich nach dem Bevölkerungsanteil. Viernheim muss demnach 12,5 Prozent der vom Kreis Bergstraße zugewiesenen Flüchtlinge aufnehmen. Nach einer ersten Kalkulation im Frühjahr 2023 wären dies 33 Personen pro Monat gewesen. Diese Zahl wurde zwar mehrfach angepasst. Viernheim hat aber in jedem Fall erheblichen Nachholbedarf im Vergleich zu den anderen Kommunen der Region, die zuletzt mehr Zuwanderer aufgenommen haben.

Dies führt Baaß zufolge nun dazu, dass die Stadt in relativ kurzer Zeit viele Menschen unterbringen muss. Wie viele Migranten in diesem Jahr in Viernheim ankommen werden, lässt sich für den Bürgermeister kaum vorhersagen. Die Zahl der Flüchtlinge, die der Kreis vom Land Hessen zugewiesen bekommt, sei zwar gerade nach unten korrigiert worden. Dies könne aber auch schnell wieder in die andere Richtung gehen, sagt der Verwaltungschef. „Das weiß letztlich niemand.“

Gebührensätze steigen stark an

Die Kosten für die Unterbringung muss die Kommune nicht selbst schultern. Nach dem Landesaufnahmegesetz steht ihr eine Entschädigung pro Person in Form einer Nutzungsgebühr zu. Gezahlt wird diese im Fall von Asylbewerbern vom Kreis, bei den Bleibeberechtigten ist das Jobcenter zuständig. Festgelegt sind die Gebühren in einer Satzung, die die Stadtverordnetenversammlung erstmals im Mai 2023 verabschiedet hatte. Die Stadt kalkulierte damals mit monatlichen Kosten von 300 Euro pro Bewohner für die Unterkunft in der Lilienthalstraße.

Mittlerweile hat sich der dortige Aufwand – unter anderem durch den zusätzlichen Brandschutz – erhöht. Deshalb werden nach dem jüngsten Parlamentsbeschluss 390 Euro fällig. Diese Regelung gilt seit dem 1. Februar und auch nur für einen Monat. Denn im Anschluss, wenn die erste Wohncontainer-Anlage in Viernheim bereit steht, gibt es eine neue einheitliche Gebühr für dann zwei städtische Flüchtlingsunterkünfte. Der Betrag liegt bei 591 Euro pro Person und Monat, bis die nächste Neukalkulation vorgenommen wird.

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