Natur und Umwelt

Die Nosferatu-Spinne macht sich jetzt auch an der Bergstraße breit

Angst haben muss man vor der Giftspinne nicht, erklärt Werner Eck, Vorsitzender des Stadtverbands Bensheim/Zwingenberg im Naturschutzbund.

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Sina Roth
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Bergstraße. Sie ist bräunlich-gelb, ziemlich haarig, hat lange Beine und gehört zu den größeren ihrer Art in der Region: Die Rede ist von der Nosferatu-Spinne. Ursprünglich kommt sie aus dem Mittelmeerraum, wo sie lichte Wälder bewohnt. Inzwischen fühlt sie sich aber auch hierzulande ziemlich wohl, wie Werner Eck, Vorsitzender des NABU-Stadtverbands Bensheim/Zwingenberg (BILD: Lotz) weiß.

Unter Steinen und Rinde, aber vor allem an und in Gebäuden halten sie sich gerne auf. „Vermutlich ist sie mit Touristen aus dem Mittelmeerraum über die Schweiz und Österreich nach Deutschland gekommen“, berichtet der Experte im Gespräch mit dieser Zeitung.

In Garten, Keller und Küche

In den vergangenen Wochen haben sich vermehrt Bergsträßer beim Stadtverband gemeldet, die ein Exemplar bei sich daheim entdeckt haben. Allerdings handle es sich bei der Häufung von Nosferatu-Funden – ausgerechnet in dieser Zeit – eher um einen psychologischen Effekt, vermutet Eck: „Durch die Medien sind viele Menschen auf die Spinnenart aufmerksam geworden. Und dadurch wird sie jetzt natürlich auch häufiger wahrgenommen.“

Werner Eck, Vorsitzender des NABU-Stadtverbands Bensheim/Zwingenberg © Ernst Lotz

Die Nosferatu-Spinne sei wohl schon etwas länger an der Bergstraße beheimatet. Wie lange genau, das könne er aber nicht sagen – Aufzeichnungen dazu gibt es bei ihnen nicht. „Allerdings wird Zoropsis spinimana, wie sie auch genannt wird, in der Fachliteratur in Deutschland seit 2006 erwähnt“, ergänzt der Bensheimer.

Interessierte und besorgte Anrufer

„Etwa alle drei Tage meldet sich derzeit jemand bei uns und fragt nach, wenn er oder sie glaubt, eine der Spinnen bei sich entdeckt zu haben“, so Eck. Einige Anrufer seien interessiert, die Mehrheit besorgt.

Diese Reaktionen spiegeln sich auch unter einem Beitrag der Redaktion zum Thema auf Facebook. Denn Leser haben auf diesem Wege Spinnen-Funde unter anderem aus Bensheim, Auerbach, Zwingenberg, Lorsch, Bürstadt und Modautal gemeldet – zahlreiche Bilder inklusive. Manche Bergsträßer nehmen das Auftauchen der neuen Mitbewohner aber auch mit Humor: „Wir hatten eine bei uns im Badezimmer in Bürstadt und sie hat meine Frau gebissen. Jetzt bin ich mit Spidergirl verheiratet“, schreibt Lars Hellwig.

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Eine Nosferatu-Spinne - gefunden in Bensheim-Auerbach

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Rahel und Christian Schädler aus Zwingenberg haben gleich zwei Exemplare der Nosferatu-Spinne bei sich daheim entdeckt. „Eine habe ich im Keller gefunden. Sie war etwa acht Zentimeter groß. Die andere istmir im Garten begegnet und war noch etwas größer“, schreiben Rahel Schädler.

Nur Allergiker sollten aufpassen

Daniela Lobüscher hat insgesamt zwei der Spinnen in ihrer Küche in Bensheim gefunden. Eine haben sie und ihr Mann sogar liebevoll Norbert getauft. „Mein Mann hat ihn eingefangen und ins Grüne gesetzt“, schreibt sie. Werner Eck bestätigt mit Blick auf das mitgeschickte Foto, dass es sich bei Norbert um ein Männchen handelt – erkennbar an den kleinen „Boxhandschuhen“, wie die Leserin die sogenannten Bulben treffend beschreibt.

Ob es sich tatsächlich um eine Nosferatu-Spinne handelt, kann man an der charakteristischen Einfärbung auf ihrer Rückenpartie erkennen, die vage an das Abbild eines Vampirs namens Nosferatu aus dem Kult-Stummfilm von 1922 erinnert: Wer genau hinschaut, kann ein langgezogenes Gesicht mit abstehenden Ohren und eingefallenen Augenhöhlen erahnen. Gleichzeitig hat sie grau-gelbe, haarige Beine, die selbst an glatten Oberflächen wie Glas problemlos haften bleiben.

Woran man die Nosferatu-Spinne erkennen kann

  • Zoropsis spinimana, wie die Nosferatu-Spinne auch genannt wird, gehört zur Gruppe der Kräuseljagdspinnen (Zoropsidae) innerhalb der Webspinnen (Aranae).
  • Die Weibchen können eine Körperlänge von bis zu zwei Zentimeter erreichen, die Männchen bis 1,5 Zentimeter. Ihr Körperbau ist robust mit einer Beinspannweite von sechs bis acht Zentimetern.
  • Die Färbung kann gelblich bis bräunlich sein mit charakteristischer Zeichnung auf der Rückenseite.
  • Diese ähnelt – bei genauerer Betrachtung – in ihren Umrissen dem kahlköpfigen Vampir mit Segelohren und großen dunklen Augenhöhlen aus dem Film „Nosferatu“.
  • Nosferatu-Spinnen bauen keine Netze zum Beutefang. Sie sind dämmerungs- und nachtaktive Lauerjäger. Über ihr Beutespektrum ist bislang nur wenig bekannt. Jedoch fressen sie verschiedene Insekten.
  • Die Paarung findet im Herbst statt. Im Frühjahr wird der Kokon an einem gut geschützten Ort platziert. Der Kokon ist von blau schimmernder Spinnseide umgeben. Er wird von den Weibchen etwa 30 Tage lang bewacht und verteidigt.
  • Die 20 bis 100 geschlüpften Jungtiere bleiben bis zur ersten Häutung in der Nähe der Mutter und schwärmen anschließend aus. Die erwachsenen Spinnen leben als Einzelgänger.

„Neben den Bulben, dem männlichen Begattungsorgan, ist für Laien ein Unterscheidungsmerkmal zwischen weiblichen und männlichen Exemplaren die Körpergröße, die immer ohne Beine gemessen wird. Weibchen erreichen zehn bis 19 Millimeter, Männchen zehn bis 13 Millimeter, wobei auch schon Männchen mit 15 Millimetern gefunden wurden“, berichtet Werner Eck.

Wie fast alle Spinnen ist auch die Nosferatu-Spinne giftig. Angst vor ihr müsse man jedoch nicht haben, betont Eck. Das Gift diene dem Beutefang und sei für Menschen in der Regel ungefährlich.

Die Nosferatu-Spinne kann mit ihren Giftklauen die menschliche Haut zwar an dünneren Partien durchdringen. Die Folgen entsprechen aber in etwa denen eines Mückenstichs.

Harmloser, als es ihr Name vorgibt

Hat man ein Exemplar entdeckt, sollte man die Spinne mit einem großen Glas und einem Stück Papier einfangen und ins Freie setzen, rät Eck. „Diejenigen, die allerdings gegen Bienen- und Wespengift allergisch sind, sollten das anderen überlassen“, warnt der Bensheimer. Denn wenn sich die Spinne bedroht fühlt, zubeißt und ihr Gift abgibt, kann das für Allergiker gefährlich werden. In einem solchen Fall sollten Betroffene so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen. Bei Nicht-Allergikern sei es in der Regel beispielsweise mit dem Auflegen einer Zwiebelhälfte auf die betroffene Stelle getan.

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Der Name der Spinnenart geht übrigens auf den Dämon Nosophoros in der griechischen Volksmythologie zurück, auch ‚Pestbringer‘ genannt. Diese negative Bedeutung sieht Eck kritisch – sie schüre Ängste und Ekel vor den Tieren.

Insekten auf dem Speiseplan

Doch es geht auch anders: Wenn man so mancher Überlieferung Glauben schenkt, sollen Spinnen sogar Glück bringen. Eine Spinne auf dem Hochzeitskleid zu finden, gilt in England beispielsweise als ein Glückssymbol – auch wenn so manche Braut das wohl anders sehen würde. „Bei all dem sollte man aber nicht vergessen, dass alle Lebewesen ihre Rolle im ökologischen System haben“, betont der Bensheimer. Spinnen fressen übrigens auch gerne Insekten, die Menschen oft als lästig empfinden.

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