Bergstraße. Ob Bergmolch, Wechselkröte, Grasfrosch oder Feuersalamander – sie alle machen sich demnächst auf den Weg zu ihren Laichgewässern. Das kann tödlich enden, denn nicht selten müssen die Amphibien dabei Straßen überqueren. Um dies zu verhindern werden Krötenzäune an Landstraßen aufgebaut, alle zehn bis 15 Meter Eimer ebenerdig deponiert und entsprechende Warnschilder am Straßenrand aufgestellt. Damit ist es aber nicht getan, denn die kleinen Tiere müssen noch heil auf die andere Seite kommen.
Wanderstopp bei Kälte
Der Bergsträßer Naturschutzbund (Nabu) sucht deshalb wie jedes Jahr Freiwillige, die Teichmolch und Co. einsammeln und rübertragen. „Wir erwarten, dass es am Freitag losgeht“ sagt Silvia Fusch vom Nabu-Kreisverband Bergstraße. Denn die Amphibien starten ihre Wanderung zu den Laichgewässern, wenn es einige Tage und Nächte frostfrei ist, bei Temperaturen ab etwa 6 bis 8 Grad. Kommt es jedoch zu einem Kälteeinbruch, wird ein Wanderstopp eingelegt, wenn es wärmer wird, laufen die Tier wieder los.
Bei entsprechender Witterung heißt es dann, morgens und abends die Krötenzäune abzugehen, die in den Eimern sitzenden Tiere zu zählen und sie anschließend auf der anderen Straßenseite wieder freizulassen. Am kommenden Wochenende montieren die Nabu-Freiwilligen den letzten Zaun. „Wir suchen aber auch Straßenabschnitte ab, an denen kein Zaun gestellt werden kann“, erläutert Fusch.
Wenn die Witterung ideal ist, also regennass und nicht zu kalt, kann es sogar plötzlich zu einer Massenwanderung kommen. „300 bis 400 Kröten in einer Stunde sind da keine Seltenheit“, sagt die Tierschützerin. Solch ein Phänomen sei aber die Ausnahme.
Die Winterquartiere wie Hecken, Wälder aber auch Gärten liegen zum Teil weit entfernt von den Laichgewässern. Das bevorzugte Wanderwetter ist Regen oder zumindest Nieselregen und ein ausreichend feuchter Boden. Wenn Kröten und Frösche die Straße überqueren bleiben sie manchmal sogar längere Zeit auf der warmen Fahrbahn sitzen, da sie wechselwarm sind – und dadurch ein leichtes Opfer anrollender Autos.
Langsam fahren
Hinweisschilder an den Straßenrändern weisen auf die auf Streckenabschnitte hin, in denen besonders viele Amphibien wandern. Der Nabu bittet Autofahrerinnen und - fahrer, auf diesen Amphibienwanderstrecken höchstens 30 Stundenkilometer zu fahren. Das kann vielen Tieren das Leben retten. Denn sie können nicht nur durch direktes Überfahren sterben, sondern auch wenn Fahrzeuge schnell unterwegs sind. Große Geschwindigkeit erzeugt einen so großen Unterdruck, dass es zu Verletzungen der inneren Organe von Fröschen, Kröten und Molchen kommt. Die Tiere verenden dann elend, langsam und qualvoll.
Eine umsichtige Fahrweise ist auch wegen der vielen Freiwilligen wichtig. Sie werden in den nächsten Wochen an den Straßen im Kreisgebiet unterwegs sein und bei ihren Einsätzen eine Warnweste tragen. Und um etwaige Berührungsängste mit so manchem warzigen Krötentierchen abzubauen haben sich die Naturschützer ein Maskottchen ausgedacht: MC Bufo – nach der wissenschaftlichen Bezeichnung „Bufo“ für die Gattung der Echten Kröten.
Die Einsatzorte im Kreisgebiet
Einhausen: Jägersburger Wald, L3261, mit Zaun
Einhausen: teils mit, teils ohne Zaun. Hier gibt es ausreichend Freiwillige.
Heppenheim-Mittershausen: vor Ortseingang bis Ortsmitte – teils mit Zäunen
Heppenheim-Scheuerberg: vor Ortseingang und im Ort – ohne Zaun
Albersbach: Kreiswald (Rimbach): ohne Zäune, nur abends die Straße abgehen
Bürstadt: (ohne Zäune), Wasserwerkstraße, St-Wendelin, Boxheimerhof
Hüttenfeld: Kleingartensiedlung, L 3111 – teils mit Zäunen
Liebersbach: nur Straßenabschnitt abends abgehen, ohne Zäune
Rimbach-Mitlechtern: zwei Wanderstrecken: B 460 und Alzenauer Straße, teils mit Zäunen
Viernheim: L3111 und Lorscher Weg (Zäune vorhanden).
Das kecke Wechselkröten-Männchen MC Bufo wird im Kreisgebiet auf Krötenwanderungen hinweisen und das Krötenretter-Team bei verschiedenen Initiativen unterstützen. Die Figur stammt aus der kreativen Feder des Illustrators und Cartoonisten José Vilchez aus Obernburg, der mit seiner Figur zum Schutz und Erhalt der Tiere beitragen möchte. „Dank Bufo werden die kleinen, zarten und laut Bundesnaturschutzgesetz geschützten Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche sichtbarer“, so die Hoffnung des Naturschutzbundes.
Organisation über WhatsApp
Der Nabu organisiert die Betreuung der Amphibienzäune über eine WhatsApp-Gruppe aber auch via E-Mail und nutzt dazu einen Einsatzplaner zur Erfassung der Einsatzorte. Alles sei dabei so einfach wie möglich gehalten. „Für diejenigen, die sich nicht mit digitalem Kram beschäftigen möchten, findet sich auch eine Lösung“, teilt der Nabu mit und betont, dass bei der Hilfsaktion niemand auf sich gestellt ist, bei Fragen immer ein Ansprechpartner telefonisch erreichbar sei.
Einzelpersonen sowie Familien mit Kindern können sich an der Tierrettungsaktion beteiligen, sei es regelmäßig oder nur an einzelnen Terminen. Vorkenntnisse sind dazu nicht erforderlich. Wichtig ist, dass die Zäune an den entsprechenden Straßenabschnitten am Morgen und abends ab Dämmerung abgesucht werden. Der engagierte Einsatz Freiwilliger ist dem Naturschutzbund zufolge derzeit umso wichtiger, da die Amphibien unter der Trockenheit der letzten Jahre besonders gelitten hätten.
Fast 10 000 Tiere gerettet
Viele Naturschutzgruppen, aber auch private Initiativen stellen Amphibienschutzzäune auf, um die wandernden Tiere an besonderen Gefahrenstellen vor dem Straßentod zu bewahren.
Der Nabu sucht für den Kreis Bergstraße noch etwa 100 Freiwillige, die bei der Tierrettungsaktion helfen. Um mehr Menschen für die Aktion zu mobilisieren stellt der Nabu seine Aktivitäten auf der Website www.krötenretter.de vor.
Im Jahr 2022 konnten die Freiwilligen bei der Nabu-Aktion gut 9500 Amphibien retten. Erdkröten und andere Kröten machen den Angaben zufolge einen Anteil von etwa 70 Prozent aus, bei den restlichen 30 Prozent handele es sich um Springfrösche, Grasfrösche, Teichfrösche und vereinzelt ein paar Bergmolche. red
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