Deutsche Bahn

Ersatzbusse wegen Sperrung der Bahnstrecke Frankfurt-Mannheim

Am ersten Werktag der Sperrung der Riedbahn läuft der Ersatzverkehr nach Unternehmensangaben sehr gut an. Die Bahn setzt nach eigenen Angaben mehr als 150 Ersatzbusse entlang dieser Strecke ein, 70 davon im Eigenbetrieb.

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red
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Den Bus nehmen müssen während der Riedbahnsperrung auch einige Fahrgäste in Bensheim. © Thomas Neu

Frankfurt/Mannheim. Wer es gewohnt ist, in den Gemeinden entlang der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt mit dem Zug unterwegs zu sein, muss seit Montagabend – wie mehrfach berichtet – auf den Bus umsteigen.

Weil die Bahnstrecke für Bauarbeiten gesperrt ist, fahren dort bis zum frühen Morgen des 22. Januar keine Züge mehr. Das hat auch Auswirkungen auf die benachbarte Main-Neckar-Bahn entlang der Bergstraße. Damit die Fahrgäste trotzdem irgendwie vorankommen, hat die Deutsche Bahn (DB) ein eigenes Verkehrskonzept erarbeitet. Wichtigster Bestandteil ist ein Ersatzverkehr mit Bussen.

Auswirkungen der Riedbahnsperrung auch in Bensheim spürbar

Auch die Main-Neckar-Bahn ist wie berichtet von der Sperrung der Riedbahn betroffen. Am Bahnhof Bensheim wurden bereits vor einigen Wochen die Wege von den Bahnsteigen zum Busbahnhof markiert. Gestern waren zudem Mitarbeiter der Bahn vor Ort, um Reisende bei der Suche der passenden Verbindung zu beraten. Auf einer elektronischen Hinweistafel lassen sich Abfahrtszeiten von Bahnen und Bussen im Nahverkehr ablesen.

Bei einem Ortsbesuch gestern Morgen schien die Verkehrslenkung ohne größere Probleme abzulaufen. Aufgrund der Ferienzeit sind aktuell ohnehin weniger Pendler als üblich unterwegs. Die verbliebenen Fahrgäste auf den Nahverkehrsstrecken schienen sich auf die Auswirkungen der zunächst dreiwöchige Riedbahn-Sperrung eingestellt zu haben. red

150 Fahrzeuge schickt die DB auf die Straßen zwischen Frankfurt, Mainz, Worms, Mannheim, Bensheim, Darmstadt und Groß-Gerau. Sie bilden ein Netz aus 13 Linien, damit die Menschen in jeder Gemeinde, in der bisher Züge hielten, weiter einen Anschluss an den Nahverkehr haben. Nach Angaben der Bahn werden für die rund 15 000 Fahrgäste, die von der Sperrung der Riedbahn betroffen sind, etwas mehr als 1000 Busfahrten täglich angeboten.

Die Auslastung der Ersatzbusse ist noch gering

Eine erste Bilanz am Dienstagmorgen fällt aus Sicht der Bahn positiv aus. „Der Ersatzverkehr ist sehr gut angelaufen, wir sind sehr zufrieden“, sagt Felix Thielmann, bei DB Regio Projektleiter für den Ersatzverkehr der Riedbahn. „Wir haben in den ersten Stunden die Pendler gut, sicher und weitgehend pünktlich ans Ziel gebracht.“ Von den im Fahrplan aufgeführten Busfahrten haben nach Aussage Thielmanns „weitgehend alle Fahrten stattgefunden“.

Vor Ort informieren Bahn-Mitarbeiter über den Ersatzverkehr. © Thomas Neu

Damit sei für die Bahn die erste größere Etappe erreicht. Die vergangenen Wochen seien sehr komplex und herausfordernd gewesen, als mit vielen Beteiligten aus Kommunen und Verkehrsunternehmen das Konzept mit den Ersatzbussen erstellt wurde. „Wir haben einen extrem umfangreichen und komplexen Ersatzverkehr an den Start gebracht.“ In dieser Größenordnung gab es das bisher nicht.

Allerdings sei die Auslastung noch überschaubar. „Im Schnitt waren die Busse noch nicht mal halbvoll“, so Thielmann. Er führt das unter anderem auf das schlechte Wetter sowie den Termin am Jahresanfang zurück. In Baden-Württemberg und Hessen sind diese Woche noch Weihnachtsferien. Außerdem führen die Busse in einer dichteren Taktung als die Züge.

Jedoch sei am Neujahrsabend das Reiseaufkommen unerwartet hoch gewesen. Thielmann berichtet von einem „überraschend guten Feedback“.

Die Deutsche Bahn ist zum Erfolg verdammt

Das war bei bisherigen Ersatzverkehren meist nicht der Fall, wie er selbstkritisch anmerkt: „Wir haben in der Vergangenheit nicht immer das geliefert, was die Fahrgäste von uns erwarten.“ Umso erleichterter sei man, dass nun der Auftakt gut geklappt habe. „Wir sind überzeugt, die drei Wochen der Sperrung gut über die Bühne zu bringen“, so der Projektleiter.

Dass der Ersatzverkehr weitgehend reibungslos verläuft, ist wichtig für die Bahn. Denn wie berichtet, ist die Sperrung nur eine Generalprobe für die Großbaustelle, für die die Strecke zwischen 15. Juli und Mitte Dezember erneut dichtgemacht wird. Klemmt es schon jetzt beim Ersatzverkehr, besteht die Gefahr, dass viele Nutzer genervt sind und sich Alternativen wie das Auto suchen. Das weiß auch Felix Thielmann: „Unser Ziel ist es, möglichst viele Reisende im Nahverkehr zu halten, um eine Abwanderung zum Individualverkehr zu vermeiden.“

Wie Reisende den ersten Tag Ersatzverkehr erlebt haben

Der Wind pfeift durch die Straßen, es nieselt in Lampertheim. Nicht nur deshalb beginnt der erste Arbeitstag des neuen Jahres für Christine Romstein mühselig. Die Riedbahn ist seit Montagabend wegen Sanierungsarbeiten lahmgelegt. „Um zur Arbeit zu gelangen, muss ich mit dem Ersatzbus an den Mannheimer Hauptbahnhof fahren“, erzählt die zweifache Mutter aus Hofheim. Während die Angestellte eines Pharma-Unternehmens normalerweise eine Stunde für den Weg zur Arbeit benötigt, dürften es in den kommenden Wochen anderthalb bis zwei Stunden werden, sagt sie.

Bis 22. Januar fällt die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim erst einmal aus. Auf der Strecke sind vorbereitende Arbeiten für eine großangelegte Sanierung in der zweiten Jahreshälfte vorgesehen. Daher ist die aktuelle Sperrung nur das Vorgeplänkel. Die Kosten für das Mammutprojekt liegen nach Schätzung der Deutschen Bahn (DB) bei etwa 1,3 Milliarden Euro. Fern-, Regional- und Güterverkehr in drei Bundesländern sind betroffen. Tausende Reisende müssen umplanen. So auch die Frau aus Hofheim. „Wenn man kein Auto hat, kann der Weg zur Arbeit beschwerlich werden“, sagt Romstein und seufzt, als der Bus einfährt. Erste Einschätzungen geben die zuständigen Fachleute der DB am Bahnhof in Groß-Rohrheim. „Wir sind erfreut, dass bisher alles reibungslos funktioniert“, sagt sagt Berry Hempel, der Projektleiter für den Ersatzverkehr.

Die größte Anstrengung komm erst im zweiten Halbjahr

Er weist darauf hin, dass die größte Anstrengung erst im zweiten Halbjahr bevorsteht, dann, wenn monatelang Ersatzbusse Pendler und Schüler möglichst pünktlich zu ihren Zielen chauffieren sollen. Geplant sind 1000 Fahrten am Tag. 150 Ersatzbusse aus verschiedenen Regionen der Republik sowie etwa 400 Fahrer seien eingeplant. Sicher, die ersten Fahrten am Dienstag hätten gut geklappt, die Nachfrage sei aber wegen der Ferien noch überschaubar. Schon kommende Woche, wenn zahlreiche Menschen nach dem Urlaub wieder ins Berufsleben strömen, werde die Aufgabe schwieriger. „Die momentane Urlaubs- und Ferienzeit macht es uns einfacher“, räumt Hempel ein. Tatsächlich sind am Dienstagmorgen mehr Reporter am Groß-Rohrheimer Bahnhof unterwegs als Fahrgäste.

Die DB hat 60 Hilfskräfte im Einsatz, die an zehn Stationen Auskunft zur Sanierung aber auch zu den Busverbindungen geben. Die Studenten Ayman Akhouaji und Huroun Cahessini sind Teil des Teams, tragen weiße Westen und Mützen. Beide haben ihren Dienst um 5 Uhr in der Früh begonnen. Der Ansturm habe sich bisher in Grenzen gehalten. Wolfgang Weinhold leitet die neu gegründete Infrastrukturgesellschaft der Bahn, DB InfraGo. Die ist aus der für Bahnhöfe zuständigen Bahn-Tochter DB Station&Service und der DB Netz hervorgegangen. „Der Ersatzverkehr ist rechtzeitig da und funktioniert. Wir haben heute Nacht pünktlich mit den Arbeiten begonnen“, betont er an diesem Dienstagmorgen.

Die eigentliche Nagelprobe kommt noch

Tatsächlich lässt sich etwa zeitgleich am Bahnhof von Biblis beobachten, wie dutzende Männer – gekleidet in der typischen orangefarbenen Sicherheitskleidung – Material transportieren. Riesige Baumaschinen stehen auf dem zeitweilig stillgelegten Bahnhof. Immerhin, weder Frost noch Schneefall behindern die Arbeiten. Für einen solchen Fall habe man indes ein Konzept in der Tasche und würde die Arbeit dann anders organisieren, versichert Weinhold. Nun müsse man die kommenden Tage abwarten. Traditionell gebe es Anfang des Jahres wenig Güterverkehr. Bald werde sich das ändern. Mit anderen Worten: Die eigentliche Nagelprobe kommt noch.

„Wenn wir nicht funktionieren, machen wir sehr viel Ärger im Leben der Menschen“, sagt Weinhold. Daher wolle man mit Kritik positiv umgehen und sei bereit dazuzulernen. Darüber dürfte sich Dogan Kol freuen. Der Lampertheimer arbeitet bei der Diakonie in Bensheim. An diesem Morgen ist er an den Bürstädter Bahnhof gefahren, wo der Kreuzungspunkt von Riedbahn und Nibelungenbahn liegt. Da die Riedbahn nicht fährt, musste er den Bus nach Bürstadt nehmen. „Dumm nur, dass der Bus in der gleichen Minute in Bürstadt ankommt, in der auch die Nibelungenbahn nach Bensheim fährt“, sagt er. Den Zug erreiche er nicht rechtzeitig und müsse eine Stunde auf die nächste Bahn warten. „Wie soll das nur werden?“, fragt Kol und blickt fragend in den wolkenverhangenen Himmel. sw/ü

Eine wichtige Voraussetzung sieht Thielmann darin, dass das Angebot „qualitativ besser“ sei. Er verweist auf WLAN, große Gepäckfächer, Sicherheitsgurte oder USB-Anschlüsse in den Bussen. Auch „sehr große Reserven“ bei Fahrzeugen und Personal zählt er dazu. Die Bahn hat eine eigene Flotte aufgebaut, die bis zum Sommer 150 bis 170 Busse umfassen soll. Ist die Generalsanierung der Riedbahn beendet, kommen sie entlang anderer wichtiger Streckenkorridore in Deutschland, die bis 2030 ebenfalls generalüberholt werden sollen, zum Einsatz.

Beim derzeitigen Ersatzverkehr steht der Bahn nur etwa die Hälfte der geplanten Flotte zur Verfügung. Die anderen Fahrten seien, wie bei Ersatzverkehren üblich, bei externen Busunternehmen eingekauft worden. Der Anspruch an die technische Ausstattung der Busse und an die Kenntnis der Fahrstrecke bei den Fahrern sei hoch.

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„Wir nehmen das Feedback sehr ernst“, betont Thielmann. Nichts vom Ablauf dieses Ersatzverkehrs sei in Stein gemeißelt. Nach der Sperrung werde man sich erneut mit allen Beteiligten beraten und möglicherweise für den Sommer noch Änderungen vornehmen. Auch die Reisenden sollen befragt werden.

Dennoch bittet Thielmann um Verständnis, „dass wir es nicht allen in vollem Umfang recht machen können“ – etwa, wenn, wie in Lampertheim, die Haltestellen für die Busse zwar verkehrsgünstiger, aber rund 1,4 Kilometer vom Bahnhof entfernt liegen.

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