Alla-Hopp-Anlage

„Das war ein Riesenfehler“

Der ehemalige Abtsteinacher Bürgermeister Rolf Reinhard nimmt Stellung zu dem aktuellen Klageverfahren

Von 
jün/ü
Lesedauer: 
Aufgrund zweier Klagen hat die Gemeinde Abtsteinach einige Spielgeräte und Einrichtungen auf der Alla-hopp-Anlage in Unter-Abtsteinach geschlossen. Altbürgermeister Rolf Reinhard hat sich dazu nun zu Wort gemeldet. © Fritz Kopetzky

Abtsteinach. Die Teilschließung der Alla-hopp-Anlage in Unter-Abtsteinach ist auch über die Odenwaldgemeinde hinaus ein Thema. Die Berichterstattung dieser Zeitung wurde in den Sozialen Medien mit einigen „weinenden“ und „zornigen“ Emojis kommentiert.

Der ehemalige Abtsteinacher Bürgermeister Rolf Reinhard mischt sich normalerweise nicht in das politische Tagesgeschäft in der Gemeinde Abtsteinach ein. Nachdem nun aber Bürgermeisterin Angelika Beckenbach bei der vergangenen Bürgerversammlung über den aktuellen Stand der Klage zweier Anwohner gegen die Alla-hopp-Anlage in Unter-Abtsteinach und den geplanten neuen Vergleich berichtet hat, meldet sich der ehemalige Rathauschef nun doch zu Wort. Schließlich wurde er seit der Berichterstattung von einigen Bürgern konkret auf die Vorwürfe der aus Sicht des Gerichtes mangelhaften Planung und der damit verbundenen Verfahrensfehler angesprochen.

Nachdem die Alla-hopp-Anlage 2015 eröffnet worden war, gab es Anfang 2017 die erste Klage eines Anwohners. Diese hatte im Oktober desselben Jahres einen Vergleich zur Folge, in dessen Rahmen Teile der Anlage geschlossen beziehungsweise abgebaut wurden. Darüber hinaus wurden Immissionsrichtwerte in Anlehnung an die Freizeitlärmrichtlinie festgesetzt.

Mehr zum Thema

Bergstraße

Ärger um „alla hopp!“-Anlage in Unter-Abtsteinach

Veröffentlicht
Von
jün/ü
Mehr erfahren
Panorama-Weg

Vom Teufelsstein zum Buddha-Kloster

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren

2019 folgten zwei weitere Klagen von Anwohnern, zu denen nun ein neuer Vergleich erzielt werden soll. Um den Sofortvollzug einer kompletten Schließung zu vermeiden, hat die Gemeinde in der vergangenen Woche weitere Rückbaumaßnahmen vorgenommen, wie die Bürgermeisterin berichtete. Das Ganze stieß in der Bürgerversammlung auf großes Unverständnis und Empörung.

„Es wird immer wieder gesagt, dass die Anlage illegal sei, weil bei der Baugenehmigung der Lärmschutz nicht beachtet worden sei. Und ich werde darauf angesprochen, wie wir damals so fahrlässig in die Planungen reingehen konnten. Das ist aber keineswegs der Fall gewesen“, erklärt Reinhard im Gespräch mit unserer Redaktion.

Selbstverständlich sei damals das Thema Lärm in Betracht gezogen worden. „Es wurden im Vorfeld durch beauftragte Fachbüros Lärmschutzprognosen erstellt. Das Problem war damals wie heute: Wie stuft man die Alla-hopp-Anlagen ein? Wir betraten Neuland, denn diese Einrichtungen sind in ihrer Gestaltung einmalig. Unsere damaligen Gutachter vertraten die Auffassung, dass die vier (Spiel)-Module jeweils einer einzelnen Betrachtung unterzogen werden müssten. Die Module für die Kinder bedurften demnach keiner genaueren Betrachtung, da Kinderlärm, der von Kinderspielplätzen oder ähnlichen Einrichtungen ausgeht, durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützt ist“, sagt der frühere Bürgermeister.

„Solche Anlagen hat es bis dahin noch nicht gegeben“

Dabei erinnert er daran, dass die Gestaltung der Alla-Hopp-Anlage ein langwieriger Prozess gewesen sei, bei dem über Bürgerversammlungen, Workshops und Anwohnerbesprechungen die Ortsbevölkerung intensiv eingebunden gewesen sei. „Es gab schon seit 2007 den Wunsch, im Rahmen der Dorfentwicklung eine grüne Ortsmitte in diesem Bereich zu entwickeln. Die Planungen waren eine Voraussetzung dafür, dass die Dietmar-Hopp-Stiftung eingestiegen ist und ein Konzept für eine generationenübergreifende Spielanlage entstanden ist, das die Gemeindevertretung und die Bürger fasziniert hat“, erklärt er.

„Solche Anlagen hat es bis dahin noch nicht gegeben, das war neu“, macht Reinhard deutlich. Es wurden die vorgenannten Maßstäbe angesetzt und demnach dann auch vom Kreisbauamt die Baugenehmigung erteilt. Dass sich die Gemeinde dann 2017 – kurz zuvor hatte seine letzte Amtszeit geendet – im ersten Vergleich darauf einließ, dass die gesamte Anlage rechtlich nicht als Spielplatz, sondern als Freizeitanlage eingestuft wurde, für die schärfere Lärmrichtwerte gelten, hielt er schon damals für einen Riesenfehler.

„Das hätte man notfalls auch durch mehrere Instanzen rechtlich ausfechten müssen. Dies jedoch zu akzeptieren, war ein Eigentor – und öffnete dem Anwohner die Tür für ein weiteres Vorgehen gegen die Anlage“, so Reinhard: „Die Gemeinde hätte dem Vergleich in dieser Form nie zustimmen dürfen, denn es war eigentlich klar, dass diese geltenden Richtwerte, die von nun an auch für den Kinderlärm bindend waren, nicht eingehalten werden können.“

Er habe der Gemeinde damals mehrfach angeboten, dass er bei dem Verfahren hinzugezogen wird, um sein Hintergrundwissen einbringen zu können, doch davon sei zu seiner Enttäuschung kein Gebrauch gemacht worden. „Das verstehe ich bis heute nicht.“ Er spricht zwar den damals entscheidenden Mandatsträgern zu, dass sie die Zustimmung zu dem Vergleich in gutem Gewissen und mit der Hoffnung darauf, dass die Sache damit beendet werden könnte, gegeben hätten, aber damit habe die Gemeinde dem Anwohner die Axt in die Hand gegeben.

„Dass wir, die Planer, die Mitarbeiter der Dietmar-Hopp-Stiftung, des Kreisbauamtes und auch ich als zuständiger Bürgermeister, zwischen den Zeilen jetzt als Buhmänner dargestellt werden, stößt mir besonders auf“, fügt Reinhard an. Gerade für die Kleinkinder in Unter-Abtsteinach sei die Entscheidung aber noch dramatischer, denn es gebe keinen anderen Spielplatz mehr für sie in dem Ortsteil.

Extrem verärgert und menschlich enttäuscht ist der Altbürgermeister über das Vorgehen des Hauptklägers, der ebenso wie die anderen Ortsbürger in die Planungen eingebunden gewesen sei. „Wir hatten damals einen Schutzzaun zu seinem Anwesen installiert, den wir auf seinen Wunsch hin wieder entfernt haben, damit sein Kind direkten Zugang zu der Anlage hatte. Zudem wurde über die Hopp-Stiftung auch noch an dem Hang eine Terrasse für ihn angelegt – und jetzt geht er in dieser Form gegen die Gemeinde vor.“

Besorgt blickt Reinhard nun auch auf die Neugestaltung des Spiel- und Festplatzes in Ober-Abtsteinach. „Durch den eingebundenen Festplatz wäre der Spiel- und Festplatzbereich nach der hier vorgenommenen Einstufung erst recht als Freizeitanlage einzuordnen. Und das Gelände liegt auch mitten im Ort. Müssen dort dann ebenso Spiel- und Bolzplatz geschlossen werden, wenn eine Klage eines Anwohners kommt?“, fragt er sich. jün/ü

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger