Bergstraße

Ärger um „alla hopp!“-Anlage in Unter-Abtsteinach

Aufgrund weiterer Klagen zweier Anwohner werden mehrere Einrichtungen der Mehrgenerationen-Anlage vorerst abgesperrt oder abgebaut

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jün/ü
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Der Zugang zum Spielpavillon ist abgesperrt. © Fritz Kopetzky

Bergstraße. „Das ist eine Unverschämtheit, was da abgeht.“ Mit diesen Worten brachte eine Anwohnerin die Stimmung bei der Bürgerversammlung in der Gemeinde Abtsteinach auf den Punkt. In den Tagen zuvor hatten die Mitarbeiter des Bauhofs einige Spielgeräte auf der Alla-hopp-Anlage abgebaut beziehungsweise eingezäunt, was für große Empörung vor allem bei Eltern und Kindern in Unter-Abtsteinach gesorgt hatte. Bürgermeister Angelika Beckenbach informierte nun über die Hintergründe.

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Seit der Eröffnung der Anlage im Ortskern von Unter-Abtsteinach führen zwei Anwohner Klage wegen Lärmbelastungen. Die Crux an der Sache ist, dass es sich bei der Alla-hopp-Anlage nicht um einen Spielplatz im rechtlichen Sinn handelt, bei dem der Kinderlärm quasi geschützt ist, sondern um eine Parkanlage für alle Altersklassen. Hier gelten strengere Vorgaben in Sachen Lärmbelastung. Im Zuge der ersten juristischen Auseinandersetzungen wurde gerichtlich festgestellt, dass das Kreisbauamt bei der Baugenehmigung die Lärmemissionen nicht berücksichtigt hat und aufgrund dieses Verfahrensfehlers die Genehmigung gar nicht erst hätte erteilen dürfen. „Die Anlage ist eigentlich illegal“, machte die Bürgermeisterin deutlich. Deshalb hätten die Gemeinde beziehungsweise der Kreis Bergstraße keine rechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Klagen, machte sie deutlich.

Die komplette Anlage soll abgebaut werden

Nachdem schon Einschränkungen vorgenommen worden waren, wie die Verkürzung der Öffnungszeiten und der Abbau der Sitzgruppe am Spielpavillon, sind zwei weitere Klagen von Anwohnern aus dem Jahr 2019 gegen den Kreis Bergstraße als Genehmigungsbehörde vor Gericht anhängig, weil die im ersten Vergleich festgelegten Richtwerte weiterhin nicht eingehalten würden. Darin wird die Untersagung der Nutzung der Anlage gefordert, was von der Dietmar-Hopp-Stiftung, die sie finanziert hat, geduldet werden soll. Das Kreisbauamt soll die Baugenehmigung zurücknehmen und die komplette Anlage soll abgebaut werden. Vor kurzem fand die Verhandlung statt, aus der nun berichtet wurde. Ihre Forderungen begründen die Kläger mit den weiterhin nicht eingehaltenen Lärmemissionen. Dazu legten sie aktuelle Messungen vor, die dies bestätigen und die vom Gericht anerkannt wurden. Der Richter habe unmissverständlich festgestellt, dass die Anlage in dieser Art und Weise und an dieser Stelle nie hätte genehmigt und gebaut werden dürfen und habe sie sogar als rechtswidrig bezeichnet, erklärte die Bürgermeisterin.

Da der Richter davon ausging, dass in dem laufenden Verfahren keine gütliche Einigung zu erzielen sein wird, kündigte der Anwalt eines Klägers sogleich eine neue Klage gegen die Gemeinde Abtsteinach an, in deren Rahmen ein Sofortvollzug beantragt werden solle. Wenn diesem stattgegeben würde, hätte dies zur Folge, dass die Anlage sofort komplett geschlossen werden müsse – auf längere Zeit, da sich die Verhandlungen dazu auch aufgrund der Überlastung des Gerichts über Jahre hinziehen könnte. Um dies zu vermeiden, habe der Richter einen neuen Vergleich vorgeschlagen.

Bürger hatten im vollbesetzten Sitzungssaal viele Fragen

Darüber habe die Gemeindevertretung dann in der vergangenen Sitzung nicht öffentlich beraten und vorsichtshalber beschlossen, die Geräte und Einrichtungen in dem Bereich, der an die Anwesen der Kläger grenzt, vorerst zu schließen beziehungsweise abzubauen. „Wir waren genauso frustriert darüber, haben aber keine andere Möglichkeit gesehen“, ergänzte die Gemeindevertretervorsitzende Karin Oberle angesichts der Empörung, die sich in der Bürgerversammlung breitmachte.

Die Hoffnungen der Gemeinde liegen nun auf dem Vergleich, wobei Angelika Beckenbach aber gleich deutlich machte, dass die Forderungen der Kläger sehr weitreichend seien. So werde ein großer Teil der Anlage geschlossen werden müssen, was aber immer noch besser sei als die komplette Stilllegung, zumal die Gemeinde auch gegenüber der Dietmar-Hopp-Stiftung verpflichtet sei, die Nutzung zu ermöglichen.

Von den zahlreich anwesenden Bürgern, der Sitzungssaal im Rathaus war voll besetzt, prasselten viele Fragen auf die Bürgermeisterin und die Gemeindevertretervorsitzende ein.

Sie äußerten vor allem ihr Unverständnis dazu, dass hier das Wohl eines Einzelnen über das der Allgemeinheit gestellt werde.„Aber wenn man sich in seinen Rechten eingeschränkt fühlt, kann man in einem Rechtsstaat dagegen klagen“, entgegnete Angelika Beckenbach schweren Herzens.

Einige Bürger zweifelten die Messungen der Kläger an, doch Beckenbach und Oberle hielten entgegen, dass auch bei selbst in Auftrag gegebenen Messungen die Richtwerte überschritten worden seien. „Aber wir können doch nicht unsere Kinder auf den Spielplatz nach Ober-Abtsteinach schicken“, erklärte eine Mutter. Deshalb seien die aktuellen Maßnahmen getroffen worden, sagte die Bürgermeisterin dazu, denn dadurch werde gewährleistet, dass zumindest ein Teil der Anlage weiterhin genutzt werden könne. jün/ü

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