Chef des Gewässerverbands sieht unvermeidliches Restrisiko

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tr
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Die SPD-Veranstaltung, die über weiter Strecken thematisch sprunghaft vor sich hin mäanderte, endete in einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Debatte über das elementare Verbraucherverhalten: „Wir können so nicht weitermachen“, sagte Ulrich Androsch, der für einen sparsamen Verbrauch plädiert. Es werde zudem fleißig weiter Fläche versiegelt und dem Wasser der nötige Raum genommen. Man sei offenbar nicht bereit, in natürliche Strukturen und Ökosysteme zu investieren. Die Politik beschränke ihren Blick auf die nächste Legislaturperiode – und die nächsten Wahlen. „Egal, welche Partei.“ Wer darüber spreche, den Wohlstand in Deutschland zu Gunsten der Umwelt auch nur ein wenig zu senken, der öffne ein sehr unpopuläres Thema.

Mit Blick auf den Hochwasserschutz sagte Androsch, man sollte nicht versuchen, die Natur zu sehr durch technische Maßnahmen einzuengen, die dem natürlichen Drang eines fließenden Gewässers widerstreben. An der Ahr würde man im Jahr nach der Flutkatastrophe beim Wiederaufbau teils die alten Fehler wiederholen und das Tal durch zu viele und zu eng stehende Gebäude regelrecht verschließen. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Flut alles wieder zerstöre, so der studierte Wasserbauingenieur. Die Bilanz des Hochwassers (über 180 Tote und 91 000 beschädigte Wohnhäuser) hätte auch weitaus schlimmer ausfallen können. Es sei erschreckend, dass an vielen Flussufern ungehemmt weitergebaut würde.

Nur eine Frage der Zeit

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ps
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Eine folgenschwere Wetterkatastrophe in der Region Bergstraße sei nur eine Frage der Zeit, so der Chef des Gewässerverbands Bergstraße. Kein Hochwassersystem sei für solche Wassermassen ausgelegt, wie sie 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen innerhalb von wenigen Stunden auf die Erde fielen. Wenn ein Bach oder ein Fluss in seinem Bett keinen Platz mehr habe, dann suche er sich seinen Weg überirdisch: Das Wasser fließt immer zum Geländetiefpunkt – und das sind meist die Ortslagen. Durch das Gefälle im Odenwald, wo auch mehr Niederschläge zu verzeichnen sind als im Ried, würden beispielsweise die Wassermassen der Weschnitz schneller fließen und in der Ebene eine höhere Energie entwickeln.

Die Rückhaltebecken entlang der Weschnitz mit insgesamt bis zu fünf Millionen Kubikmetern Kapazität sind laut Androsch für ein Hochwasser, das statistisch alle 100 Jahre vorkommt, gut ausgebaut. Die größte Anlage befindet sich in Lorsch, sie kann bis zu 3,5 Millionen Kubikmeter Wasser fassen. „Das bringt aber nichts, wenn sehr viel Wasser vom Odenwald herunterläuft.“ Auch ein 150-jähriges Hochwasser wäre möglicherweise noch zu steuern – das heißt, dass die Wassermassen kontrolliert abfließen könnten. „Mit einem Restrisiko werden wir leben müssen“, so Androsch in Heppenheim. Bei sehr starkem lokalen Niederschlag habe man letztlich keine Chance. tr

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