Bergstraße. „Mehrere Millionen Euro“ habe der Kreis in den vergangenen Jahren für das ehemalige Hotel „Am Bruchsee“ in Heppenheim aufwenden müssen. Mit keiner exakten Zahl beantwortete die Kreisspitze jetzt schriftlich eine Anfrage der SPD-Fraktion bei der vergangenen Kreistagssitzung. Der Gebäudekomplex direkt am See wurde ab dem Jahr 2023 zur Beherbergung ukrainischer Flüchtlinge genutzt. Für deren Unterbringung seien zwar pauschal finanzielle Mittel von Bund und Land in den Kreis Bergstraße geflossen. Eine explizite Kostenerstattung für die Nutzung des früheren Hotels habe es jedoch nicht gegeben.
Bis Ende 2024 hat der Kreis nach eigenen Angaben 683.000 Euro für laufende Ausgaben wie Heizung, Strom, Wasser und Personal aufbringen müssen. Derzeit zahle man monatlich 20.000 Euro für die Bewirtschaftung des Gebäudes. Hinzu kommen noch monatliche Zins- und Tilgungszahlungen. Aktuell führe man mit verschiedenen Akteuren Gespräche zur weiteren Nutzung der Immobilie, heißt es in der Antwort aus dem Landratsamt.
Insgesamt wurden in dem Gebäudekomplex laut Landratsamt an 458 Tagen durchschnittlich 77 Menschen untergebracht. Dabei habe es sich ausschließlich um Personen gehandelt, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine aus ihrer Heimat geflüchtet waren. Einige davon stammten jedoch aus sogenannten Drittstaaten. Sie hatten vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine gelebt.
Aktuell nicht mehr mit Flüchtlingen belegt
Derzeit ist das frühere Bruchsee-Hotel nicht mehr mit Flüchtlingen belegt. Die Sitzungssäle und andere geeignete Räumlichkeiten würden bei Bedarf von der Kreisverwaltung genutzt. So wurde hier im vergangenen Februar beispielsweise das Interreligiöse Dialogforum im Kreis Bergstraße ausgerichtet. Zwischenzeitlich fanden nach einem Wasserschaden im Starkenburg-Gymnasium – etwa 10 000 Liter Wasser waren aus einem naturwissenschaftlichen Fachsaal im zweiten Obergeschoss bis in die Belüftungsanlage im Keller geflossen – in dem früheren Hotel auch zwei Lerngruppen der Schule ein Ausweichquartier. Hinzu kamen verschiedene Schulprojekte, Klausuren und Abiturprüfungen.
Das Hotel „Am Bruchsee“ wurde Mitte 2022 nach fast 40 Jahren Betrieb geschlossen. Im Vorfeld hatte der damals noch designierte hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf im Auftrag von Landrat Christian Engelhardt Gespräche mit der Eigentümerfamilie aufgenommen und ins Finale begleitet. Ein vollständiger Erwerb inklusive des gesamten Inventars sei eine für den Kreis langfristig wirtschaftlichere Alternative als ein dauerhaftes Mietverhältnis, hieß es damals bei einem Pressegespräch. Die Höhe des Kaufpreises wurde nicht bekanntgegeben. Dieser soll aber „deutlich“ unter einem eigens angefertigten Wertgutachtens für das in die Jahre gekommene Hotel rangiert haben.
„Wir wollen dort nicht langfristig Eigentümer sein“, sagte Christian Engelhardt im Mai 2022 im Vorfeld des Immobiliengeschäfts. Er ging von einer temporären Nutzung durch den Kreis aus. Sollte der Bedarf an Wohnraum für Geflüchtete sinken, indem die Menschen in reguläre Wohnungen umziehen oder in ihre Heimat zurückkehren, werde man im Dialog mit der Stadt Heppenheim über eine Folgenutzung sprechen. Die Kreisspitze betonte vor drei Jahren auch, dass man mit dem Erwerb des Hauses durch die öffentliche Hand verhindern wolle, dass im großen Stil mit dieser Immobilie spekuliert würde.
Corona-Krise besiegelte das Aus für das Vier-Sterne-Hotel
Der damalige Besitzer und Geschäftsführer Andreas Bauer nannte 2022 die Pandemie als ausschlaggebend für das Ende des Hotels „Am Bruchsee“. Die Corona-Krise habe schlagartig verdeutlicht, dass die Ära klassischer Tagungshotels im Kontext von Homeoffice und Online-Konferenzen zu Ende gehe.
Das Hotel mit 70 Zimmern und acht Seminarräumen war auf Tagungen spezialisiert. Doch die meisten Buchungen von Unternehmen wurden während der Pandemie abgesagt. „Mir ist die gesamte Geschäftsgrundlage weggebrochen. Ich sehe nicht, dass wir mit Ende des Lockdowns auf vernünftige Zahlen kommen“, sagte Geschäftsführer Andreas Bauer schon 2020. An eine Kompensation durch Touristen an der Bergstraße glaubte er nicht.
20 Jahre zuvor sah die Welt noch deutlich besser aus für das Hotel „Am Bruchsee“. Damals avancierte das Haus zum First-Class-Hotel. Zuvor in der Drei-Sterne-Kategorie als Komfort-Hotel geführt, wurde dem Betrieb vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ein vierter Stern verliehen.
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