Bergstraße. „Ich wünsche mir, dass sich alle Menschen aktiv an der Konferenz zur Zukunft Europas beteiligen und so die Prioritäten der EU maßgeblich mitbestimmen“, so Ursula von der Leyen als Präsidentin der Europäischen Kommission. Um den Bürgern mehr Mitspracherecht einzuräumen bei dem, was die EU tut, wurden im Mai Diskussionsreihen gestartet, in denen neue Antworten und nächste Schritte der europäischen Biografie definiert werden sollen. Konkret geht es dabei um demokratische und integrative Prozesse in den kommenden Jahren.
Eines der Gremien hat jetzt in Lorsch stattgefunden. Gastgeber war die Europa-Union Hessen in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Bergstraße. Der Workshop mit zahlreichen Schülern aus der Region fand im Rahmen der Bürgerdialogreihe „Europa – Wir müssen reden!“ statt. Ein interaktives Format, mit dem die überparteiliche Initiative seit 2014 Bürger und Politik im Dialog zusammenbringen möchte.
Die Konferenz wurde 2019 maßgeblich vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron angestoßen und soll eine Reform in Gang bringen: als europaweite Übung in Sachen Demokratie in bürgerschaftlich getragenen Debatten, bei denen Menschen aus ganz Europa ihre Ideen austauschen und Ziele für eine gemeinsame Zukunft artikulieren können. Über eine mehrsprachige Online-Plattform sowie durch nationale und europäische Bürgerforen sollen die konkretisierten Beiträge in die Plenarversammlungen der Konferenz einfließen und so eine offene, inklusive und transparente Bürgerdebatte über zentrale Prioritäten und Herausforderungen forcieren. Insbesondere junge Menschen sind aufgefordert, an der Konferenz teilzunehmen.
„Der Sinn der Europäischen Union sollte auf Bürgerebene diskutiert werden“, betonten Jana Kunt und Yosef Darwish im Paul-Schnitzer-Saal. Beide sind Schüler der 12. Klasse des Litauischen Gymnasiums in Lampertheim und nahmen am Freitag an moderierten Workshops teil, in denen die Schwerpunkte Sicherheit, Menschenrechte und Demokratie in Europa besprochen wurden.
Konkret ging es dabei unter anderem um die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, die Erweiterung der EU durch die Aufnahme weiterer Staaten und die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in einzelnen Mitgliedsländern. Aber auch die Komplexe Migration, Pandemie und Militär wurden vital diskutiert. Nicht zuletzt äußerten die Mitglieder ihre Vorstellungen bezüglich gemeinsamer gesundheits- und außenpolitischer Perspektiven.
Derzeit viele offene Fragen
„Viele Bürger möchten, dass sich die EU weniger mit sich selbst beschäftigt und stattdessen als Stimme eines geeinten Europas auf internationaler Ebene hörbarer wird“, so der Kreisvorsitzende der Europa-Union, Wolfgang Freudenberger. Die EU stecke gerade mitten in einem strukturellen Reformstau mit vielen offenen Fragen. Es gehe jetzt darum, sich auf unterster Ebene für eine demokratischere, gerechtere und erfolgreiche Gemeinschaft einzusetzen. Der Dialogprozess müsse daher als Chance verstanden werden – auch von der großen Politik: „Jetzt ist die Stunde der Bürger gekommen!“ Freudenberger hofft, dass auch Anregungen und Vorschläge aus den Bergsträßer Workshops in den Reformprozess einfließen und auf einer höheren Ebene Beachtung finden.
Im Ansatz orientiert sich die Reihe an der grundlegenden Überzeugung, dass kulturelle Vielfalt und sozialer Zusammenhalt in einer lebendigen Zivilgesellschaft der Schlüssel für eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft sind. Europa lebe vom Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger, betonte der ehemalige Europapolitiker Thomas Mann, der bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments war und jetzt Vorsitzender der Europa-Union in Hessen ist. Die Politik sei auf eine starke europäische Öffentlichkeit angewiesen, nur gemeinsam könne man die Zukunft der Europäischen Union gestalten, so Mann in Lorsch, wo Bürgermeister Christian Schönung die Gäste begrüßte. Auch er erhofft sich von der Konferenz positive Ergebnisse und einen konstruktiven Austausch.
Nach der Arbeit in den Workshops wurden die ersten Ergebnisse zusammengefasst und potenzielle Anträge zur Online-Plattform diskutiert. Laut Europa-Union sollen die Ergebnisse aus Lorsch in den kommenden Tagen in die nächsthöhere Ebene eingespeist werden.
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