Bergstraße. In knapp einem Jahr ist Landtagswahl. Und in der Landesregierung dominiert weiterhin eine Art geräuschloser Pragmatismus. Die Koalition aus CDU und Grünen arbeite konstruktiv und unaufgeregt, betonte gestern auch die Landtagsabgeordnete und Bergsträßer CDU-Kreisvorsitzende Birgit Heitland. Beim Jahrespressegespräch in Bensheim lobte sie einen Doppelhaushalt 2023/2024, mit dem man Maßstäbe setze und in Wiesbaden die richtigen Weichen gestellt habe.
Im nächsten Herbst tritt Heitland neben Alexander Bauer erneut als Kandidatin für den Landtag an. Erklärtes Ziel der Bergsträßer Union ist es, die beiden Wahlkreismandate wieder direkt zu gewinnen. Im Juli hatten Mitglieder des Kreisvorstands Heitland zur Kandidatin für den Wahlkreis Ost und Bauer für den West-Wahlkreis nominiert.
Es gehe nun darum, das Land mit einer starken Regierung sicher durch 2023 zu führen, das nach drei von Corona geprägten Jahren kaum entspannter ausfallen dürfte: Energiekrise, Krieg, Inflation und negative wirtschaftliche Prognosen lassen viele Bürger und Unternehmen mit Sorge in die nahe Zukunft blicken. „Wir brauchen stabile Verhältnisse in Hessen“, so Birgit Heitland. Es sei derzeit kaum vorhersehbar, wohin Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in den kommenden Monaten und Jahren steuern werden. Daher müsse sich die Politik auf das Wesentliche besinnen und „auf Sicht fahren“.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Mit dem Hilfspaket „Hessen steht zusammen“ habe man ein Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht, um Härten für die Menschen abzufedern. Mit einem Volumen von 200 Millionen Euro an Steuergeldern sollen unter anderem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie die Landwirtschaft unterstützt werden. Aber auch Vereine, Initiativen, Verbände und soziale Einrichtungen wie die Tafeln sollen profitieren.
Ergänzt wird das Programm durch eine Wohngeldreform, den hessischen Beitrag zum 49-Euro-Ticket, das in Wiesbaden zuletzt heiß diskutiert wurde, sowie von Mitteln für die amtliche Erfassung und Versorgung von Flüchtlingen. Insgesamt schnürt man ein Paket in Höhe von 600 Millionen Euro auf, um die Folgen des Ukraine-Kriegs zu bewältigen, sagte Heitland in Bensheim, wo sich am Dienstag die gesamte CDU-Spitze vom Kreis- bis zum Bundestag getroffen hatte.
Die knappsten Ressourcen
Ein Thema, das auf allen Ebenen nach wie vor eine der Hauptrollen spielt, ist der Fachkräftemangel, der sich in den nächsten Jahren noch verschärfen könnte. Viele Unternehmen, von denen zahlreiche mit Lieferkettenproblemen und steigenden Energiekosten zu kämpfen haben, müssten nun noch eine weitere Belastung schultern, so die Landtagsabgeordnete aus Zwingenberg.
Landrat Christian Engelhardt hält das Problem für die derzeit größte Gefahr für die Wirtschaft im allgemeinen: „Unsere knappste Ressource ist heute nicht das Geld, es sind die Menschen.“
Längst seien nicht mehr nur das Handwerk oder bestimmte Nischen betroffen, der seichte Nachschub an gut ausgebildeten Fachkräften ist laut Engelhardt in sämtlichen Branchen erkennbar. „Die Entwicklung war absehbar“, so der Landrat, der jetzt konsequente und rasche Reaktionen einfordert. Als konkretes Beispiel für die angespannte Situation nannte er den Personalmangel bei der Bahn, der sich im Kreis Bergstraße in einem stark eingeschränkten Zugverkehr der Nibelungenbahn und Weschnitztalbahn zeigt.
Engelhardt plädiert für parallel verlaufende Maßnahmen, um die Lage zu verbessern und zu stabilisieren. In erster Linie gehe es darum, brach liegende personelle Potenziale zu heben, um mehr Menschen über Qualifikationen einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bieten, die sonst eher chancenlos seien. Dabei müsse man auch Quereinsteiger, Migranten sowie Menschen ansprechen, die nicht mehr in Beschäftigung sind.
Aber auch beim Blick auf die Energiekosten zeigt sich der hessische Mittelstand so pessimistisch wie lange nicht, wie die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Darmstadt zeigt. Trotz eines strukturellen Fachkräftemangels sehen sich viele Unternehmen gezwungen, Personal abzubauen, um Ausgaben zu senken. „Eine fatale Entwicklung“, kommentiert der Bundestagsabgeordnete Michael Meister.
Er sieht einen Ausweg aus der Situation nicht allein in einer Entlastung der Kostenseite, sondern auch in verlässlichen Rahmenbedingungen auf dem Energiemarkt, um Unternehmen langfristig – idealerweise zwei bis drei Jahrzehnte lang – Planungssicherheit anbieten zu können. Nur so könne man Investitionen anfeuern und Perspektiven schaffen, auch in personeller Hinsicht.
Für technologieoffene Debatte
Laut Meister greife die vom Bundestab beschlossene Strompreisbremse bis April 2024 zu kurz. Deutschland müsse eine technolgieoffene Debatte ohne Denkverbote führen, um die Energiefrage perspektivisch lösen zu können. Beispielhaft nennt er die CCS-Technik („carbon capture and storage“), bei der Kohlenstoffdioxid im Boden gespeichert wird. Das ist bislang noch nicht erlaubt. Doch die CDU sieht darin eine große Chance zur Dekarbonisierung der deutschen Industrie.
Auch in den Privathaushalten bekomme man die eigentlichen Effekte der Energiemarktes wohl erst im nächsten Winter zu spüren, so der Bensheimer. Es sei in diesem Kontext nicht nachvollziehbar, wenn die Bundesregierung bis 2024 auf die klimaschädliche Braunkohle setze, aber die Nutzung einer klimaneutralen Atomkraft nicht verlängern wolle. Er hält es für falsch, in dieser Krise auf Kapazitäten zu verzichten.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-bergstraesser-cdu-hofft-auf-erfolg-im-herbst-_arid,2034365.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html