Bergstraße. Unsere heutige Ausgabe der „Bergsträßer Ansichtssachen“ führt uns in die Bensheimer Innenstadt, genauer gesagt in die Schuhgasse. Das hier gezeigte Foto stammt aus dem Nachlass des Apothekers Eugen Burkhardt, einem leidenschaftlichen Hobbyfotografen, der dieses Gebäude kurz vor seinem Abriss im Jahr 1961 für die Nachwelt festgehalten hat.
Das Bild wurde uns freundlicherweise vom Archiv der Stadt Bensheim zur Verfügung gestellt. Das Haus in der Schuhgasse 9 besaß einen besonderen Charme: Die Fassade war mit Holzschindeln verkleidet – ein in städtischen Bereichen eher seltenes, handwerklich aufwendiges Detail.
Das Erdgeschoss wurde von einem markanten Rundbogenportal geprägt, und die kleinen Sprossenfenster unter dem steilen Satteldach verliehen dem Gebäude eine bodenständige, zugleich würdige Ausstrahlung. Stilistisch lässt sich der Bau auf das 17. oder frühe 18. Jahrhundert datieren und war somit ein anschauliches Beispiel für bürgerliche Wohnkultur jener Zeit.
Trotzdem fiel auch dieses Haus dem Zeitgeist der Nachkriegsjahre zum Opfer: Obwohl vom Krieg unversehrt geblieben, wurde es 1961 abgerissen – ein Schicksal, das viele historische Gebäude in dieser Zeit teilten. Der nüchterne Nachfolgebau, der an seiner Stelle errichtet wurde, vermag aus heutiger Sicht kaum die gleiche Ausstrahlung zu entfalten. Der Abriss ist rückblickend kaum nachvollziehbar.
Er steht exemplarisch für eine Phase, in der das Alte oft als hinderlich galt und wenig Wertschätzung für historisch gewachsene Stadtbilder bestand. Mit dem Haus Schuhgasse 9 verschwand ein weiteres Stück des alten Bensheim – und mit ihm ein stiller Zeitzeuge lokaler Bau- und Alltagsgeschichte. tn/Bild: Thomas Neu
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