Auszeichnung

Heinrich- und-Georg-Metzendorf-Preis für Bürstädter Campus

Der Preisträger Bildungs- und Sportcampus in Bürstadt sei multifunktional, habe eine stimmige Freiflächengestaltung und setze auf Nachhaltigkeit.

Von 
Thomas Tritsch
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Bietet dem Fußballnachwuchs in Zukunft ganz neue Möglichkeiten: der Bildungs- und Sportcampus. © Bernhard Zinke

Bergstrasse. Die Kulturstiftung für die Bergstraße hat zum dritten Mal den Heinrich-und-Georg-Metzendorf-Preis für Baukultur vergeben. Thema diesmal war der Komplex Nachhaltigkeit im Planen und Bauen. Preisträger ist der Bildungs- und Sportcampus in Bürstadt. Das 20-Millionen-Euro-Projekt wurde bereits vor seiner Eröffnung im Jahr 2023 mit dem hessischen Landespreis Baukultur sowie dem Staatspreis für Architektur und Städtebau ausgezeichnet.

Bei der Umgestaltung einer Großsportanlage hatte die Stadt Bürstadt einen integrierten Ansatz verfolgt, der die Querschnittsziele Klimaschutz, Klimafolgenanpassung und Integration in den Vordergrund platzierte. Das Herzstück des Areals ist das Bildungszentrum, dessen Bau durch die Städtebauförderung Hessen unterstützt wurde. Es umfasst Freizeit- und Bildungsangebote für alle Generationen in einem einstöckigen Holzbau in Passivbauweise, bei dessen Errichtung auf nachhaltige Baustoffe und einen niedrigen Energiebedarf im Betrieb geachtet wurde.

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Das ganzheitliche Konzept hat auch die Jury des Metzendorf-Preises überzeugt: es mache Nachhaltigkeit in umfassender Weise täglich erlebbar, so Juryvorsitzender Joachim Klie vom Bund Deutscher Architekten (BDA) in Darmstadt. Er lobte die multifunktionale Konzeption, eine stimmige Freiflächengestaltung und eine gelungene Verzahnung von Bildungs- und Sportangeboten auf dem Gelände des ehemaligen Robert-Kölsch-Stadions. 2009 begann alles mit einem Beteiligungsprozess zur Sanierung der Sportstätte. Nach dem Projektstart im Jahr 2014 hatte das Zusammenspiel zwischen der Stadt als Bauherrin, den Bürgern und Interessensgruppen sowie den Planern und Unterstützern schnell Fahrt aufgenommen und eine besondere Synergie entwickelt.

Der Campus erstreckt sich über eine Gesamtfläche von etwa 68 000 Quadratmetern und befindet sich am östlichen Stadtrand in der Nähe des Bubenlachrings. Die bauliche Gestaltung des Ensembles mit dem schlanken zentralen Gebäude verleihe der Architektur eine besondere Identität, so die Jury weiter, die den Einsatz natürlicher, wiederverwertbarer und nachhaltiger Materialien betont. Die Fassadenausgestaltung mit Holzschindeln, die sowohl lokale bauliche Traditionen interpretiere wie auch dem Energiekonzept des Objekts folgt, das im Innern von recyceltem Beton und einer markanten Lehmwand geprägt ist, die auch als Klimapuffer dient. Die vollständige Klimaneutralität wird neben baulichen Maßnahmen auch durch eine intelligente wie großzügige Begrünung im Außenbereich sowie einen geringen Versiegelungsgrad erreicht.

„Trauen sie den Architekten ruhig etwas zu“

Bürgermeisterin Bärbel Schader kommentierte den Preis als große Ehre und Bestätigung einer richtigen kommunalen Entwicklung. Im Rahmen einer Feierstunde nahm sie die Plakette im Heppenheimer Landratsamt von Joachim-Felix Leonhard als Vorsitzendem des Stiftungskuratoriums entgegen. Schader stellte nicht die Architektur in den Vordergrund, sondern unterstrich „die Einfachheit, Klarheit und besondere Materialität“ des Gesamtkonzepts. Sie appellierte an Städte und Gemeinden, bei der baulichen Ausgestaltung urbaner Räume – über funktionale Kriterien hinaus – Mut zu neuen Ideen und alternativer Architektur zu beweisen. Bürstadt habe gezeigt, wie gut dies funktionieren könne, wenn viele Menschen an einem Strang ziehen. „Trauen sie den Architekten ruhig etwas zu“, meinte auch Stadtplanerin Katharina Rauh vom Team prosa Architektur + Stadtplanung in Darmstadt, die den Campus realisiert hat.

Von links: Joachim Klie (Jury), Barbara Schader (Bürgermeisterin), Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard (Kulturstiftung Bergstraße), Katharina Rau (Architekturbüro Prosa in Darmstadt), Dr. Holger Habich (Vorsitzender Kulturstiftung Bergstraße) © Thomas Neu

Mit dem Titel „Nachhaltigkeit im Planen und Baue wollte die Kulturstiftung nicht nur vorbildliche Projekte auszeichnen, sondern diese auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Das geschieht zum einen durch eine Publikation, die bereits erschienen ist, sowie durch eine Ausstellung zum dritten Wettbewerb, die im Januar in Zwingenberg stattfinden soll, wie Bürgermeister Holger Habich, Vorsitzender des Stiftungsvorstands, in Heppenheim ankündigte. Man habe gezielt Projekte ins Visier genommen, die das Label „nachhaltig“ auch verdient haben und diesen Anspruch auch in der Planungs- und Bauphase konsequent umgesetzt hätten. Damit knüpfe man auch an die satzungsmäßigen Ziele der Kulturstiftung an, wonach der Metzendorf-Preis nicht nur auf besondere ästhetische Leistungen aufmerksam machen soll, sondern auch die Vielfalt ganzheitlicher Lösungen in ihren jeweiligen landschaftlichen, technischen, funktionalen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen aufzeigen will.

Die Ausschreibung richtete sich - wie in jeder Runde - an die gesamte Bandbreite privater, gewerblicher sowie öffentlicher Gebäude oder Gebäudeensembles. Zu den Kriterien, nach denen die Jury die Objekte ausgewählt und sukzessive selektiert hat, gehören unter anderen ein sparsamer Energieverbrauch bei der Errichtung und Nutzung von Gebäuden, eine deutliche Einsparung von CO2-Emissionen, die Verwendung ökologisch unbedenklicher und regional verfügbarer Baumaterialien sowie das Recycling von Baumaterialien im Sinne einer intelligenten Kreislaufwirtschaft. Auch eine kreative architektonische Note und die Möglichkeit einer unkomplizierten Umnutzung von Gebäuden wurden bei der Auswahl beachtet, so Joachim Klie im Landratsamt. Insgesamt hatten sich 15 Projekte beworben.

Anerkennungspreis geht nach Zwingenberg

Der Anerkennungspreis ging diesmal an die Sanierung des ehemaligen Güterschuppens in Zwingenberg. Bauherr ist auch hier der Magistrat der Stadt. Die Maßnahme zeige, dass nicht die Dimensionen eines Projekts entscheidend seien, so Klie. Bemerkenswert ist hier, dass die Ausgestaltung des historischen Bahnhofsgebäudes aus dem Jahr 1858 zum Zeitpunkt der Wahl noch nicht abgeschlossen war. Das denkmalgeschützte Gebäude wird voraussichtlich im Oktober fertiggestellt sein.

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Veröffentlicht
Von
Michael Ränker
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Der Schuppen westlich der früheren Markthalle, der seinerzeit für die Main-Neckar-Bahn errichtet wurde, befindet sich seit 2015 im Besitz der Stadt Zwingenberg. Nach einer langen Planungsphase von fast fünf Jahren konnte im Mai dieses Jahres mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden (wir haben berichtet). Die Jury stellt heraus, dass bei dem behutsamen Eingriff der Erhalt der originalen Bausubstanz im Vordergrund stehe. Umgesetzt wird dies durch eine Holz-Skelett-Konstruktion („Haus im Haus“). Die Jury spricht von einer außerordentlich schonenden Planung mit minimalen Eingriffen in den wertvollen Bestand. Künftig wird das Gebäude am Ende der Scheuergasse als Büro- und multifunktionaler Veranstaltungsraum genutzt werden.

„Durch den Wettbewerb werden architektonische Leuchttürme in der Region sichtbar gemacht“, sagte Landrat Christian Engelhardt. Die Broschüre, in der auch die weiteren Projekte ausführlich erläutert sind, wurde unter Federführung der Stiftungsmitglieder Gerd Lindauer und Jochen Rahe erstellt.

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