Bergstraße. Sie ist kleiner als eine Ein-Cent-Münze, gestreift und hat lange, dünne Beine: die Asiatische Tigermücke. Und die kleine Mücke kann großen Schaden anrichten. Ihre Stiche jucken nicht nur, sondern werden im schlimmsten Fall auch gefährlich. Das Insekt gilt als potenzieller Überträger von Dengue-, Zika- und Chikungunya-Viren. Seit mehreren Jahren breitet sich die aus Südostasien stammende „Aedes albopictus“ in der Region aus. Tabletten sollen die Ausbreitung der invasiven Art eindämmen. Nicht indem man sie schluckt, sondern dort auflöst, wo sich die Mücke heimisch fühlt. Hiesige Apotheken würden sich die Tabletten gerne ins Regal stellen – kommen aber nicht an sie ran.
BTI-Tabletten für stehendes Gewässer
Bei den sogenannten BTI-Tabletten handelt es sich um einen biologischen Wirkstoff des Bakteriums „Bacillus thuringiensis israelensis“. Dieser wird zur Bekämpfung von Stechmückenlarven in stehenden Gewässern eingesetzt. Dazu zählen nicht nur Seen, Weiher oder langsame Flüsse, sondern auch Regentonnen sowie Blumentopfuntersetzer oder Altreifen, in denen Wasser steht. Das Präparat ist wasserlöslich – laut den Angaben eines Herstellers reicht eine Tablette für ein Gefäß mit 50 Litern.
Die Birken-Apotheke in der Weinheimer Weststadt würde das Mittel gegen die Larven der Stechmücke gerne anbieten. Doch: „Die Ausgabe der Tabletten ist für uns nicht möglich“, erklärt Anne Katrin Frauenkron. Ihr gehört die Filiale und sie weiß: „Eigentlich können nicht nur Medikamente, sondern auch Nahrungsergänzungsmittel, pflanzliche Heilmittel und auch Insektizide, worunter die BTI-Tablette fallen würde, im Sortiment stehen.“ Aber es gelten Vorschriften, derentwegen die Inhaberin sie nicht ausgeben kann, weil sie das Mittel erst gar nicht zur Verfügung gestellt bekommt. Da die Population der Tigermücke – und damit auch die Angriffe auf die Menschen – aber in den vergangenen Jahren zugenommen hat, haben Kunden bei Frauenkron immer häufiger nach den Tabletten gefragt. „Wir sitzen schließlich in der Weststadt – durch den See wohnt die Tigermücke hier quasi schon.“ Doch nicht erst seit diesem Jahr – 2019 wurde zum ersten Mal eine Tigermückenpopulation gefunden. Nach weiteren Sichtungen war klar: Das Insekt hat bereits länger in der Zweiburgenstadt gelebt, als zunächstangenommen.
Daraufhin hatte eine Mitarbeiterin der Firma „ICYBAC“ im Auftrag der Stadt und des Rhein-NeckarKreises im Jahr 2020 den biologischen Wirkstoff „BTI“ mit Sprühflaschen in betroffenen Gebieten der Weststadt verteilt – auch auf Privatgrundstücken. Später bat der Rhein-Neckar-Kreis um Mithilfe bei den Bürgern und teilte innerhalb des Verbreitungsgebiets in der Weststadt BTI-Tabletten aus. Wird das auch in diesem Jahr der Fall sein? Und können Apotheken helfen? Frauenkron möchte das wissen und informiert sich bei einer offiziellen Stelle: „Letztendlich habe ich mich an das Gesundheitsamt gewendet und nachgefragt, ob wir etwas tun können.“
Dabei erhielt sie die Antwort, dass die Stadt Weinheim mit „ICYBAC“, einem Tochterunternehmen der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS), einen Vertrag hat. Das Unternehmen unterstütze die Gemeinden durch spezielle Maßnahmen bei der Bekämpfung der Mücke. Es ist auch dasjenige, das die Mitarbeiter der Stadt für die Ausgabe des Mittels geschult hat und sie damit ausstattet.
„Stefan Grabinger und Holger Reichl aus dem Ordnungsamt dürfen die Tabletten ausgeben“, erklärt Roland Kern. Der Rathaussprecher schildert: „Wir sind selbst nur eine Ausgabestelle für das Mittel – an wen das verteilt wird, koordiniert ‚ICYBAC‘.“ Jeder, der einen Befall der Tigermücke bei sich feststellt oder befürchtet, kann die Tabletten kostenlos erhalten. „Aber vorher unter gewerbeabteilung@weinheim.de anmelden“, bittet Kern. Dass die Nachfrage groß ist, weiß der Pressesprecher. Und eine Ausgabestelle an anderen Orten möchte er nicht ausschließen. Doch ob eine Kooperation mit Apotheken in der Zweiburgenstadt geplant ist, weiß er nicht – dafür sei ebenfalls das Unternehmen zuständig.
Odenwälder Apotheken: „Zur Zeit keine Nachfrage“
In der Laurentius-Apotheke in Wald-Michelbach werden die Tabletten nicht angeboten. „Aber Gott sei Dank gibt es zurzeit auch noch nicht die Nachfrage“, schildert Rolf Schaffnit, Besitzer der Filiale. Es kommen höchstens Kunden zu ihm, die gestochen wurden und eine Salbe gegen die allergische Reaktion brauchen. „Ob der Stich aber von einer Tigermücke kommt oder nicht, wissen nur die wenigsten“, erklärt der 59-Jährige. Auch wenn der Wirkstoff der Bakterien in Wald-Michelbach noch nicht gebraucht wird, fände der Apotheker es sinnvoll, das Produkt auch bei sich anzubieten und zu verteilen. „Ich befürchte, dass die Tigermücke auch irgendwann hierherkommt und dann zum Thema wird.“
Doch bisher sei das noch nicht der Fall – genauso wie in Rimbach. In der Odenwald-Apotheke von Christin Hauck wurde weder bei ihr noch bei den Angestellten nach Mitteln gegen Tigermücken gefragt. „Hier sind eher Wespen das Problem“, merkt die 38-Jährige an. Aber: Prävention gegen die Tigermücke beginnt im eigenen Zuhause.
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