Bergstraße. Wie stark einzelne Aktien ganze Depots belasten oder nach vorne bringen können, zeigt sich im BA-Aktienranking für den Monat Oktober. So hat die Schwäche der Merck-Aktie bis vorgestern dafür gesorgt, dass das Depot Südhessen/Bergstraße im BA-Aktienranking in den vergangenen Wochen rund drei Prozent an Wert verlor. Dann verkündete Merck bei einem Kapitalmarkttag am Donnerstag, dass man mittelfristig zu nachhaltigem Wachstum zurückkehren und dabei auch Vorteile aus dem aktuellen Boom von KI-Anwendungen ziehen wolle. Prompt ging es mit der Aktie wieder aufwärts und der Depotverlust lag nur noch bei einem halben Prozent.
Vergleichbares tat sich im Depot Rhein-Neckar. Dieses profitierte vor allem vom abermaligen Kursanstieg der Aktie des Softwarekonzerns SAP. Die legte so kräftig zu, dass es mit dem Depotwert Rhein-Neckar seit Mitte September um sieben Prozent nach oben ging. Im Depot Rhein-Main sorgten in erster Linie die Übernahmegerüchte um die Commerzbank durch die italienische Unicredit für ein Plus von vier Prozent im Depot.
Und auch im Gesamtmarkt scheint sich die Stimmung langsam zu bessern, wenngleich das wohl vor allem mit dem Ausbleiben schlechter Nachrichten zusammenhängt. Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im Oktober etwas deutlicher als erwartet aufgehellt. In den drei Monaten zuvor war der Indikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) deutlich gefallen. Die Lageeinschätzung bleibe zwar weiterhin fast so schlecht wie in den tiefen Rezessionen von 2009 oder 2020, dennoch biete die Umfrage diesmal keine Hiobsbotschaften, sagte Robin Winkler, Chefvolkswirt der Deutschen Bank.
Aktienkurs von Dentsply Sirona weiter auf niedrigem Niveau
Beim größten Arbeitgeber an der Bergstraße, dem Dentaltechnikkonzern Denstply Sirona, endete zwar die Kurzarbeit am Standort Bensheim. Geht es nach dem Aktienkurs, der bekanntlich Zukunftsaussichten widerspiegelt, ist von einer durchgreifenden Besserung noch nichts zu sehen. Der Kurs dümpelt nach wie vor in der Nähe seines Zehnjahrestiefs. Immerhin sind Finanzanalysten, die das Papier regelmäßig beobachten, optimistisch. Mehr als die Hälfte rät zum Kauf des Papiers. Neue Impuls für den Aktienkurs könnten die Quartalszahlen Anfang November liefern. Zuletzt heiß es, dass viele Kunden (Zahnärzte) weiterhin zurückhaltend mit Investitionen seien. Man werde Auftragseingang und Auslastung genau beobachten und bei Bedarf über mögliche Schritte beraten.
Wenige Tage vor Dentsply Sirona liefert der Elektrotechnikkonzern TE Connectivity, ebenfalls mit einem großen Standort in Bensheim, Zahlen über das jüngste Quartal und das gesamte Geschäftsjahr. Geht es nach dem Aktienkurs, dürfte die gute Entwicklung anhalten, der Kurs steigt seit gut einem Jahr und hat in dem Zeitraum rund ein Fünftel zugelegt. Die Wachstumsstory scheint intakt. TE stellt elektrische und elektronische Bauteile (Steckverbindungen) her, die den Fluss von Daten, Strom und Signalen unter anderem in Autos steuern. Trotz des Rückgangs der Automobilproduktion wuchs die Sparte bei TE Connectivity.
Das Sorgenkind im Depot Bergstraße/Südhessen war bis vorgestern der Darmstädter Merck-Konzern. Die Aktie verlor rund zehn Prozent in den vergangenen vier Wochen. Insgesamt stehe der Pharma- und Spezialchemiekonzern ganz gut da, das große Bild sei also intakt, meint Aktienanalyst Falko Friedrich von der Deutschen Bank. Doch erholten sich die Merck-Endmärkte nur träge. Ins gleiche Horn stößt Brian Balchim vom Analysehaus Jefferies . Die Dynamik der Erholung im Bereich Process Solutions für Kunden aus der Pharmabranche bleibe ins Jahr 2025 hinein aber eher mau. Dann fiel gestern das Zauberwort KI und prompt sprang der Kurs nach oben.
Das Zwingenberger Biotechnologieunternehmen Brain machte zuletzt mit dem Verkauf von Lizenzrechten an einem Pharmawirkstoff von sich reden. Zunächst fließen rund 19 Millionen Euro, weitere Zahlungen können folgen. Der Wert dieser Transaktion ist mehr als viermal so hoch wie die gesamte Marktkapitalisierung von Brain vor der Ankündigung der Transaktion, hieß es vom Unternehmen. Der Aktienkurs schoss daraufhin in die Höhe, konnte aber die Verluste seit Jahresbeginn nicht ausgleichen.
Bei SAP scheint das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht
Im Depot Rhein-Neckar war es vor allem die SAP-Aktie, die sich weiter prächtig entwickelte. Und alle Analysten, die das Papier unter der Lupe haben, raten weiterhin zum Kauf. Das Ende der Fahnenstange scheint offenbar noch nicht erreicht. Die Umsatzentwicklung beim Softwarekonzern laufe rund, meint Analyst Mohammed Moawalla von der US-Investmentbank Goldman Sachs. In einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld dürfte SAP erneut solide abgeschnitten haben, so Analyst Knut Woller von der Baader Bank. Er fühle sich in seiner Einschätzung durch die jüngsten Resultate des Wettbewerbers Oracle bestätigt. Die Amerikaner hätten die Markterwartungen übertroffen und einen Trend zu größeren und längeren Cloud-Verträgen hervorgehoben.
Die Schweizer Großbank UBS hat BASF-Aktie von „kaufen“ auf „neutral“ abgestuft und das Kursziel gesenkt. Im zyklischen Chemiesektor habe die erwartete Erholung des Volumenwachstums im ersten Halbjahr nicht stattgefunden, so Analyst Geoff. Frühindikatoren seien im negativen Bereich geblieben. Mit Blick auf 2025 sieht er nur begrenzte Verbesserungen in den Endmärkten Bau und Agrar und Abwärtsrisiken für den Automobilbereich. Druck auf die Aktie dürfte auch die kürzlich avisierte Kürzung der Dividende ausgelöst haben. Einen „Paukenschlag“ nannte es Peter Spengler von der DZ Bank. Die BASF-Aktie galt lange als verlässliches Dividendenpapier.
Für größeres Aufsehen sorgte dieser Tage der Südzucker-Konzern. Der kündigte einen weiteren Gewinnrückgang an. Oliver Schwarz vom Analysehaus Warburg Research rät zum Verkauf der Aktie. Jüngste Geschäftsquartalszahlen bestätigten die negativen Trends. Die Aktie erreichte jüngst den tiefsten Stand seit März 2022. Seit Jahresanfang beläuft sich das Minus auf rund ein Viertel.
Im Depot Rhein-Main hat die Absicht der italienischen Großbank Unicredit, die Commerzbank zu übernehmen, für ein Kursplus gesorgt. Die Fans einer Übernahme heben hervor, dass ein europäischer Bankenchampion entstünde, der mit den amerikanischen Global Playern mithalten könnte. Größe ist aber auch eine Gefahr. Bei der Finanzkrise 2008 hieß es, dass es keine so großen Banken mehr geben solle, die in Schieflage mit Steuermitteln gerettet werden müssen („Too big to fail“).
Ohne Übernahmephantasien legte der Kurs der Deutschen Bank zu. Anke Reingen von der kanadischen RBC traut den Papieren eine weiterhin gute Entwicklung zu. Mit der Vergangenheit habe man Schluss gemacht und könne die Kapitalrendite immer noch weiter verbessern. Chris Hallam von Goldman Sachs glaubt, dass die nächsten Quartalszahlen eine anhaltende Disziplin bei den operativen Kosten, ein weiter starkes Geschäft mit Anleihen und Währungen sowie im Vergleich zur ersten Jahreshälfte weitgehend stabile Kreditkosten belegen werden.
Die Luftfahrtbranche machte zuletzt vor allem von Abschieden aus Deutschland von sich reden. Zu hohe Kosten führten Ryanair, die Lufthansa-Tochter Eurowings und Condor an, als die Streichung von Verbindungen angekündigt wurden. Im Kern geht es um die um ein Viertel erhöhte Luftverkehrssteuer, die Flugsicherungsgebühren und die sogenannte Luftsicherheitsgebühr, die für die Kontrolle der Passagiere und ihres Handgepäcks am Flughafen erhoben wird. Im Ergebnis sind die staatlich verursachten Kosten an deutschen Flughäfen um ein Mehrfaches höher als in den europäischen Nachbarländern.
Die Lufthansa-Aktie ficht das alles anscheinend nicht an. Sie gehört nicht zu den Billigfliegern. Patrick Creuset von der US-Investmentbank Goldman Sachs erhöhte die Annahmen für die operativen Ergebnisse 2024 bis 2028. Die Fluggesellschaft dürfte bald das Ende eines Abschwungs erreichen, so sein aktuelles Urteil.
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