Geldanlage

Aktiendepot Bergstraße/Südhessen holt Rückstand auf

Geldanlage: TE Connectivity weiterhin das Zugpferd. Dentsply Sirona auf historischem Tief.

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Michael Roth
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Fahnen von BASF, Merck und Fraport. Für einige, aber nicht für alle Börsenwerte gibt es derzeit Rückenwind. Bilder: DPA © Uwe Anspach/dpa

Bergstraße. Das große Warten dürfte bald ein Ende haben. An den Aktienmärkten könnte die Jahresendrally jetzt starten. Die Voraussetzungen sind gut. Vergessen scheinen die Sorgen um zu hohe Bewertungen von US-Technologiekonzernen und dem Platzen einer KI-Blase. Und: „Die Märkte reagieren mit Erleichterung auf ein Ende des Shutdowns in den USA. Es wäre eine spürbare Starthilfe in die stärkste Börsenphase des Jahres, die traditionell mit dem November beginnt“, so Christoph Mertens, Aktienexperte der Fürst Fugger Privatbank. „Die Statistik zeigt, dass auf einen Markt, der bis Ende Oktober zweistellig im Plus war, zwei überdurchschnittlich starke Monate folgen.“ Diese Bedingung sei 2025 erfüllt.

Nicht ganz zweistellig, gleichwohl aber mit einem Plus von sieben Prozent in den vergangenen vier Wochen stiegen die Kurse im Depot Bergstraße/Südhessen. Damit haben die Papiere mit einem neuen Jahreshoch ihre Schwächephase vom Sommer überwunden und den Rückstand zu den anderen Depots aufgeholt. Das Depot Rhein/Neckar verlor im gleichen Zeitraum drei Prozent, das Depot Rhein-Main legte um drei Prozent zu.

TE-Gewinnmarge erreichte mit 19 Prozent einen Rekordwert

Das starke Plus hat das Depot Bergstraße/Südhessen der Aktie von TE Connectivity zu verdanken. Die notiert nach kräftigen Zuwächsen auf einem historischen Hoch. Untermauert wird das durch die jüngst veröffentlichten Zahlen. Der Umsatz legte im abgelaufenen Geschäftsjahr um neun Prozent auf 17,3 Milliarden Dollar zu. Einer der Treiber war die Transportsparte mit ihrem wichtigen Standort in Bensheim. Die operative Gewinnmarge erreichte mit 19 Prozent einen Rekordwert, ebenso der bereinigte Gewinn je Aktie und der Cashflow. Er gehe guten Mutes ins neue Geschäftsjahr, wurde Konzernchef Terrence Curtin in einer Mitteilung zitiert. Mit gut gefüllten Auftragsbüchern rechnet er im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres mit zweistelligen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn je Aktie.

Je heller der Stern von TE Connectivity auch über Bensheim und seinen 1200 Mitarbeitern am Standort strahlt, desto finsterer ist es um den größten Arbeitgeber im Kreis, Dentsply Sirona, bestellt. Zwar kamen aus Bensheim zuletzt vielversprechende Innovationen, doch der Konzern enttäuschte die Börse kürzlich wieder mit sinkenden Umsätzen und roten Zahlen. Der Aktienkurs stürzte ab und notierte so tief wie zuletzt vor 25 Jahren. In zwei Jahren spätestens soll alles besser werden, verspricht der neue Konzernchef Daniel Scavilla. Dann soll Dentsply Sirona nachhaltiges und profitables Wachstum vorweisen können. Dringend und schnell soll es dabei vorangehen. Das sieht der „Return to Growth“ (Zurück zu Wachstum) Aktionsplan vor, der mit der Veröffentlichung von Konzern-Quartalszahlen vorgestellt wurde. Die Auswirkungen auf Bensheim sind noch nicht bekannt. Ein Lichtblick: In Europa, inklusive Deutschland als größtem europäischen Markt, erzielte Dentsply Sirona im dritten Quartal ein Wachstum von knapp zehn Prozent.

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Im Depot Bergstraße/Südhessen sind die Anteilsscheine des Dentaltechnikweltmarktführers Dentsply Sirona enthalten, ebenso die Papiere von TE Connectivity. Beide Konzerne sind an US-Börsen notiert. Für den besseren Vergleich werden Euro-Wechselkurse verwendet. Mit von der Partie sind die Anteilsscheine des Flurfördertechnikunternehmens Jungheinrich und des Zwingenberger Biotechunternehmens Brain. Nicht fehlen darf natürlich der Dax-Konzern Merck aus Darmstadt.

Im Depot Rhein-Neckar liegen Aktien des Softwarekonzerns SAP, des Mannheimer Energieversorgers MVV, von Südzucker, dem Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub sowie der BASF.

Das Depot Rhein-Main enthält Papiere der Deutschen Bank und der Commerzbank, sowie von Lufthansa und Fraport. Hinzu kommt der Bad Homburger Fresenius-Konzern. mir

Im Plus lag die Aktie von Jungheinrich, ebenfalls mit einem wichtigen Standort in Bensheim. Der Grund waren die jüngsten Quartalszahlen, die deutlich über den Erwartungen lagen, erklärt Stefan Augustin, Aktienexperte vom Analysehaus Warburg Research. Die Ziele für das Gesamtjahr erscheinen Alexander Hauenstein von der DZ Bank auch ohne eine wesentliche Nachfrageerholung in Richtung des oberen Endes erreichbar. Leicht erholt hat sich der Aktienkurs von Brain Biotech, in der Neunmonatsbilanz verzeichnete das Unternehmen aus Zwingenberg geringere Umsätze und einen höheren Verlust.

Der Darmstädter Merck-Konzern legte gestern gute Quartalszahlen vor, prompt stieg die Aktie zum Handelsbeginn um sieben Prozent. Das Sommertief scheint überwunden. Es könnte auch noch weiter gehen. Matthew Weston von der Schweizer Großbank UBS glaubt, dass die aktuelle Bewertung dem Wachstumspotenzial der Darmstädter nicht gerecht werde.

Bei der BASF werden Teile der Produktion stillgelegt

Im Depot Rhein-Neckar hat die angekündigte Ausgliederung und Börsengang der Sparte Pflanzenschutz bei der BASF nicht für einen Schub bei der Aktie gesorgt. Das wurde wohl durch die wirtschaftliche Gesamtsituation überlagert. In der deutschen Chemie sind die Kapazitäten derzeit nur zu rund 70 Prozent ausgelastet, auskömmlich sind 80 Prozent. Vor allem hohe Energiepreise und absehbare Kosten für CO2-Zertifikate hierzulande machen das Leben gegenüber der internationalen Konkurrenz schwer. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Geschäftserwartungen trübten sich branchenweit ein. Und auch bei der BASF in Ludwigshafen wurden und werden Teile der Produktion stillgelegt. Die europäische Chemiebranche sei strukturell angeschlagen, meint Gaurav Jain von der britischen Investmentbank Barclays. Wer an Relevanz verliere, in der globalen Kostenkurve schlecht positioniert sei und/oder möglicherweise gar seine Kapitalkosten nicht mehr verdiene, gerate in einen langsamen, aber unerbittlichen Abwärtsstrudel. Genau dies könnte das Schicksal der europäischen Chemiebranche sein.

Solche Sorgen kennt der Softwarekonzern SAP nicht. Zwar ging der Aktienkurs jüngst leicht zurück. Doch hätten die Walldorfer zuletzt im widrigen Umfeld Widerstandskraft bewiesen, so Mohammed Moawalla von der US-Investmentbank Goldman Sach. Und bleibt optimistisch. Er passte seine Wachstumsschätzungen an die starke Auftragslage an.

Angezogen hat der Aktienkurs des Mannheimer Energieversorgers MVV. Die wenig liquide Aktie scheint neue Freunde gefunden zu haben. Kein Wunder. Immerhin verspricht sie eine seit Jahren eine ordentliche Dividende bei wenig Risiko. Hauptaktionäre sind die Stadt Mannheim und dem Vermögensverwalter First Sentier (gehört zur Mitsubishi-Gruppe). Seit 23 Jahren steigende Dividenden weist der Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub aus, im Schnitt rund 13 Prozent pro Jahr. Ein attraktives Geschäftsmodell und eine niedrige Bewertung attestiert Gaurav Hain von der Investmentbank Barclays dem Unternehmen.

Im Depot Rhein-Main steuert die Deutsche Bank nach Ansicht von Mate Nemes von UBS mit Schwung auf die alljährliche Veranstaltung „Investor Deep Dive“ am kommenden Montag zu, auf der der neue Strategieplan für die nächsten drei Jahre vorgestellt werde. Es blieben jedoch Risiken mit Blick auf das Gewerbeimmobilien-Portfolio, die Umstrukturierung des Privatkundengeschäfts und den Produktmix.

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Michael Roth
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Die Commerzbank muss sich nach wie vor den Übernahmeavancen der italienischen Unicredit erwehren. Analysten heben die enormen Kapitalüberschüsse hervor, die erwirtschaftet werden. Dadurch werde auch mit zusätzlichen Dividenden und weiteren Gewinnüberraschungen gerechnet. Skeptisch ist hingegen Philipp Häßler von der DZ Bank. Gemessen am Kurs/Buchwert-Verhältnis seien die Aktien weiterhin zu teuer, und die implizite Übernahmeprämie sei nicht gerechtfertigt.

Die Umsetzung einer Neuorientierung bei der Lufthansa ist für Alex Irving vom US-Analysehaus Bernstein Research eine Vorstufe dafür, wieder für Vertrauen in die langfristigen Ziele zu sorgen. Erste Fortschritte seien zu beobachten. Steigende Kosten und sinkende Erträge pro Sitzplatzkilometer zeigten aber, dass das Ziel noch nicht erreicht sei.

Jüngstes Quartal als Wendepunkt für Fraport

Beim Flughafenbetreiber Fraport ist Dirk Schlamp von der DZ Bank zuversichtlich. Das jüngste Quartal habe beim Cashflow und Ergebnis positiv überrascht. Er sieht darin einen Wendepunkt für den Flughafenbetreiber nach einer investitionsintensiven Phase. Überraschend sei vor allem die starke Barmittelgenerierung. Dies stärke das Vertrauen in die Aktie, die künftige Ertragsentwicklung und die baldige Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen. Zuversichtlich ist Graham Doyle von der Schweizer Großbank UBS für Fresenius. Zum operativen Ergebnis haben bessere Unternehmenskosten und die Profitabilität der Sparte Kabi (Medikamente und Medizinprodukte zu Infusion, Transfusion und klinische Ernährung) beigetragen. Falko Friedrich von Deutsche Bank Research ist das dritte Quartal positiv aufgefallen. Die gute Dynamik bei dem Medizinkonzern sollte anhalten. Fresenius könnte zudem den angehobenen Gewinnausblick übertreffen. Die attraktive Bewertung biete weiterhin eine gute Einstiegsgelegenheit.

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