Afrikanische Schweinepest

18 Wildschweine mit ASP innerhalb einer Woche entdeckt

Die Bergeteams hatten in der letzten Woche insbesondere im Bereich Einhausen und Bürstadt viel zu tun. Die sogenannten Saufänge kommen im Kreis aktuell noch nicht zum Einsatz.

Von 
Jörg Keller
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Ein nicht infizierter Wildschweinkadaver liegt zu Übungszwecken eingewickelt in einem Kunststoffbezug bei einer Stationsübung zum Thema Bergung von Wildschweinkadavern. © DPA

Bergstraße. „Wir hatten zuletzt innerhalb der Kernzone im Kreis ein starkes Seuchengeschehen“, sagt der zuständige hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf am Dienstagnachmittag auf Nachfrage dieser Zeitung zum aktuellen Stand rund um die Afrikanische Schweinepest (ASP). Innerhalb von sieben Tagen habe man 18 infizierte Schweine entdeckt, die meisten davon im Bereich Bürstadt und Einhausen. Anders als in den ersten Tagen nach Ausbruch der Tierseuche im Kreis Bergstraße wird nicht mehr jeder einzelne Fund öffentlich gemeldet. Die aktuell rasante Entwicklung bei den Fallzahlen ist nach Einschätzung von Schimpf auch keine Besonderheit, sondern bei akuten Seuchenlagen „durchaus erwartbar“.

Wichtig sei es, die weitere Ausbreitung aus der Kernzone zu verhindern. Schimpf verweist dabei auf die vom Land vorgenommene großräumige Einzäunung an der A 5, an der B 47 und entlang des Rheins. Derzeit werde geprüft, ob ein weiterer Zaun entlang des von Bensheim nach Gernsheim führenden Winkelbachs errichtet wird.

Der benachbarte Landkreis Darmstadt-Dieburg teilte gestern bereits mit, dass derzeit ein 5,7 Kilometer langer und 1, 20 Meter hoher, fester Zaun in Höhe des Erlensees zwischen den Autobahnen A67 und A 5 errichtet wird. Damit soll verhindert werden, dass sich die ASP nördlich des Pfungstädter Moors ausbreitet. Der Baubeginn des Schutzzauns hat am 23. September begonnen und soll in der kommenden Woche abgeschlossen sein. Auch die Bevölkerung ist von der Errichtung des Zaunes betroffen. Der Radweg „Die Bergstraße Natur“, der das Gebiet kreuzt, wird in Zukunft zwei Durchgänge erhalten, die sich automatisch schließen.

Intensive Schulungen für Mitarbeiter der Bergeteams

Für die Sicherstellung und Entsorgung von mit ASP-infizierten Wildschweinen sind im Kreis Bergstraße speziell dafür gebildete Bergeteams zuständig. Diese bestehen nach Angaben von Matthias Schimpf aus Mitarbeitern der Kreisverwaltung, Beschäftigten der Kommunen und Jägern. „Die Städte und Gemeinden sind sogar dazu verpflichtet, uns zu unterstützen“, sagt der Dezernent im Landratsamt. Größere Kommunen müssen daher mindestens zwei Mitarbeiter für die Bildung von Bergeteams bereitstellen, kleinere jeweils einen. Zur Vorbereitung auf den Einsatz habe es spezielle Schulungen gegeben. Die Tiere müssen nämlich nicht nur möglichst rasch eingesammelt werden. Es muss auch darauf geachtet werden, dass Krankheitserreger nicht durch den Menschen weiterverbreitet werden.

Geborgene Wildschweinkadaver werden zunächst zu speziell eingerichteten Sammelplätzen und von dort aus zum Tierkörperentsorgungsbetrieb Secanim in Hüttenfeld gebracht. Mit einer Drucksterilisation werden dort alle vorhandenen Keime – auch die der ASP – abgetötet. Die Überreste der Tiere werden auf unterschiedliche Weise weiterverarbeitet.

"Fokus auf der Reduktion der Wildschweinbestände in Sperrzone II"

Die Zahl der in Hüttenfeld zu entsorgenden Wildschweine dürfte sich erhöhen, wenn die Jagd auf Schwarzwild intensiviert wird. Das Hessische Landwirtschaftsministerium (HMLU) hatte in der vergangenen Woche die nächsten Schritte zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bekanntgegeben. Bei einem Ortstermin in Mörfelden-Walldorf erklärten Experten neue Schritte bezüglich der Strategie, mit der die Tierseuche eingedämmt werden soll – mit besonderem Fokus auf das infizierte Gebiet, die sogenannte Sperrzone II. In dieser liegen auch weite Teile des Kreises Bergstraße.

„Jetzt liegt ein Fokus auf der Reduktion der Wildschweinbestände in der Sperrzone II. Damit verfolgen wir das Ziel, die um das infizierte Gebiet liegende seuchenfreie Sperrzone I vor einem möglichen Übertritt infizierter Wildschweine zu schützen und unternehmen alles Notwendige, um die Afrikanische Schweinepest weiter einzudämmen“, erläutert Volker Höhler, Leiter der Obersten Jagdbehörde und Leiter der Stabseinheit Schwarzwildmanagement im Hessischen Landwirtschaftsministerium.

Saufänge als bewährte Maßnahme der Seuchenbekämpfung

Zunächst galt für die Sperrzone II ein absolutes Jagdverbot, um möglicherweise infizierte Wildschweine nicht in seuchenfreie Gebiete zu vertreiben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage bezüglich des Geschehens der Tierseuche konnten am 9. September erste Lockerungen für die Jagd beschlossen werden, unter anderem ist die Bejagung von Schalenwild (außer Schwarzwild) unter Auflagen erlaubt. Der nächste strategische Schritt sieht vor, die Wildschweindichte in der Sperrzone II zu reduzieren, um Infektionsketten zu unterbrechen und die Sperrzone I zu schützen.

Die Innenansicht eines sogenannten Saufangs. Ob und wann die Fallen im Kreis Bergstraße zum Einsatz kommen, steht noch nicht fest. © HMLU

Dafür sollen in Hessen– wie bereits berichtet – künftig in der Sperrzone II Fallen – sogenannte Saufänge – eingesetzt. Dabei handelt es sich laut Pressemitteilung des Ministeriums um „eine bewährte Maßnahme der Seuchenbekämpfung, die bereits im europäischen Ausland sowie in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zur ASP-Bekämpfung zum Einsatz kommt“. Ausschließlich der Saufang ermögliche es, ganze Rotten auf einmal zu entnehmen, ohne die Tiere zu beunruhigen und eine Versprengung der Seuche in bisher noch nicht infizierte Gebiete zu vermeiden.

Geschulte Schützenteams töten die Wildschweine

Die Wildschweine werden im Vorfeld durch Anfüttern langsam an die Anlage gewöhnt, um von Beginn an Stress zu reduzieren. „Es kommen nur Fallen ohne Metallgitter zum Einsatz, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Die Saufänge werden außerdem kontinuierlich überwacht, um vor allem beim Auslösen der Falltür sicherzustellen, dass sich die gesamte Rotte in der Anlage befindet, keine anderen Tiere mitgefangen werden und sich kein Wildschwein beim Auslösen der Fallentür verletzten kann. Der Abschuss erfolgt dann durch geschultes Personal,“ erläutert Michael Lierz von der Justus-Liebig-Universität Gießen, wildbiologischer Berater des Führungsstabs ASP des Hessischen Landwirtschaftsministeriums. Er hat zum Thema Saufänge geforscht und eine Studie zu deren tierschutzgerechtem Einsatz im Jahr 2022 abgeschlossen.

Der Einsatz der Saufänge wird zentral im Hessischen Landwirtschaftsministerium durch die Stabseinheit Schwarzwildmanagement geplant und gesteuert in Abstimmung mit den zuständigen Veterinärämtern vor Ort sowie mit den betroffenen Forstämtern und Jagdausübungsberechtigten in privaten Jagdbezirken. Die Tötung der Wildschweine erfolge durch geschulte Schützenteams.

"Modell wird auch dem Tierschutz am ehesten gerecht"

Ob und wann im Kreis Bergstraße Saufänge zum Einsatz kommen, konnte Matthias Schimpf am Dienstag auf Nachfrage noch nicht sagen. Derzeit sei der Einsatz der Fallen wenig zielführend, da auf vielen Feldern noch Mais stehe und die Wildschweine daher in dieser Jahreszeit noch ausreichend Futter hätten. Ganze Rotten in die Fallen zu locken, sei also schwierig.

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red
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Laut Pressemitteilung des Landwirtschaftsministeriums hat sich auch die Tierschutzbeauftragte des Landes Hessen, Madeleine Martin, mit dem Thema Saufänge beschäftigt: „Hessen hat intensiv dazu geforscht und diese Fallen getestet. Das hier gewählte Modell, das sich in dem Forschungsprojekt als geeignet erwies, ist akzeptabel und wird auch dem Tierschutz am ehesten gerecht. Der Einsatz von Fallen ist für die Tiere immer eine Belastung, gleichwohl lassen die EU-Vorschriften zur Seuchenbekämpfung der Hessischen Landesregierung keinen Spielraum.“

Ziel ist es, ganze Wildschweinrotten zu entnehmen

Die neuen Maßnahmen zur ASP-Bekämpfung werden laut Pressemitteilung von der hessischen Jägerschaft unterstützt: „So kann es gelingen, ganze Wildschweinrotten zu entnehmen und die Infektionsketten zu unterbrechen. Im Gegensatz zu einer unkontrollierten Durchseuchung kann so das ASP-Geschehen in Südhessen schneller kontrolliert werden. Somit kommt diese Maßnahme insbesondere einem gesunden Tierbestand der Zukunft zugute“, so Markus Stifter, Pressesprecher des Landesjagdverbandes Hessen.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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