Politbarometer

Umfrage: Schlechte Noten für die Koalition

Die ersten 100 Tage sind für Friedrich Merz und sein schwarz-rotes Bündnis nicht gut gelaufen. Die aktuellen Zahlen der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen.

Von 
Walter Serif
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In der Außenpolitik gibt Kanzler Friedrich Merz – hier mit Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj – in den Augen der Deutschen eine gute Figur ab. © Bergmann, Guido/Bundesregierung/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Koalition von Kanzler Friedrich Merz erhält schlechte Noten im Politbarometer.
  • In der Außenpolitik macht Merz eine gute Figur.
  • Der Streit in der Koalition nervt die Menschen zusehens.

Mannheim. Große Klappe, nichts dahinter? Friedrich Merz wollte die AfD einst halbieren – doch die hat bei der Bundestagswahl im Februar 2025 mit knapp 21 Prozent so gut abgeschnitten wie nie. Und die Union? Sie fuhr mit Merz als Kanzlerkandidat das zweitschlechteste Ergebnis seit 1949 ein. 28,5 Prozent sind natürlich verglichen mit den Ansprüchen des Sauerländers ein Armutszeugnis. Dass er bei der Kanzler-Wahl auch noch zwei Anläufe brauchte, war natürlich eine Blamage. Ganz zu schweigen von dem Hickhack um die gescheiterte Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Merz hat mit seiner schwarz-roten Koalition einen schlechten Start hingelegt.

Vergleiche mit dem Dauerstreit bei der Ampel drängen sich auf

Das schlägt sich natürlich auch in den Umfragen nieder. Im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen liegen Union und SPD nach den ersten 100 Tagen sogar unter ihren für sie grausamen Bundestagswahlergebnissen. „Die Koalition muss sich nicht wundern, dass sie nach all dem bisherigen Streit in Rekordzeit bereits mit dem Chaos in der Ampel verglichen wird, das am Ende ja zum Bruch der Koalition geführt hat“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe. Sie erinnert auch daran, dass die damalige Bundesregierung verglichen mit der aktuellen 2021 einen viel besseren Start und folglich auch gute Werte hatte – bis zum Ukraine-Krieg 2022, der mehr oder weniger alles auf den Kopf stellte.

„Schwarz-Rot hat die Erwartungen der Menschen enttäuscht, wie sich aus den Zahlen eindeutig ablesen lässt“, sagt Wolf. Nur noch 44 Prozent meinen, dass die Koalition eher einen guten Job macht, Ende Juni waren es noch 60 Prozent. Und: Nur ein knappes Drittel der Befragten vertritt die Ansicht, dass CDU/CSU und SPD eher gut zusammenarbeiten, 61 Prozent sehen das anders. Der Dauer-Zoff zwischen den Koalitionspartnern und innerhalb der Unionsparteien schlägt negativ zu Buche. Und warum fallen Union und SPD dann nicht noch tiefer in der Umfrage? „Viel tiefer geht es einfach nicht, man muss sich ja mal vor Augen halten, dass Union und SPD zusammen nur noch 42 Prozent haben. Von einer großen Koalition kann man da nicht mehr reden“, sagt Wolf.

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen © mm

Die schlechten Umfragewerte speisen sich aus der Unzufriedenheit der Menschen, die der Regierung wenig zutrauen, wenn es um die Themen geht, die den Deutschen – hinter dem Asyl- und Flüchtlingsthema – am meisten unter den Nägeln brennen. „Der Koalition ist es nicht gelungen, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Die Wirtschaft kommt nicht in die Gänge und bei der Rente drückt sich die Regierung vor Reformen“, sagt Wolf.

Die Haltung der Deutschen zu Merz ist gespalten

Nur noch zehn Prozent glauben, dass die Konjunktur wieder anspringt, fast die Hälfte meint, dass alles schlechter wird. Inzwischen glaubt ein Viertel, dass keine der Parteien die Wirtschaftsprobleme lösen kann. Die Union, die bei der Wirtschaftskompetenz traditionell die Nase vorn hat, verschlechtert sich von 41 auf 36 Prozent, liegt aber noch immer weit vor der Konkurrenz. Dass die Regierung einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme bei Rente und Alterssicherung leisten wird, glauben nur 24 Prozent.

Gespalten sind die Deutschen bei der Beurteilung des Bundeskanzlers. 49 Prozent glauben, dass er seine Sache als Regierungschef eher gut macht, 45 Prozent stellen ihm dagegen ein schlechtes Zeugnis aus. „Dass Merz in der Außenpolitik eine gute Figur macht, hilft ihm nicht viel, denn die Themen Israel und Ukraine-Krieg rangieren bei den Menschen eher im hinteren Bereich“, so Wolf.

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen © mm

Dennoch haben die Deutschen dazu natürlich eine Meinung. Interessant dabei ist, dass Merz mit seiner Ankündigung eines Teil-Export-Stopps von Waffen an Israel auf eine breite Unterstützung in der Bevölkerung stößt. 83 Prozent begrüßen die Kanzlerentscheidung, die in seiner eigenen Fraktion ein mittleres Erdbeben ausgelöst hat. 62 Prozent meinen außerdem, dass Deutschland mehr Druck auf die israelische Regierung ausüben soll, damit der Krieg im Gazastreifen beendet werden kann. 76 Prozent halten das militärische Vorgehen Israels gegen die Hamas angesichts der hohen Zahl von Opfern in der palästinensischen Zivilbevölkerung für nicht gerechtfertigt. Und 60 Prozent würden die Anerkennung Palästinas als eigenständigen Staat begrüßen.

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Die Mannheimer Forschungsgruppe hat natürlich auch nachfragt, was sich die Deutschen vom Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlherrscher Wladimir Putin erhoffen. Die Erwartungen gehen praktisch gegen null. 82 Prozent glauben, dass Putin kein ernsthaftes Interesse an einer dauerhaften Waffenruhe hat. 84 Prozent trauen es Trump auch nicht zu, dass er diese bei dem Treffen durchsetzen kann. Gespalten sind die Menschen bei der Frage, ob die Ukraine auf einen Teil ihres von Russland besetzten Staatsgebiets verzichten sollte, wenn dadurch der Krieg beendet werden könnte. 42 Prozent unterstützen dies, 45 Prozent meinen, dass die Ukraine weiter für die Befreiung der Gebiete kämpfen sollte. Trump hatte im Vorfeld des Treffens einen Gebietsaustausch ins Spiel gebracht, der im Endeffekt auf Kosten der Ukraine gehen würde. Dass Nato-Generalsekretär Mark Rutte Gespräche über die ukrainischen Gebiete für unvermeidbar hält, spielt Putin natürlich in die Karten.

Bärbel Bas und Heidi Reichinnek neu im Ranking

Die Performance des deutschen Spitzenpersonals auf der internationalen und nationalen Bühne schlägt sich wie immer auch im Ranking der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker nieder. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zieht mit einem Popularitätswert von 2,1 weiter einsam seine Kreise auf der Spitzenposition. Zwei Politikerinnen sind neu in der Rangliste vertreten. Rang drei belegt Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) mit einem Wert von 0,5. Und dass Heidi Reichinnek (Linke) eine wichtige Figur geworden ist, haben inzwischen auch die Befragten bemerkt. Die Politikerin belegt mit minus 0,4 den sechsten Platz.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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