Das Wichtigste in Kürze
- Die Deutschen bewerten die Beziehungen zu den USA unter Trump als schlecht.
- Kanzler Merz zeigt bei Treffen in Washington diplomatische Zurückhaltung.
- Die Deutschen bevorzugen Diplomatie gegenüber Zöllen und schätzen die EU-Mitgliedschaft.
Mannheim. Uff. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat sein Treffen mit US-Präsident Donald Trump am Donnerstag unfallfrei überstanden. Das war nicht selbstverständlich, wenn man sich daran erinnert, wie Trump zum Beispiel den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj oder den südafrikanischen Staatschef Cyril Ramaphosa im Oval Office gegrillt hatte. Merz ließ Trump fast die ganze Zeit reden und sagte auch nichts, als der US-Präsident über Angela Merkel lästerte.
Das Treffen war für Merz ein Prestigeerfolg. Allerdings machen sich die Deutschen keine großen Illusionen über die Einflussmöglichkeiten der europäischen Staats- und Regierungschefs in solchen Gesprächen. 70 Prozent der Befragten im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen bezweifeln, dass die Treffen etwas bringen. Nur weniger als ein Drittel glaubt, dass das europäische Spitzenpersonal im Dialog mit Trump etwas ausrichten kann.
Das heißt aber nicht, dass die Menschen meinen, dass sich die EU einfach fügen soll. Im Gegenteil: „74 Prozent der Befragten meinen, man müsse Trump und seiner Politik eher mit Härte entgegentreten“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe. Merz hat ihrer Ansicht nach bei Trump die richtige Strategie angewendet. „Er ist nicht als Bittsteller aufgetreten und das hat dem US-Präsidenten offensichtlich gefallen.“ Trump habe Merz ja sogar als „schwierig“, aber als „großartigen Vertreter Deutschlands“ bezeichnet.
Was kann Friedrich Merz ausrichten?
Dass es - so Trump - „eine großartige Beziehung“ der USA zu Deutschland geben wird - daran glauben die Deutschen nicht. 73 Prozent bewerten das Verhältnis ähnlich schlecht wie schon während Trumps erster Amtszeit. „Als Joe Biden ins Weiße Haus einzog, dachten dagegen nur 21 Prozent der Befragten so. Das heißt, die Beurteilung der deutsch-amerikanischen Beziehungen steht und fällt mit der Person des US-Präsidenten“, sagt Wolf.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass auch Merz als Kanzler nach Meinung der Befragten wenig an diesem Meinungsbild ändern kann. 58 Prozent erwarten, dass sich die Beziehungen kaum verändern werden, 13 Prozent glauben sogar, dass das Verhältnis schlimmer wird.
Bei den Zöllen setzen die Deutschen auf Verhandlungen
Und wie soll die EU auf die US-Zollpolitik reagieren? Seit Mittwoch gelten ja deutlich erhöhte Zölle für Stahl und Aluminium, Trump hat auch für weitere europäische Produkte starke Erhöhungen angekündigt. „Zwar verlangen die Deutschen eher Härte im Umgang mit Trumps Politik. Aber bei den Zöllen will nur ein Drittel, dass die EU mit ebenfalls hohen Gegenzöllen zurückschlagen soll. Zwei Drittel meinen dagegen, die EU soll eine Lösung auf dem Verhandlungsweg suchen.“ Diplomatie statt Holzhammer lautet also der Auftrag an die Politik.
Während also die Deutschen mit den USA gegenwärtig keine schönen Gefühle verbinden, entdecken sie in diesen unsicheren Zeiten eine späte Liebe zur Europäischen Union. 57 Prozent sehen in der Mitgliedschaft „eher Vorteile“. Das war früher schon anders, als zum Beispiel der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder meinte, „die Hälfte der Gelder, die in Europa verbraten werden, zahlen die Deutschen“. Das stimmte zwar nicht, aber mit diesen populistischen Tönen konnte er bei den Menschen punkten.
Jetzt sorgen sich die Deutschen eher um die starken rechtspopulistischen Parteien in Europa, die für 77 Prozent der Befragten ein sehr großes oder großes Problem für die Zukunft der EU darstellen. Besonders stark ist diese Angst ausgeprägt bei der Anhängerschaft der Grünen (96 Prozent), den Sozialdemokraten (92) und der Linke (90).
Mit Blick auf die Ukraine sprechen sich 40 Prozent für eine stärkere militärische Unterstützung aus. 30 Prozent meinen, dass Europa das Level halten soll, 26 Prozent meinen, dass es das Engagement herunterfahren soll.
Mehrheit will Waffenlieferungen an Israel aussetzen
Ein klares Bild haben die Befragten beim Umgang mit Israel. Fast zwei Drittel wollen, dass Deutschland mehr politischen Druck auf Israel ausübt, um den Krieg im Gaza-Streifen zu beenden. Auch bei den Waffenlieferungen an die israelische Armee soll die Bundesregierung auf die Bremse treten. 77 Prozent sprechen sich für ein vorläufiges Aussetzen der Rüstungsexporte aus.
Auch in der aktuellen Umfrage hätte die neue Regierungskoalition aus Union und SPD mit ihren zusammen 42 Prozent (unverändert) keine Mehrheit, wenn bereits am Sonntag wieder Bundestagswahl wäre. Die Union legt einen Prozentpunkt zu, die SPD verliert einen. Anders als die abgewählte Ampel kommen Regierung und Kanzler bei ihrer Bewertung nach vier Wochen Amtszeit recht passabel weg. 54 Prozent bewerten die Arbeit von Schwarz-Rot positiv, dabei fällt die Einschätzung der zwei Koalitionspartner fast identisch aus. Beim Kanzler sind 58 Prozent der Meinung, dass er seinen Job eher gut macht. Mehrheitlich zufrieden sind außer dem Lager der Regierungsparteien auch die der Grünen und der SPD.
Dagegen fällt die Unterstützung für den „Wachstumsbooster“ eher gering aus. Die Befragten bezweifeln, dass die Steuerentlastungen für Unternehmen die Wirtschaft wirklich ankurbeln. 51 Prozent glauben nicht an den Erfolg dieser Maßnahmen.
In der Rangliste der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker sichern sich die Neulinge - also Außenminister Johannes Wadephul und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche gemessen an ihrer Popularität den dritten beziehungsweise vierten Platz. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) landet dagegen nur auf dem achten Rang. An der Spitze zieht Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weiter einsam seine Kreise.
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