Das Wichtigste in Kürze
- Die Mannheimer Umfrage zeigt wenig Unterstützung für Friedrich Merz als Kanzler in Deutschland.
- Viele Deutsche sehen wirtschaftliche Herausforderungen als dringendstes Thema für die Regierung.
- Eine Mehrheit fordert, dass Deutschland Trump mit Härte entgegentritt.
Mannheim. Am Dienstag dürfte eine der seltsamsten politischen Karrieren in Deutschland ihren Höhepunkt erreichen: Dreimal musste Friedrich Merz antreten, um sich Anfang 2022 das Amt des CDU-Parteichefs zu sichern, nachdem er sich jahrelang aus der Politik verabschiedet und ein überraschendes Comeback gestartet hatte.
Die Wahl zum Kanzlerkandidaten durch die Parteigremien erfolgte im September 2024 reibungsloser, die Parteigremien von CDU und CSU votierten einstimmig für ihn. Doch es gibt selbst nach dem Sieg bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar Zweifler in den eigenen Reihen, die dem Sauerländer das Amt des Bundeskanzlers nicht zutrauen, sich aber nicht trauen, das offen zu sagen.
Politbarometer: „Die SPD-Anhänger lehnen Merz ab“
Dennoch dürfte bei der anberaumten Wahl zum Kanzler am 6. Mai im Bundestag eigentlich nichts schiefgehen, rechnerisch hat Schwarz-Rot eine Mehrheit von zwölf Mandaten. Da sollte es dann aber schon gleich im ersten Wahlgang klappen, damit die Kanzlerschaft des CDU-Politikers nicht mit einer Fehlzündung beginnt.
Die Deutschen sehnen sich allerdings nicht gerade nach Merz als Kanzler, wie das aktuelle Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zeigt. Im Gegenteil, 56 Prozent der Befragten finden es nicht gut, wenn der CDU-Politiker Regierungschef wird.
Damit erhält ein Kanzler Merz deutlich weniger Zustimmung als eine von ihm geführte Koalition, die 48 Prozent befürworten. „Merz polarisiert sehr stark, vor allem die SPD-Anhänger lehnen ihn mit einer großen Mehrheit von 62 Prozent ab. Dagegen ist die Unterstützung für Merz in den eigenen Reihen mit 84 Prozent sehr groß“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen.
Interessant ist allerdings, dass die Bürgerinnen und Bürger bei der Frage, wie sie die Lösungskompetenz von Schwarz-Rot einschätzen, geteilter Meinung sind: 48 Prozent trauen der Union und der SPD zu, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme in Deutschland beisteuern könnten. 47 Prozent glauben dies nicht. Allerdings blicken die Anhängerinnen und Anhänger der Union (83 Prozent) und der SPD (72 Prozent) der schwarz-roten Bundesregierung recht zuversichtlich entgegen, während in allen anderen Anhängergruppen die Skepsis überwiegt. „Nachdem es in den vergangenen Wochen und Monaten eine gewisse Erleichterung darüber gegeben hatte, dass eine Regierungsbildung ohne die AfD möglich ist, nimmt die parteipolitische Polarisierung jetzt wieder zu“, so Jung. Die Erwartungen, dass die künftige Bundesregierung gut zusammenarbeiten wird, sind leicht gesunken. Vor drei Wochen meinten das noch 56 Prozent, jetzt sind es nur noch 51.
Wenn bereits am Sonntag schon wieder eine Bundestagswahl wäre, hätte Schwarz-Rot anders als jetzt im Parlament keine Mehrheit. Die Union legt in der Umfrage zwar um einen Prozentpunkt zu und kommt auf 27 Prozent. Die SPD (unverändert) stagniert aber bei 15 Prozent. Beide Parteien haben also im Vergleich zur Bundestagswahl zusammen fast drei Prozentpunkte eingebüßt. Und von einer großen Koalition kann man deshalb wirklich nicht mehr reden. Die AfD - die der Verfassungsschutz jetzt als gesichert rechtsextremistisch einstuft -, fällt auf 23 Prozent (minus eins). Die Grünen stehen bei elf Prozent (minus eins). Nichts getan hat sich bei der Linken (zehn Prozent), dem BSW (drei Prozent) und der FDP (vier Prozent).
Dass die nächste Bundesregierung liefern muss, wissen die Politiker von Union und SPD natürlich selbst. „Auch Olaf Scholz war als Kanzler in den Augen der Deutschen anfangs nur das geringere Übel. Doch nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs gewann er mit seiner Zeitenwende-Rede an Statur und Zustimmung“, sagt Jung, der aber auch weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger am Ende froh waren, dass Scholz und die Ampel abgewählt wurden.
Klar ist jedenfalls nach der Meinung der Deutschen, dass sich die Bundesregierung vorrangig um die Wirtschaftspolitik kümmern muss. Von den fünf zum Ranking vorgelegten Themenbereichen nennen mit 45 Prozent die meisten „Wirtschaft“ vor „Soziales“ (21), „Asyl/Flüchtlinge“ (zwölf), „Verteidigung“ und „Klimaschutz“ (jeweils zehn Prozent). „Das ist kein Wunder, die Mehrheit der Befragten weiß ja schon seit längerem, dass es mit der deutschen Wirtschaft eher abwärts geht, kaum jemand erwartet eine Erholung. Und jetzt wird die Lage auch noch durch Donald Trumps Zollpolitik verschärft“, so der Mannheimer Wahlforscher. Dabei traut etwas mehr als ein Drittel der Befragten die Lösung der Wirtschaftsprobleme eher der CDU/CSU zu. Bei der SPD sind es nur zehn Prozent. Die ökonomische Lage bewerten 39 Prozent als schlecht, 53 Prozent meinen, sie sei teils gut, teils schlecht. Eine Mehrheit von 52 Prozent meint, dass sich die Konjunktur sogar noch verschlechtern wird.
Mehrheit fordert harten Kurs gegen Trump
Ein Grund dafür ist natürlich auch die Zollpolitik des US-Präsidenten. Drei Viertel der Befragten meint, dass Deutschland Trump eher mit Härte entgegentreten sollte. Mit Ausnahme der AfD-Anhänger – dort sind es nur 42 Prozent – meinen jeweils große Mehrheiten in den anderen politischen Lagern, dass die Bundesregierung nicht auf die Forderungen Trumps eingehen sollen.
Sehr zwiespältig fällt die Meinung der Befragten aus, wenn es darum geht, ob die Ukraine den Verlust der von Russland besetzten Gebiete akzeptieren soll, wenn dadurch der Krieg beendet werden kann. 42 Prozent befürworten dies, 45 Prozent sind der Ansicht, dass die Ukraine weiter kämpfen soll. Die Anhängerinnen der AfD (84 Prozent) und des BSW (88 Prozent) plädieren für einen Gebietsverzicht. In den alten Bundesländern sind es 40 Prozent, in den neuen dagegen 52 Prozent.
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