Wiesbaden. Der Doppelhaushalt des Landes Hessen für die Jahre 2023 und 2024 steht ganz im Zeichen der Krise. Ob es wirklich bei den geplanten Ausgaben von rund 34 Milliarden Euro im kommenden und 35 Milliarden im übernächsten Jahr bleibt, hängt von vielen Unwägbarkeiten ab - dem Krieg in der Ukraine, den explodierenden Energiepreisen und dem noch nicht geklärten hessischen Beitrag für das Entlastungspaket des Bundes und die Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket. Dennoch halten Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und die zuständigen Minister daran fest: Hessen kehrt 2023 zur Schuldenbremse zurück und nimmt keine neuen Kredite mehr auf. Und im Jahr darauf soll sogar die Tilgung der Altschulden wiederaufgenommen werden, wenn auch zunächst nur in bescheidenem Ausmaß
„Klarer Kurs in unruhigen Zeiten“ überschreibt die schwarz-grüne Landesregierung das Vorhaben. Bei der Vorstellung des Zahlenwerks nennt Rhein am Freitag in Wiesbaden als Ziel, „den Menschen Halt zu geben“ und aufzuzeigen, „wie wir durch die Krise kommen“. Hessen sei bereit, sich an dem von der Ampelkoalition in Berlin präsentierten dritten Entlastungspaket und auch einer Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket zu beteiligen. „Wir wollen nichts blockieren“, versichert der Regierungschef auch mit Blick auf den grünen Koalitionspartner. Die Zustimmung knüpfe das Land aber an Bedingungen, fordert er mehr Geld vom Bund.
Da die Belastungen noch nicht beziffert werden könnten, sind sie den Angaben zufolge in dem hessischen Haushaltsentwurf auch noch nicht enthalten. Bis zur Verabschiedung des Etats im Januar 2023 sollen die Fraktionen durch entsprechende Änderungsanträge dann noch nachsteuern.
Ein weiteres Fragezeichen ergibt sich wohl noch aus dem Sozialgipfel, bei dem Landesregierung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbände am nächsten Freitag bereden wollen, was noch in Hessen getan werden muss, um soziale Härten vor allem bei einkommensschwachen Haushalten zu vermeiden. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) versichert, um aus der Krise zu kommen, wolle das Land in bestimmten Bereichen „klotzen und nicht kleckern“.
Finanzminister Michael Bodenberg (CDU) verkündet, erstmals würden im nächsten Jahr mehr als drei Milliarden Euro für Investitionen veranschlagt. Rhein nennt Klimaschutz, Bildung und Sicherheit als Schwerpunkte für die geplanten Ausgaben. Der Doppelhaushalt geht mit seiner Geltungsdauer bis Ende 2024 noch weit über die Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres und auch die Konstituierung des neugewählten Landesparlaments im Januar 2024 hinaus.
Die Schuldenaufnahme von 987 Millionen Euro im Vorjahr wird darin 2023 wieder auf Null zurückgeführt, und 2024 solle mit einer Schuldentilgung von zunächst 110 Millionen begonnen werden. Dennoch werden dem Haushaltsplan zufolge allein 1,8 Milliarden Euro in den Klimaschutz investiert. 4000 neue Stellen sind in den Schulen vorgesehen sowie 447 in der Justiz. Einmalig 15 Millionen Euro zusätzlich sieht der Etat kommendes Jahr für den Katastrophenschutz vor. Zur Bekämpfung der Kinderpornografie sind 50 neue Stellen eingeplant. Die Mittel für die Krankenhausfinanzierung werden in dem Doppelhaushalt auf insgesamt über eine Milliarde aufgestockt.
Al-Wazir kündigte auch eine weitere Erhöhung des Sozialbudgets sowie mehr Geld für Verbraucher-, Schuldner- und Energieberatung an. „Natürlich werden wir aus Wiesbaden heraus nicht alle Probleme lösen können“, räumt er ein. Der Erfolg staatlicher Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft in der Corona-Pandemie könne aber Zuversicht geben, dass dies auch im Kampf gegen die Folgen der durch den russischen Einmarsch in der Ukraine ausgelösten Energiekrise gelinge.
Die Opposition lässt indes kein gutes Haar an dem Haushaltsplan. SPD-Mann Marius Weiß nennt es unbegreiflich, dass trotz eines signifikanten Steuersegens das Geld für die Beteiligung am Entlastungspaket des Bundes noch nicht eingepreist sei. Jan Schalauske von der Linken vermisst Geld für einen Notfallhärtefonds, Marion Schardt-Sauer von der FDP wiederum Maßnahmen zum Kampf gegen die Inflation.
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