Zwingenberg. Offiziell heißt das Projekt „Bergsträßer Reben- und Blütenhang“: Ziel der Zwingenberger Flurbereinigung sind die langfristige Sicherstellung einer über viele Jahrzehnte entstandenen Kulturlandschaft, die Erhaltung des Weinbaus, die Förderung des Fremdenverkehrs und die Sicherstellung der ökologischen Vielfalt im Mikrokosmos Weinberg.
Nach etwa zehn Jahren der Planung und Vorbereitung wurde der sogenannte Luciberg im März 2021 zur Großbaustelle. Auf dem rund elf Hektar großen und 120 Flurstücke umfassenden Areal in der Lage „Alte Burg“ wurden Weinbergsflächen neu zugeschnitten und terrassiert, naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen angelegt und Wege neu gebaut beziehungsweise vorhandene Strecken instandgesetzt. Das Verfahren sei weit vorangeschritten, sagte Thomas Knöll in Zwingenberg.
Dennoch will der Leiter des für das Projekt zuständigen Amts für Bodenmanagement und Geoinformation in Heppenheim den zeitlichen Verzug des Gesamtprozesses nicht verschweigen. Ursprünglich sollten die Maßnahmen bereits Ende 2019 abgeschlossen sein. Doch sei es jetzt nicht mehr weit bis zum Abschluss, man befinde sich gleichsam auf den letzten Metern der Zielgeraden.
Kulturlandschaft bewahren
Bei einem kleinen Fest im Weinberg feierte die aus den Grundstückseigentümern gebildete Teilnehmergemeinschaft gemeinsam mit Planern, Grundstückseigentümern und Lokalpolitikern den Zwischenstand des Verfahrens. Darunter auch Projektleiter Jörg Ritter und Bodenordner Erich Janssen (Amt für Bodenmanagement) sowie die Landschaftsplanerin Marita Möllenkamp und Mitglieder des Landschaftspflegevereins „Alte Burg“.
Bürgermeister Holger Habich, der gleichzeitig Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft ist, verwies auf den Beginn der Flurbereinigung, der auch von Kritik begleitet war: „Viele äußerten damals Bedenken!“ Doch der Fortgang und das sichtbare Ergebnis in dieser sehr exponierten Zwingenberger Kulturlandschaft gebe den Akteuren Recht, die sich gemeinsam für eine Aufwertung dieses Bereichs stark gemacht hatten und dies noch immer tun.
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Noch 2017 war etwa die Hälfte der dortigen Flächen verbuscht, weitere Teilbereiche waren abgängig. Durch die Flurbereinigung sollte der ursprüngliche Charakter wiederhergestellt und eine Bewirtschaftung durch die hiesigen Winzer dauerhaft gewährleistet werden, so Habich, der ausdrücklich auch die Weinbauern vor Ort begrüßte.
Eine Premiere an der Hessischen Bergstraße
Neben Johannes Bürkle und Dagmar Simon (Simon-Bürkle), Jan Faber („Weinfieber“) und Jannik Jährling (Feligreno) war auch Sebastian Kühnert vom gleichnamigen Betrieb in Alsbach dabei. Die Veränderungen in den letzten zweieinhalb Jahren sind gewaltig. Nach der Rodung der Flächen wurden die Wingerte teilweise als Querterrassen, teilweise auch längs zur Hangneigung angeordnet. Außerdem wurden Wege erneuert, ökologische Kompensationsflächen angelegt und eine Bewässerungsanlage installiert.
Eine Premiere an der Hessischen Bergstraße. Mit einer Tröpfchenbewässerung will man auf die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre mit ihren heißen und trockenen Sommern reagieren und den Weinbau für die Zukunft sichern. Dafür wird ein Teil des Wassers aus den drei lokalen Quellen in den Hanglagen über eine nahe Pumpstation zu den Rebstöcken transportiert.
Pro Jahr sollen auf diese Weise bis zu 2000 Kubikmeter in den Wingert fließen. Und das bevorzugt während der Vegetationsphase zwischen April und Juni. Auch für die Bewässerung wurden Fördermittel in Höhe von 75 Prozent gewährt. Die verbleibenden 25 Prozent übernimmt die Teilnehmergemeinschaft.
Kunst und Ökologie im Weinberg
Die Verteilerkästen sollen perspektivisch mit wechselnden Künstler-Motiven verschönert werden und so eine „Galerie im Weinberg“ entstehen, wie Marita Möllenkamp verrät, die den weiteren Prozess bis ins Finale begleiten wird. Dafür arbeitet man mit dem Förderkreis Kunst und Kultur Zwingenberg zusammen.
Neben den wirtschaftlichen spielten bei der Flurbereinigung von Beginn an auch ökologische Belange eine prominente Rolle. Dazu gehören auch die Planung einer Streuobstwiese im Bereich der Luciberghütte und die Sanierung von Trockenmauern – beides Maßnahmen, die ab 2024 angegangen werden sollen.
Die Wiese soll heimischen Insektenarten ein reiches Buffet bieten, die Mauern ermöglichen vielen Tieren Nahrung und dienen ihnen als wertvolle Rückzugs- und Brutplätze. Entscheidend für eine hohe Biodiversität im Weinberg sind verschiedene Biotopflächen nebeneinander statt einer gleichförmigen Monokultur.
Stadt steuert 130 000 Euro bei
2025 soll das Projekt spätestens abgeschlossen werden, heißt es aus dem Amt für Bodenmanagement. Dann werden insgesamt rund 1,7 Millionen Euro in den Luciberg investiert worden sein. Von der 25-prozentigen Eigenleistung der Teilnehmergemeinschaft übernimmt die Stadt 130.000 Euro gemäß Parlamentsbeschluss.
Wie Thomas Knöll im Weinberg mitteilte, habe Wiesbaden jüngst auch der Finanzierung der restlichen Einzelmaßnahmen grünes Licht erteilt. „Ein solches Verfahren steht und fällt mit dem Engagement der Teilnehmergemeinschaft“, sagte Knöll. In Zwingenberg erlebe man eine vorbildliche Art der Zusammenarbeit.
Am Samstag wurde zudem deutlich, dass man auch gemeinsam feiern kann. Bei Zwingenberger Weinen und handfesten Leckereien genossen alle Beteiligten das bisher Erreichte. Ein kurzzeitiger Sprühregen hat der Laune nicht geschadet.
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