Zwingenberg. Frohe Kunde ist im Zwingenberger Rathaus eingetroffen: Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt hat den Antrag der Stadt, ihr neue Wasserrechte zu erteilen, genehmigt. Wie Erste Stadträtin Karin Rettig und Bauamtsleiter Eduard Reinhardt jetzt anlässlich der Sitzungsrunde der parlamentarischen Fachausschüsse mitteilten, hat die beim RP angesiedelte Obere Wasserbehörde die Förderung von jährlich 140.000 Kubikmetern Trinkwasser „gebilligt“ und die von weiteren 35.000 Kubikmetern pro Jahr „erlaubt“. Die Förderdauer beträgt 30 Jahre.
Gewünschte Fördermenge
Wie Eduard Reinhardt erläuterte, hat es mit der Unterscheidung von „gebilligt“ und „erlaubt“ folgende Bewandtnis: Die „Billigung“ gewährt der Kommune das unabänderliche Recht, pro Jahr tatsächlich bis zu 140.000 Kubikmeter Trinkwasser zu fördern. „Die Erlaubnis wiederum wirkt etwas schwächer: Wenn beispielsweise der Trinkwasserspiegel in der Region zu stark absinkt, dann kann dieses Förderrecht auch wieder entzogen werden.“ Insgesamt darf die Stadt sich aber zunächst einmal über neue Wasserrechte in Höhe von 175.000 Kubikmetern freuen. Damit hat die Obere Behörde dem Antrag der Kommune exakt in der gewünschten Höhe entsprochen.
Das Antragsverfahren war notwendig geworden, weil das Recht der Stadt Zwingenberg, aus eigenen Quellen und Brunnen Trinkwasser zu fördern – die sogenannte wasserrechtliche Genehmigung - bis zum Ende des Jahres 2023 befristet war. In der Stadtverordnetenversammlung herrschte jedoch Einigkeit darüber: Die Kommune darf auf ihre Wasserrechte nicht verzichten. Im Sommer des Jahres 2021 wurde daher einstimmig beschlossen, beim Regierungspräsidium Darmstadt „eine neue wasserrechtliche Bewilligung zur Versorgung der Kernstadt aus dem bestehenden Brunnen I zu beantragen“.
Nach diesem Grundsatzbeschluss hatte der Magistrat den Energieversorger GGEW AG in Bensheim – er verantwortet im Auftrag der Stadt Zwingenberg deren Wasserversorgung -damit beauftragt, die nötigen Vorbereitungen für den Wasserrechtsantrag zu treffen. Dabei arbeitete die GGEW mit einem externen Dienstleister – dem Darmstädter Planungsbüro BGS Umwelt – zusammen. Der Entwurf des Antrags auf Erteilung einer neuen wasserrechtliche Genehmigung wurde dann im Rahmen einer Antragskonferenz unter Leitung des RP mit allen zu beteiligenden Akteuren abgestimmt und dann im ersten Quartal 2023 der Oberen Wasserbehörde zur Genehmigung vorgelegt.
Mit Wasser der Riedgruppe Ost gemischt
Die bis Ende 2023 und anschließend im Rahmen einer Übergangsregelung bestehende Genehmigung billigte der Stadt zu, aus ihren zwei Brunnen pro Jahr 150.000 Kubikmeter und aus drei Quellen 60.000 Kubikmeter, insgesamt aber höchstens 160.000 Kubikmeter Wasser zu entnehmen. Allerdings bildete diese Genehmigung längst nicht mehr die Realität ab: Von den beiden Brunnen ist nur noch einer am Netz, der andere ist seit Jahrzehnten nicht mehr funktionstüchtig. Und die drei Quellen sind ebenfalls seit Jahren vom Netz abgekoppelt, weil sich ihr Wasser nicht mehr als Trinkwasser eignet.
Auch der noch in Betrieb befindliche Brunnen bereitet Probleme: Nach einer sogenannten Ertüchtigung der Anlage sind die Eisen- und Manganwerte zu hoch. Sozusagen „genießbar“ ist das Wasser nur, weil es ohnehin mit Wasser des Wasserbeschaffungsverbands Riedgruppe Ost gemischt wird.
Eben diese Mischwasserversorgung aus 50 Prozent eigenem Wasser und 50 Prozent Riedwasser soll auch künftig beibehalten werden. Um die wegen der Eisen- und Manganbelastung jedoch immer wieder gedrosselte Wasserentnahme aus Brunnen wieder steigern zu können, beinhaltet der Grundsatzbeschluss der Stadtverordneten vom Sommer 2021 nicht nur die Erneuerung des Wasserrechts, sondern auch die Prüfung der Installation einer Wasseraufbereitungsanlage. Mit ihr will man die Eisen- und Manganwerte in den Griff bekommen.
Wie der mittlerweile aus dem Amt geschiedene Rathauschef Holger Habich seinerzeit erläuterte, werde die Stadt allerdings zusätzlich zur Installation einer Wasseraufbereitungsanlage nicht umhinkommen, den Brunnen erneut zu ertüchtigen oder einen Ersatzbrunnen zu bauen. Auch darüber besteht Einigkeit: Kann die vorhandene Wassergewinnungsanlage nicht mehr fit gemacht werden, dann wird in direkter Nachbarschaft ein Ersatzbrunnen errichtet.
Rodau erhält Trinkwasser aus dem Jägersburger Wald
Für die Installation der Anlage zur Reduzierung des Mangan- und Eisenanteils steht im Haushaltsplanentwurf für das laufende Jahr ein Budget von 25.000 Euro sowie für das nächste Jahr ein Ansatz von 451.000 Euro zur Verfügung. Für die Sanierung beziehungsweise den Neubau des Trinkwasserbrunnens sind 15.000 Euro in 2025 sowie 390.000 Euro in 2026 eingeplant. Zum Zeitpunkt der Aufstellung des Etats für das laufende Jahr lag die wasserrechtliche Genehmigung allerdings noch nicht vor, eventuell stellen die Gremien kommunaler Selbstverwaltung nun die Weichen für den zeitlichen Ablauf neu.
Die Bürger des Stadtteils Rodau sind übrigens von allen diesen Themen nicht wirklich betroffen: Der einzige Zwingenberger Ortsteil ist Gründungsmitglied des Wasserbeschaffungsverbands Riedgruppe Ost und wird seit mehr als einem halben Jahrhundert mit Wasser aus dem Jägersburger Wald vollversorgt.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg_artikel,-zwingenberg-trinkwasser-wasserrechte-hintergruende-_arid,2284095.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg.html