Der Segen gehört zur Kirche. Stellen Sie sich einen Gottesdienst ohne Segen vor, ohne die ausgebreiteten Arme, die Hände nach vorne offen, den Menschen zugewandt und die Worte „Gott segne dich und behüte dich…“. Da fehlt etwas Wesentliches. Ich habe mal von einer Gottesdienstbesucherin gelesen, die zum Pfarrer sagte: „Herr Pfarrer, der Segen ist im Gottesdienst für mich das Wichtigste. Den nehme ich mit nach Hause.“ Das kann auch Jüngeren so gehen. „Halt’s Maul, jetzt kommt der Segen…“ heißt ein Buch mit dem Untertitel: „Kinder auf der Schattenseite des Lebens fragen nach Gott.“
Andererseits wirkt der Segen altertümlich, irgendwie aus der Zeit gefallen. Was soll mir das bringen: Ein paar Worte, gerade dann, wenn ich auf der Schattenseite des Lebens stehe oder wenn ein schweres Ereignis wie ein Schatten auf mein Leben fällt?
Durch unsere Hände, aber von Gott
Worte haben zwei Seiten: Sie können wie Schall und Rauch verpuffen oder sie können eine durchschlagende Wirkung haben. Das erleben wir, wenn verletzende Worte uns ins Mark treffen. Oder wenn wertschätzende Worte uns innerlich aufrichten und größer werden lassen. Beim Segen kommt noch etwas hinzu. Der den Segen spricht, ist nicht der, von dem er kommt. „Es geht durch unsere Hände, kommt aber her von Gott“ dichtet Matthias Claudius.
Der Segen hat seinen Platz nicht nur im Gottesdienst. Bei den Seelsorge-Gesprächen der psychiatrischen Klinik, in der ich arbeite, steht der Segen oft am Ende einer längeren Begleitung. Vertrauen ist gewachsen im Laufe der Zeit, vieles ist ausgesprochen worden über das Schwere im Leben, Tränen konnten fließen und auch ein befreiendes Lachen hatte seinen Platz.
Am Ende der Zeit frage ich, wenn es mir passend erscheint, ob mein Gegenüber möchte, dass ich ihm einen Segen zuspreche. Dann suchen wir im Raum der Stille einen schönen Platz, vielleicht vor dem Altar oder dort, wo Licht hinfällt. Wir besprechen, wo ich stehen soll und ob ich eine Hand auflegen soll, vielleicht auf die Schulter, den Rücken oder die Stirn. In meine Worte fließt das ein, was wir im Laufe der Wochen besprochen haben, was die Lasten sind und was die Hoffnung.
So entsteht ein ganz persönlicher einzigartiger Segen. Es ist ein besonderer und berührender Moment, der Platz lässt für das, was nicht sagbar ist, und Raum gibt für das Wirken von etwas, das größer ist als wir selbst. Ein segensreicher Moment der Begegnung zwischen zwei Menschen und zwischen Gott und Mensch.
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