Straßenverkauf

Der Rodauer „Eier-Maddin“ absolvierte seine letzte Tour

Der Rodauer Landwirt Martin Rechel fährt seine Waren nicht mehr in Zwingenberg aus. Es ist das Ende einer jahrzehntelangen Familientradition.

Von 
Michael Ränker
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Unser Bild entstand in der Karlstraße bei der letzten Tour von Martin Rechel (li.) und zeigt ihn zusammen mit Kundin Andrea Lutzi. © Michael. Ränker

Zwingenberg. Nach ihm konnte man (fast) die Uhr stellen: Am frühen Samstagnachmittag, meistens gegen 13 Uhr, erreichte er beispielsweise den Anfang der Karlstraße und hupte zweimal – das Startsignal für die Nachbarschaft, aus den Häusern zu eilen und beim „Eier-Maddin“ nicht nur frische Hühnereier, sondern auch Zwiebeln, Kartoffeln, Nudeln, Speiseöl, Fleisch- und Wurstwaren und anderes mehr zu erwerben. Am Samstag vor Weihnachten fuhr der Rodauer Landwirt Martin Rechel allerdings seine letzte Tour durch die Straßen von Zwingenberg – und beendete damit eine jahrzehntelange (Familien-)Tradition: Wann seine Großmutter Luise mit der Direktvermarktung von Bauernhof-Produkten aus „Rorre“ in Zwingenberg begonnen hat, das kann ihr Enkel Martin nicht genau beziffern, aber es muss zeitnah nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen sein, als seine Oma sich einmal in der Woche auf den Weg gemacht hat.

Damals war Rodau noch selbstständig, erst die Gemeindegebietsreform in den 1970er-Jahren machte das Dorf zum (einzigen) Ortsteil von Zwingenberg und bewahrte die Stadt vor der Eingemeindung nach Bensheim. Ein altes Schwarz-Weiß-Bild, das Martin Rechel aus Anlass seiner letzten Tour dabei hatte, zeigt Oma Luise auf dem Zwingenberger Marktplatz mit einer Steige Eier in den Händen vor einem Traktor.

Schon als Schulbub dabei

1963 kam Luise Rechel bei einem Verkehrsunfall ums Leben – sie war wieder einmal auf dem Weg von Rodau nach Zwingenberg. Martin Rechels Vater Georg übernahm die Vollerwerbslandwirtschaft und gemeinsam mit seiner Frau Erna auch die Direktvermarktung. „Viele meiner heutigen Kunden kennen mich noch als Schulbub, denn ich war bei den Touren immer mal wieder dabei“, erinnert sich Martin Rechel. 1990 stieg er dann in den Betrieb ein und setzte die Zwingenberg-Touren fort.

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Michael Ränker
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Gemeinsam mit seiner Frau Martina baute er über die Jahre hinweg die Direktvermarktung aus, an der Hauptstraße 5 in Rodau betreiben die Rechels ihren Hofladen. Daran ändert sich auch nichts, wenngleich mit den Touren – zum Leidwesen vieler Kunden – nun Schluss ist. „Da sind auch Tränen geflossen“, weiß Martin Rechel, dass er für viele Menschen nicht nur Versorger mit Grundnahrungsmitteln, sondern auch ein wichtiger Gesprächspartner war. „Aber man wird ja selbst auch nicht jünger.“

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