Zwingenberg. Jetzt endlich ist sie da! Vor gut einem Jahr musste Ulla Meinecke ihren Auftritt im Mobile-Theater krankheitsbedingt absagen. Dieses Mal hat`s geklappt, auch wenn die Sängerin mit der unverkennbaren Stimme und den unvergesslichen Texten stark erkältet ist. Was soll`s.
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Der Gewölbekeller war brechend voll – und viele der Besucher hatten ihre teilweise schon 2022 gekauften Tickets behalten und outeten sich als eingefleischte und textsichere Fans. Und die Sängerin, die soviel mehr als „nur“ eine Interpretin ist, die drei Bücher geschrieben hat und gerade am vierten sitzt, die als Schauspielerin auf der Bühne gestanden und Erfolge gefeiert hat, war bestens aufgelegt und in Form.
Ulla Meinecke verbrachte ihren 70. Geburtstag auf dem Amt
Im vergangenen Jahr ist Ulla Meinecke 70 geworden und hat nichts von ihrem Charisma und ihrer Ausstrahlung eingebüßt. Auch typisch für sie: an ihrem Geburtstag hat sie ihr Telefon abgestellt, ihre Wohnung aufgeräumt, gleich ein bisschen ausgemistet und ist „aufs Amt nach Marzahn“ gefahren. Mit ihrem Programm „Das würde ich im Film nie glauben….-Songs und Geschichten“ – begleitet von Reimar Henschke am Keyboard – rockt sie den Gewölbekeller.
Es passt zu ihr, dass sie gleich zu Beginn darum bittet, mehr Licht im Saal zu machen „weil ich die Menschen sehen möchte.“ Und kurz darauf verrät sie, warum ihr die Kapitänsmütze, die sie oft bei ihren Auftritten trägt, geholfen hat, während Corona die „Fassung zu bewahren, weil man sich mit der Mütze auf den Kopf einfach nicht hängen lassen kann“.
Liebe und Sehnsucht sind Ulla Meineckes große Themen
Ihre ersten großen Erfolge feierte die Dichterin und deutsche Pop-Ikone, die die Frankfurter Allgemeine anlässlich ihres runden Geburtstags in einem Artikel als „Trauminterpretin einer ganzen Generation“ bezeichnet hat, in den achtziger Jahren. Heute sind ihre Texte, von denen sie die allermeisten selbst geschrieben hat, noch genau so aktuell, treffsicher, wunderschön und manches Mal ein bisschen melancholisch – ohne bitteren Unterton – wie zu Beginn ihrer Karriere.
Dass viele ihrer Songs von der Liebe und der Sehnsucht nach Liebe („Wir passen nicht zusammen, doch der Liebe ist es ganz egal. Sehnsucht und Lust sagen na und“), von Beziehungen und Verletzungen handeln („Liebe ich dich zu leise. Ich wollte Ebbe oder Flut, Asche oder Glut und kein Vielleicht“), hört man manches Mal erst nach und nach heraus. Ihr nicht ganz ernst gemeinte Übertreibung, „ich bin zu alt fürs Showgeschäft“, nimmt ihr sowieso niemand ab.
Ulla Meinecke hat von ihrer klaren Haltung und ihrer Abneigung gegen Intoleranz, die sie in ihren Texten in persönliche Geschichten packt, nichts eingebüßt.
Lyrische Songs, die eine ganze Menge über Ulla Meinecke erzählen
Die leise Aktivistin mit der sanften, dunklen Stimme singt in ihren Texten auf ironische Weise und mit der ihr eigenen, poetischen Sprache von den kleinen Dingen des Lebens, die nicht immer in einem Wunschkonzert enden („Wir passen nicht zusammen“).
Und sie erzählt zwischen ihren lyrischen Songs eine ganze Menge von sich. Beispielsweise von ihrem Lieblingsbuch „Die Abenteuer des Tom Sawyer“, von ihrem Frauenbild, das so gar nicht mit Toms Freundin Becky Thatcher („klein, blond und hilflos“) übereinstimmt, von ihrer Schwärmerei über so seltsame Tiere wie Fetzenfische und Schabrackentapire, von ihrer Abneigung dem Zirkus gegenüber und dass es mit dem Glauben trotz „ katholischer Kölscher Oma“ nicht geklappt hat („gekämpft aber verloren“).
Die Anekdoten der im hessischen Usingen geborenen Interpretin sind jeweils der perfekte Übergang zu ihren Liedern und denen ihrer früheren Weggefährten wie Udo Lindenberg („Nichts haut einen Seemann um“) und dem unvergessenen Rio Reiser („Bye, bye Junimond – Die Welt schaut rauf zu meinem Fenster“). Tobias Künzel von den „Prinzen“ hat für sie die Musik für „Der Mann im Mond ist ein Mädchen“ komponiert.
Und natürlich kam die Künstlerin nicht umhin als heftig geforderte Zugabe und am Ende eines wunderbaren Abends ihren größten Hit „Die Tänzerin“ zu performen. Der Applaus des begeisterten Publikums war ihr sicher.
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