Kultursommer Südhessen

Kammermusik-Nachwuchs von Format in Zwingenberg

Starke Eindrücke hinterließen zwei herausragende deutsche Geigerinnen.

Von 
Klaus Ross
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Im Diefenbachsaal glänzte das Radix-Trio mit Lease Han (Violine), Taek Gi Lee (Klavier) und Chien-Ju Yang (Cello). Das Ensemble ist in diesem Jahr Teilnehmer beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb in München. © Thomas Neu

Zwingenberg. Traditionstermin für den internationalen Kammermusik-Nachwuchs beim Kultursommer Südhessen: Die von dem Essener Violinprofessor Jacek Klimkiewicz geleitete und von einem namhaften Dozententeam getragene Sommerakademie Schloss Heiligenberg erlebte in den ersten beiden August-Wochen bereits ihre 20. Auflage. Veranstaltungsort war neben dem Zentrum in Seeheim-Jugenheim (fünf Abendkonzerte) auch wieder der Zwingenberger Diefenbachsaal, der für zusätzliche Proben und zwei Matineen genutzt wurde.

Ein Dutzend der rund 30 meist asiatischen Teilnehmer gaben hier mit bekannten Werken von Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, Schumann und Brahms Kostproben ihres vertieften musikalischen Könnens. Darunter befand sich mit dem aus Südkorea und Taiwan stammenden Radix-Trio sogar ein Ensemble, das die begehrte Zulassung zum diesjährigen Münchner ARD-Wettbewerb geschafft hat.

Gestalterische Eleganz

Starke Eindrücke hinterließen zwei herausragende deutsche Geigerinnen: Katja Friedrich gefiel in Allemande und Sarabande aus Bachs d-moll-Solopartita BWV 1004 durch enorme gestalterische wie klangliche Eleganz, Charlotte Sosa im wunderbaren langsamen Satz aus Beethovens G-Dur-Sonate opus 96 durch feine lyrische Verinnerlichung (bestens unterstützt durch die gewohnt souveräne Akademiepianistin Gulnora Alimova).

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Ähnliche künstlerische Reife bewies Karla Mejias aus Venezuela im bei aller Leidenschaft sehr kultiviert gespielten Eröffnungssatz der farbintensiven Brahms-Sonate d-moll opus 108 (Klavier: Dozentin Catherine Vickers). Komplettiert wurde das geigerische Aufgebot durch die Japanerin Hanon Inatomi, die den Kopfsatz von Mozarts A-Dur-Konzert KV 219 mit hoher Präzision meisterte (Klavier: Korrepetitorin Hye Rim Ma).

Fabelhafte Wiedergabe

Wie attraktiv Bachs solistische Cellomusik auch auf der Bratsche klingen kann, machte die Chinesin Pai Pang mit ihrer fabelhaft geschmeidigen Wiedergabe des energiegeladenen Präludiums der sechsten Suite BWV 1012 deutlich – eine weitere Spitzenleistung auf anspruchsvollstem Terrain.

Pianistisches Haydn-Vergnügen bescherte neben der Japanerin Sayoko Fukazu (Sonaten-Kopfsatz C-Dur Hob. XVI: 48) vor allem die Koreanerin Goeun Lee, deren detailfreudige Interpretation der späten Es-Dur-Sonate Hob. XVI: 49 nicht nur im gesanglich fließenden B-Dur-Adagio viel Gefühl für den individuellen Ton dieses Wiener Klassikers bezeugte.

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Ein Musterbeispiel für das inspirierte Zusammenwirken von Teilnehmern und Dozenten bei der Sommerakademie war der schwärmerische Eingangssatz aus Beethovens B-Dur-Trio opus 97, in dem der famose chinesische Cellist Xu Guo als ungemein klangsensibler Partner von Jacek Klimkiewicz (Violine) und Catherine Vickers (Klavier) hervortrat.

Trefflich integriert zeigte sich auch die japanische Bratschistin Mariko Inoue an der Seite von Hye Rim Ma (Klavier), Jacek Klimkiewicz (1. Violine), Johannes Heldt (2. Violine) und Sebastian Hennemann (Violoncello) im zündenden „Allegro brillante“ aus Schumanns Es-Dur-Klavierquintett opus 44.

Glänzende Harmonie

Besonders in Erinnerung bleiben wird aber fraglos das glänzend harmonierende Radix-Trio, dessen staunenswert abgerundete Darbietung von Mozarts effektvollem B-Dur-Dreisätzer KV 502 höchsten klanglichen und stilistischen Ansprüchen genügte.

Trotz großer Konkurrenz (18 weitere Ensembles) sollten der Pianist Taek Gi Lee, die ebenfalls in Südkorea beheimatete Geigerin Lease Han und die Cellistin Chien-Ju Yang aus Taiwan damit auch beim ARD-Wettbewerb Anfang September durchaus punkten können. Schade war nur, dass beide Matineen wegen der sehr kurzfristigen Terminierung nur vor kleinem Publikum stattfanden.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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