Kommunalpolitik

Rückwirkend nicht mehr Geld für „Interims-Bürgermeisterin“

Höhere Vergütung für Zwingenbergs Erste Stadträtin Karin Rettig nach Neuregelung der Entschädigungssatzung ab 1. März. Pauschale lag bisher bei 25 Euro pro Tag

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Michael Ränker
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Nach dem Ausscheiden von Bürgermeister Holger Habich leitete der Magistrat unter Vorsitz von Erster Stadträtin Karin Rettig (sitzend) vier Monate lang die Regierungsgeschäfte in Zwingenberg. © Michael Ränker

Zwingenberg. Aus der guten Absicht, die Zwingenberger „Interims-Bürgermeisterin“ Karin Rettig als Langzeit-Vertretung des vorzeitig aus dem Amt geschiedenen Rathauschefs Holger Habich fair zu bezahlen, wird nun doch nichts werden:

Weil eine Satzung ihre Rechtskraft nämlich nicht so ohne Weiteres rückwirkend entfalten kann, gelten die entsprechenden Neuregelungen der in den vergangenen Wochen überarbeiteten Entschädigungssatzung nicht - wie zunächst geplant - für den gesamten Vertretungszeitraum, sondern erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Satzung Rechtskraft erlangt hat. Und eben das ist der 1. März dieses Jahres. Die Novellierung gilt also erstmals für den laufenden Monat März.

Geringer als Mindestlohn

Eben dieser Monat März wird zugleich aber auch der letzte Monat sein, in dem die ehrenamtliche Erste Stadträtin als Stellvertreterin des Bürgermeisters fungiert: Am 20. März wird Habich-Nachfolger Sebastian Clever seinen Amtseid ablegen, um am 1. April als hauptamtlicher Rathauschef seinen Dienst anzutreten. Für die Monate Dezember 2024 sowie Januar und Februar 2025, in denen Frau Rettig an der Spitze des Magistrats die Geschäfte im Rathaus geführt hat und das „Gesicht“ Zwingenbergs bei etlichen Terminen war, gilt noch die alte Satzung.

Und die sieht für den Fall, dass ehrenamtliche Stadträte als Vertretung für den hauptamtlichen Bürgermeister einspringen, eine Pauschale von gerade einmal 25 Euro pro Tag vor. Das entspricht nicht einmal dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn.

Ehrenamtliche nun besser gestellt

Die neue Regelung stellt die Ehrenamtlichen künftig besser, wie es auch der fraktionsübergreifende Wille des höchsten Beschlussgremiums ist: Vertritt ein ehrenamtlicher Stadtrat den Bürgermeister, so erhält er für jeden Tag der Vertretung neben dem Ersatz des Verdienstausfalles, der Fahrtkosten und der Aufwandsentschädigung eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von 30 Euro pro Tag bei einer Vertretung von bis zu vier Tagen pro Monat. 60 Euro pro Tag sind es bei einer Vertretung von mehr als fünf Tagen pro Monat. Und 120 Euro pro Tag bei einer Vertretung von mehr als zehn Tagen pro Monat.

Die Entschädigungssatzung in der bisherigen Form war für den Fall gedacht, dass ein Ehrenamtlicher den Hauptamtlichen kurzzeitig in dessen Urlaub oder im Krankheitsfall vertritt. Längerfristige Vertretungen hatten die Verfasser der vor 25 Jahren erstmals in Kraft getretenen Satzung nicht im Blick, obwohl es sie auch früher schon gab: Die ehrenamtliche Stadträtin Annelore Knecht (CDU) war über Monate hinweg Vertretung für den erkrankten Bürgermeister Dieter Kullak.

Im Dezember 2024 hatten die Sozialdemokraten angesichts des Langzeit-Einsatzes von Karin Rettig (FDP) die Initiative ergriffen, die Erste Stadträtin „angemessen“ zu entlohnen. Schließlich handele es „um eine vollumfängliche Ausübung des Bürgermeisteramtes über einen durchgehenden Zeitraum von mehr als drei Monaten“, so SPD-Fraktionsvorsitzende Regina Nethe-Jaenchen seinerzeit bei der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. Die Sozialdemokraten wollten den Magistrat daher auffordern, der Ersten Stadträtin auf Basis der in Hessen geltenden „Verordnung über die Aufwandsentschädigung und den Ehrensold der ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und ehrenamtlichen Bürgermeister“ (EhrBürgMEhrensoldV) eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.500 Euro zu bezahlen.

Die CDU-Fraktion konnte dem inhaltlich durchaus beipflichten, hatte aber Bedenken, dass der von der SPD vorgeschlagene Weg, mit einer Höherdotierung kurzerhand den Magistrat zu beauftragen und dazu die Regelung der „EhrBürgMEhrensoldV“ anzuwenden, rechtssicher ist.

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Michael Ränker
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CDU-Stadtverordneter Sebastian Clever hielt die Initiative der Sozialdemokraten „grundsätzlich für die richtige Idee“. Die Erste Stadträtin müsse schließlich „einen erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand“ betreiben und übernehme ja nicht nur repräsentative Aufgaben, sondern trage Verantwortung für alle Abläufe der kommunalen Selbstverwaltung. Weil die Kommune sich aber mit ihrer Entschädigungssatzung bereits ein Regelwerk gegeben habe, könne man davon nicht so einfach abweichen.

Die Christdemokraten stellten daher einen Änderungsantrag als Ergänzung zum SPD-Antrag, der dann auch einstimmig gebilligt wurde. Er sah vor, dass der Magistrat die kommunale Entschädigungssatzung zeitnah überarbeiten solle, um noch in der Amtszeit von Frau Rettig darüber entscheiden zu können. Schlussendlich sollte die neue Regelung rückwirkend ab dem 1. Dezember 2024 gelten, „um die Entschädigung der derzeit amtierenden, ehrenamtlichen ,Interims-Bürgermeisterin‘ Karin Rettig entsprechend zu gewährleisten“.

Die zeitnahe Novellierung ist federführend durch Stadtrat Rolf Jaenchen (SPD) erfolgt, beschlossen wurde die Neufassung in der Stadtverordnetenversammlung am 13. Februar. Allein das Thema Rückwirkung der Rechtskraft machte den Initiatoren nun einen Strich durch die Rechnung.

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