Zwingenberg. Die sogenannte „Strecke“ – die Jagdbeute – steht nie im Mittelpunkt, wenn Hubert Diry alljährlich vor der Jagdgenossenschaftsversammlung Zwingenberg/Rodau seinen Bericht abgibt. Der Jäger, der gemeinsam mit Claudia Zeilfelder seit vielen Jahren schon die bejagbaren Flächen der Kernstadt- sowie der Stadtteilgemarkung gepachtet hat, übt die Jagd als engagierter Naturschützer aus, für den Hege und Pflege im Mittelpunkt stehen. Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung, die am Freitagabend im Nebenzimmer des Zwingenberger Restaurants „Bunter Löwe“ unter der Leitung von Jagdvorsteher und Bürgermeister Holger Habich stattfand, berichtete Diry vor allem über den nicht unerheblichen Aufwand, den er als Jagdpächter für den Schutz von Rehkitzen betreibt:
Auf dass „Bambi“ nicht „unters Messer“ gerät, also vom Mähdrescher verletzt oder gar getötet wird, bietet Hubert Diry den Landwirten in seinem Zuständigkeitsbereich an, vor solchen und ähnlichen Feldarbeiten die entsprechenden Flächen sozusagen „bambi-frei“ zu machen – und dabei kommt modernste Technik zum Einsatz:
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Mit einer Drohne, die mit einer Wärmebildkamera ausgestattet ist, wird das zu mähende Feld überflogen, um festzustellen, ob und wo eine Ricke ihr Kitz abgelegt hat. Dann wird das sogenannte „Vergrämen“ – also das Verscheuchen – organisiert.
Eine andere Methode, um die Rehkitze, die keinen Fluchtinstinkt besitzen und die bei Gefahr regungslos verharren, zu vertreiben, setzt auf Stangen mit Flatterband am oberen Ende, die am Tag vor den Arbeiten ins Feld gesteckt werden: Das Rascheln der vom Wind bewegten Kunststoffstreifen soll für Unruhe sorgen, um die Ruhe suchenden Tiere vor der Mahd zu vertreiben.
In diesen Wochen seien bereits die ersten Mäharbeiten erfolgt, berichtete Hubert Diry von Landwirten, die Rotklee oder Erbsen als Futter für ihr Großvieh ernten und in Silos einlagern – nicht immer erfahre er rechtzeitig von den Bauern, dass eine Mahd ansteht. In der Regel funktioniere die Zusammenarbeit mit den Landwirten aber sehr gut.
Ein leidiges Thema wiederum sind für den Jagdpächter die üblen Zeitgenossen, die meinen, sie könnten in Feld und Wald ihren Müll ablagern – bei seinen Streifzügen durchs Revier trifft Hubert Diry vor allem im Bereich westlich der Autobahn A5 immer wieder auf entsprechende Hinterlassenschaften.
Vor geraumer Zeit hat er auf einem Wiesenweg zwischen der Zufahrt zur Kompostierungs- und zur Kläranlage sowie der A5 einen Transporter beobachtet, dessen Fahrer dort versuchte, sogenannte „Sauerkrautplatten“ loszuwerden.
Diese Leichtbauplatten enthalten zwar in der Regel kein krebserregendes Asbest, haben aber in der freien Natur trotzdem nichts zu suchen, sondern können beispielsweise auf den Wertstoffhöfen des Zweckverbands Abfallwirtschaft im Kreis Bergstraße (ZAKB) fachgerecht entsorgt werden. Im jüngsten Fall merkte der Fahrer des Transporters, dass er unter Beobachtung steht, und suchte das Weite - „ein Einzelfall war das aber nicht“, so Diry, der solche und ähnliche Begegnungen fünf bis sechs Mal pro Jahr erlebt. Und das ist mutmaßlich nur die Spitze des Eisbergs.
Auch als Waldarbeiter ist Hubert Diry immer wieder einmal im Einsatz, nämlich dann, wenn nach einem Sturm in seinem Revier mal wieder ein Baum quer über einem Weg liegt. „Und manchmal muss ich mich dabei noch von Spaziergängern anmeckern lassen, warum ich mit der Motorsäge so einen Lärm mache!“
Die eigentliche Jagd gerät da manchmal in den Hintergrund, das Jagdglück war dem Waidmann aber auch im vergangenen Jahr hold: Elf Stück Rehwild umfasste die von Hubert Diry bilanzierte „Strecke“, allerdings wurden nur acht auch tatsächlich vom Jäger mit der Flinte erlegt - zwei Rehe wurden überfahren, eines hat Diry im Revier tot aufgefunden. Acht Wildschweine und 32 Fasane hat der Jäger erlegt, auch vier Dachse, acht Füchse oder 27 Rabenkrähen wurden geschossen.
Und obgleich die Zahl der Hasen im Revier groß ist, ist die Zahl der Abschüsse überschaubar: Fünf waren es im zurückliegenden Jagdjahr. An Hasenbraten übrigens bestehe zunehmend kein Interesse mehr, berichtete Hubert Diry in einer Randnotiz zu seinem Bericht.
Auf den Bericht des Jagdpächters folgte der Kassenbericht von Rechner Heinz Aßmus, dem von den Kassenprüfern Florian Wendel und Claus Nickels einwandfreie Arbeit bescheinigt wurde. Während aus dem Erlös der Jagdpacht für den Bereich Zwingenberg in diesem Jahr keine Ausgaben geplant sind, wird für Rodau ein landwirtschaftliches Gerät angeschafft:
Mit dem sogenannten „Striegel“ kann die Unkrautbekämpfung auf dem Feld mechanisch erfolgen, also der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln reduziert werden, was der Umwelt auch im jagdgenossenschaftlichen Sinne zugutekommt.
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