Bickenbach. Knapp ein Jahr ist es her seit Ernst Spangenberg seine Gedanken, seine Erfahrungen, seine Erlebnisse und zudem eine Reihe bunter, kurioser und zudem wahrer Geschichten – unter anderem zu Fragen der Philosophie und dem Recht auf Dummheit - in seinem Buch „Die Waage der Zeit - Meine Seele hat keine Glatze“ im Darmstädter Justus von Liebig Verlag veröffentlicht hat (wir haben darüber berichtet.)
Jetzt hat er es wieder getan: Der ehemalige Familienrichter, Maler, Schriftsteller, Humorist und Intellektuelle hat ein weiteres, sein achtes Buch geschrieben (neben etlichen weiteren Publikationen.) Und dieses Mal richtet sich die Neuerscheinung des 86-Jährigen mit dem Titel, „Was kümmert’s den Wal“, gleichberechtigt an Leser, Betrachter und Kunstliebhaber. Denn Spangenberg besitzt die Gabe, aus vermeintlich schwierigen Themen, höchst unterhaltsame, dazu lehrreiche, aber kein bisschen belehrende Abenteuer zu machen – kurz und knapp, immer auf den Punkt, und ab und zu geht`s auch um Persönliches.
Künstlerisches Selbstverständnis mit Augenzwinkern
Gleichzeitig verarbeitet er gesellschaftliche, literarische Alltagsanekdoten, Gedankenblitze und Aufreger in seiner Malerei, die eine für ihn typische Handschrift trägt, die zwar nicht gefallsüchtig ist, aber unbedingt neugierig macht. Und die ehrlich ist, abstrakt, und doch auch wieder nicht, weil man den Kern erkennt. Er selbst sagt: „Ich habe mich beim Schreiben vom Malen erholt und beim Malen vom Schreiben. Meine Texte wurden bildhaft. Meine Bilder bekamen Hintersinn.“
Wie sehr ihm das gelungen ist, beweisen die „Bildergeschichten“, die Begleittexte zu mehr als hundert Motiven aus 40 Jahren, darunter auch einige Selbstbildnisse, unter anderem „als eine Art Schiefmaulclown.“ In einem Gedicht merkt er dazu an. „In meinem Innern wohnt ein Pfuscher/ der pfuscht und pfuscht und tut als ob/ denn außerdem ist er Vertuscher. An seiner Seite lebt der Kämpfer/ weiter, höher, schneller stärker/ möglichst zäh und möglichst alt/ Ehrgeiz bis zum letzten Dämpfer/.
Alle Gemälde haben einen Titel und einen Begleittext zu Inhalt und Hintergrund seiner Darstellungen. „Bild und Wort ergänzen einander zu einem neuen Ganzen“ schreibt der Bickenbacher dazu. Parallel zu seinem Gemälde aus Ölkreide aus dem Jahr 1987, „L’artiste par lui-même oder wo bleibt die Bescheidenheit?“ berichtet er über seinen Jugendtraum, einmal berühmt zu werden: „Eigentlich wäre ich gern berühmt. Und er kommt zu der ernüchternden Erkenntnis: „Das Leben hat mich schnell zweierlei gelehrt, einmal, dass es wichtiger Ziele gibt als das Streben nach Ruhm und dass es mit meinen Aussichten berühmt zu werden nicht weit her ist.“
Was man von Walen lernen kann
Die Art und Weise, wie Spangenberg seine Gedanken zu Papier bringt und ihnen beim Malen eine eigene Identität verleiht, ist einzigartig und sagt viel über den Menschen, den Künstler und seine Sicht auf das Leben im Allgemeinen aus. Der Bogen der Bildergeschichten ist weit gespannt und reicht von „der Suche nach Gott,treffen ihn aber nicht an, sondern nur einige Spuren“ bis zu der erfreulichen „Nachricht, dass weder Teufel noch Hölle existieren, weniger erfreulich die Erkenntnis, wie unzureichend der menschliche Verstand ist.“ Und die Liebe kommt natürlich auch nicht zu kurz. „Der Altar der Liebe oder ein lohnendes Opfer“ lautet der Titel des Gemäldes: Und die Erläuterung des Künstlers dazu lautet so: „Frauen opferten früher für die Liebe ihre Schönheit, viele sogar ihre Unschuld. Männer opferten dagegen ihre Freiheit wenn man ihnen das Ehejoch anlegte.“
Es macht jedenfalls einen Riesenspaß, Ernst Spangenbergs Ratschlägen bei Einschlafstörungen und Empfehlungen zu folgen, zu lesen was man von Walen lernen kann, welche Ideen es für den Wohnungsmarkt gibt und warum es bei der Moral letztendlich „darum geht, den Hochmut zu verharmlosen und die Gastfreundschaft zu loben.“ Der Genussfaktor beim Lesen seiner Texte und beim Betrachten der dazu gehörigen Gemälde ist absolut gleichrangig. Der Autor und Maler folgt dem Sound der Beatles, lässt seine Gedanken zu dem französischen Märchen „Die Schöne und das Biest“ freien Lauf und schreibt und malt unter dem Titel „Das schöne Biest oder die Waffen einer Frau“ von der Verführerin, „die Männer mit ihren Reizen verlockt, bis diese nach ihr gieren. Dann sagt sie „Ätsch“.
Lesung des Romans am Sonntag in Bickenbach
Zum Abschluss einige Beispiele der Titel von Spangenbergs Gemälde und den dazugehörigen, gleichnamigen Begleittexten zu Inhalt und Hintergrund seiner Darstellungen: Etwa „Der Macho oder hirnlos wie ein Hahn“, „Die Bienenkönigin oder das gequälte Weib“, „Fata Morgana oder das Gerücht vom Hai“, „Asterix der Überflieger, Obelix sieht gelb oder wo bleiben die Römer?“ Das letzte Kapitel widmet der Autor dem größten lebenden Säugetier, dem Blauwal mit der Überschrift „Was kümmerts den Wal oder was wir von Walen lernen können.“ Sogar aufs Buchcover hat es das Tier geschafft, das bis zu 200 Tonnen schwer werden kann. Spangenberg:“ „Ich selbst würde mir gerne etwas von Walen abschauen. Für Luftsprünge und Saltos bin ich zu alt. Aber das Stupsen könnte ich noch lernen. Mal sehen, wie ich das mache.“
Am Sonntag (29.) liest der Autor im Rahmen des Sommerfestes des Partnerschaftsvereins Bickenbach um 11.15 Uhr in der Darmstädter Straße 14 unter anderen aus seinem neusten Buch, „Was kümmert´s den Wal“ und aus „Herr und Frau Noah planen eine Arche, oder: Was die Bibel verschweigt.“ De Roode Pelikan, eine Truppe aus fünf Musikern, spielt dazu Chansons, Klezmer und Tango.
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