Zwingenberg. Rund 130 geflüchtete Menschen leben gegenwärtig in Wohnungen und kleineren Gemeinschaftsunterkünften, die sich im Besitz der Stadt Zwingenberg befinden oder die vom Landkreis Bergstraße angemietet werden.
Wenn voraussichtlich ab Herbst die ehemalige Jugendherberge mit Flüchtlingen belegt wird (wir haben berichtet), erhöht sich diese Zahl noch einmal um bis zu 65 Personen. Die Frauen und Männer, Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, Eritrea, Afghanistan, Syrien, dem Irak und der Türkei werden nicht nur von staatlichen Stellen, sondern auch von Ehrenamtlichen betreut, nämlich von den Mitstreitern des Zwingenberger Arbeitskreises Asyl und Integration. Und eben der sucht dringend weitere Unterstützer.
Ohne Ehrenamtliche geht es nicht
Ohne die im Jahr 2014 mit Blick auf die sogenannte „Flüchtlingswelle“ gegründete Gruppe wäre die Betreuung der Menschen in ihren schwierigen Lebenssituationen kaum zu stemmen – gebe es im ältesten Bergstraßenstädtchen nicht schon einen AK Asyl und Integration, dann müsste man ihn sozusagen „erfinden“.
Im März 2022, nur wenige Wochen nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine, hat der AK Asyl und Integration angesichts der zu erwartenden Kriegsflüchtlinge einen neuerlichen Aufruf gestartet, um weitere Mitstreiter für das im Laufe der Jahre kleiner gewordene Team zu gewinnen. An einer Informationsveranstaltung im Foyer der Melibokushalle nahmen dann auch gut 70 Interessierte teil, die helfen wollten.
Davon sind mehr als ein Jahr danach allerdings nur wenige übrig geblieben, wie der „harte Kern“ mittlerweile feststellen muss. „70 – 50 – 30“, zählte Christiane Eichhorn beim jüngsten Treffen des AK Asyl und Integration im Countdown-Stil herunter und bezifferte damit die Größenordnung des E-Mail-Verteilers, mit dem die verbliebenen Ehrenamtlichen informiert werden: „Aber auch von diesen 30 Personen sind nicht mehr alle aktiv, wir sind vielleicht noch 12 oder 15 Frauen und Männer, die sich einbringen.“ Will heißen: Nicht zuletzt mit Blick auf die Belegung der mittlerweile von der Stadt erworbenen Jugendherberge mit Geflüchteten werden zeitnah weitere Ehrenamtliche benötigt.
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Die Möglichkeiten, um sich einzubringen, sind vielfältig, wie Christiane Eichhorn gemeinsam mit Marita Egner, Brigitte Hammacher, Bruni Haase, Harald Becker und Klaus Rest am Dienstagabend im Katholischen Pfarrzentrum schilderten. „Cook, Meet & Eat“ („Kochen, Treffen & Essen“), so nennt sich beispielsweise eine Gruppe, die alle paar Wochen im Foyer der Melibokushalle kulinarische Genüsse „aus aller Herren Ländern“ zaubert. Und in der Melibokusschule sorgen zwei Ehrenamtliche des Arbeitskreises für ein wenig Entlastung sowohl von Lehrerinnen als auch Schülern, indem sie einzelne Kinder beim Lernen unterstützen.
Ein vielfältiges Angebot
In den Räumen des Familienzentrums Zwingenberg wiederum hat sich als Vorbereitung auf die offiziellen Deutschkurse für Geflüchtete ein Sprachkurs etabliert. Und die Kunst- und Kulturangebote des AK Asyl – Kreativ-Werkstätten oder Museumsbesuche – werden mittlerweile vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen der Initiative „LandKulturPerlen“ gefördert. Mit diesen und weitere Angeboten sowie in Kooperation mit den Fußballern des SV Eintracht oder den Handballern des TuS gelingt es, geflüchtete Menschen – so sie das wollen – am Leben im Städtchen teilhaben zu lassen. Weitere Ideen für Angebote sind stets willkommen – und weitere Mitstreiter sowieso.
Wöchentliche Sprechstunde
Zusätzliche Ehrenamtliche benötigt der AK Asyl und Integration aber auch zur Unterstützung der Flüchtlinge im Alltag. Harald Becker zum Beispiel, einer der Gründer des Arbeitskreises, hilft bei bürokratischen Herausforderungen: „Manchmal öffne ich verschlossene Kuverts, die nicht geöffnet werden, weil die Empfänger Angst vor dem Inhalt haben.“ Und Christiane Eichhorn – in der Kreisstadt Groß-Gerau als Koordinatorin der Flüchtlingssozialarbeit tätig und in ihrer Heimatstadt Zwingenberg ehrenamtlich engagiert – hat in den FamizZ-Räumen eine wöchentliche Sprechstunde für Geflüchtete eingerichtet, in deren Mittelpunkt ebenfalls administrative Hürden stehen. Überdies wird auch tatkräftige Hilfe bei Umzügen, der Beschaffung von Möbeln oder handwerklichen Arbeiten organisiert.
Belastbares Netzwerk
Voll des Lobes ist der „harte Kern“ des AK Asyl für die Zusammenarbeit mit den Behördenvertretern auf Stadt- und Kreisebene sowie mit Kitas und Schulen. „Da ist ein belastbares Netzwerk entstanden“, freut sich Christiane Eichhorn darüber, dass stets Lösungen im Sinne der Betroffenen gesucht werden, wenngleich es manchmal auch unterschiedliche Auffassungen gibt.
Einen „dringlichen Wunsch“ haben die Ehrenamtlichen jedoch an die lokale Politik, so Harald Becker: „Die Schaffung einer Sozialarbeiterstelle speziell für die Betreuung von Flüchtlingen hier in Zwingenberg.“ Schon jetzt geraten sowohl das Ehrenamtsteam als auch die hauptberuflich in der Flüchtlingsarbeit Tätigen in Stadt und Kreis an ihre Grenzen. Mit der Belegung der Jugendherberge werden die Herausforderungen jedoch noch größer.
Nächstes Treffen im Oktober
Die Zwingenberg und Rodauer Bürger lädt der „harte Kern“ des Arbeitskreises Asyl sehr herzlich zum Mitmachen ein: „Das Engagement macht sauviel Spaß und wir bekommen sehr viel zurück“, will Christiane Eichhorn zum Mitmachen ermutigen, und Brigitte Hammacher ergänzt: „Und es gibt ja auch etliche ,Erfolgsgeschichten‘ von geflüchteten Menschen, die es geschafft haben.“
Wer „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten will, so formuliert Marita Egner das Credo des AK Asyl und Integration, der ist beim nächsten Treffen am 10. Oktober, Dienstag, ab 20 Uhr im Pfarrzentrum der Katholischen Kirchengemeinde Mariae Himmelfahrt (Heidelberger Straße 18) herzlich willkommen. Eine Kontaktaufnahme ist auch per E-Mail möglich: ak.asyl.zwingenberg@t-online.de.
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