Theater Mobile

Chansons mit Batschkapp in Zwingenberg

Die Liebe zur Heimat ist Jürgen Dorn anzumerken. Bestückt mit Batschkapp und hessischem Dialekt gelang dem Gründer und Chef der Band etwas, was bisher vermutlich nur die wenigsten geschafft haben.

Von 
Marvin Zubrod
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Madame Brell und ihre Begleiter brachten ihre Liebe zu Frankreich und Frankfurt musikalisch zum Ausdruck. © Thomas Neu

Zwingenberg.

Einen Abend voller Melodien vom Meer, Sommernächten an der Loire und der Sehnsucht nach dem Süden. Das verspricht ein Konzert mit der Musikgruppe „Mme Brell & die Filous“, die am Samstagabend im Theater Mobile gastierte und bewies, dass französischer Charme und Frankfurter Mundarbeit kein Widerspruch sein müssen.

Die Liebe zur Heimat ist Jürgen Dorn anzumerken. Bestückt mit Batschkapp und hessischem Dialekt gelang dem Gründer und Chef der Band etwas, was bisher vermutlich nur die wenigsten geschafft haben: französische Eleganz mit rheinischer Bodenständigkeit zu verbinden. Gemeinsam mit Erik Buhne (Akkordeon und Saxophon), Jens Mackenthun (Gitarre) und Susanne Brell (Gesang) gab der Mann am Kontrabass eine Reihe von Eigenkompositionen wieder, die sich in Melodik und Poesie nicht hinter ihren französischen Vorbildern verstecken müssen.

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Es ist besonders die Lyrik, welche den Chansons der Band ihre stilistische Individualität verleiht. Gepaart mit Humor und Selbstironie gab die Musikgruppe einen Song übers Liedermachen zum Besten: „40 Grad am Strand von Saint-Tropez und ich wart auf ‘ne Chanson-Idee.“

Ganz so schweißtreibend ist das Texteschreiben für Dorn dann doch nicht. Meistens wache er morgens auf und habe schon eine klare Vorstellung. „Dann schreibe ich den Song in einer halben Stunde runter, wie eine reife Frucht, die vom Baum fällt“, erzählt er auf Nachfrage.

Und was macht ein Chanson so besonders? „Eigentlich ist das nur ein Lied“, stellt Dorn nüchtern fest. Ursprünglich sei der Begriff von den großen französischen Künstlern wie Édith Piaf („La vie en rose“) und Charles Trenet („La Mer“) geprägt worden, aber Chansons könnten auch genauso gut in deutscher Sprache gesungen werden. Und so ist es vielleicht die Verbundenheit zur hessischen Heimat und der Wunsch danach, Chansons einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, die das Schaffen des Musikers prägen.

Mundart–Dichter als Inspiration

Vor fünf Jahren gründete der Frankfurter die Band, die bereits seit ihren Anfangstagen regelmäßig im Theater Mobile gastiert. Inspirationen holt sich Dorn unter anderem von Friedrich Stoltze. Der Dichter und Schriftsteller setzte sich zeit seines Lebens für die nationale Einigung Deutschlands ein, wofür der Demokrat während der Deutschen Revolution 1848 kurzzeitig inhaftiert wurde. Bis heute gilt Stoltze als herausragende Persönlichkeit der Frankfurter Stadtgesellschaft.

Weniger von Revolutionen als von Rotwein und Romantik handeln die Chansons von Mme Brell & die Filous. „Im August“ erzählt die Geschichte über zwei Liebende am Meer, die bei Sonnenuntergang in die Weiten des Ozeans blicken und nicht wissen, ob sie sich im nächsten Jahr wieder sehen werden.

Nicht ganz so sentimental, dafür umso humorvoller ist „That´s Jazz“ - eine satirische Würdigung an den amerikanischen Musikstil aus dem 20. Jahrhundert, der bis heute eine große Resonanz erfährt.

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Spielt die Band mal keine Eigenkompositionen, knüpft sie in ihrer Songauswahl oftmals an historische Begebenheiten an. So gab es im Paris der 1940er Jahre die Jugendbewegung „Zazous“, die amerikanische Swingmusik hörte - zur Zeit der deutschen Besatzung ein gefährliches Spiel, wie Susanne Brell erklärte. In Deutschland gab es mit der deutschen Swing-Jugend eine ähnliche Bewegung, die nach dem amerikanischen Lebensstil strebte und sich so zur Hitlerjugend abgrenzte.

Die Geschichte der französischen Jugendlichen wurde vom Regisseur Jérôme Savary in ein Musical umgesetzt, welches vor 25 Jahren im Staatstheater Wiesbaden aufgeführt wurde.

Damals standen Brell und Dorn erstmals gemeinsam auf der Bühne, erzählte die studierte Konzertsängerin. Daher ist der Song „Je Suis Swing“ aus dem Musical ein Rückblick auf die eigene Jugend der beiden Künstler. Flankiert von virtuosen Solos an Saxophon und Gitarre war der Auftritt von Mme Brell & die Filous nicht nur eine Würdigung an Chanson und Jazz: Viel mehr war dieser Abend eine Liebeserklärung an die Musik. Es war eine Hommage an das Leben.

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