Zwingenberg. Marcel Lehrian, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Zwingenberg, hatte in seiner Anmoderation wirklich nicht zu viel versprochen: Mit der Verwechslungskomödie „Ein Hof voller Narren“ werde die feuerwehreigene Theatergruppe ganz sicher „die Lachmuskeln“ des Publikums „strapazieren“ - und genauso war es dann auch: Die Freizeitmimen der örtlichen Brandschützer sorgten mit dem Dreiakter aus der Feder von Winnie Abel bei der Premiere am Samstagabend im Adlersaal für nahezu drei Stunden allerbeste Abendunterhaltung.
Und nach dem Finale war noch lange nicht Schluss: In der „guten Stube“ des gastgebenden Gesangvereins „Sängerkranz“ spielten die „Bergstreet Boys“ (Oliver „Olli“ Färbert und Sascha „DehJott“ Breuer) wie es beim Feuerwehrball so Tradition ist zum Tanz auf. Ein florierender Bar-Betrieb und eine Tombola mit attraktiven Preisen sorgten nach dem Theaterspektakel ebenfalls für Kurzweil im Kreise von Familie und Freunden.
Im Mittelpunkt des Abends stand aber ganz ohne Zweifel die Inszenierung der Verwechslungskomödie „Ein Hof voller Narren“, die nach einem ebenso bekannten wie bewährten Strickmuster funktioniert. Liebende Pärchen können zunächst nicht zueinanderfinden oder haben Schwierigkeiten, sich ihre Liebe einzugestehen, aber am Ende kriegen sie sich doch alle.
Jeder hat ein Stück vom Glück verdient
Junge wie Alte, Knecht oder Bauer, Heteros wie Schwule, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund oder Handicap. Und so hatte das für den diesjährigen Feuerwehrball ausgewählte Stück bei allen Vorurteilen, die es humorvoll bedient, gewissermaßen auch eine Botschaft, allerdings eine, die ohne erhobenen Zeigefinger auskommt: Wir sind alle gleich - und jeder hat ein Stück vom Glück verdient.
So auch der schwule Jungbauer Jonathan Dippelmann (Willi Dörner), der in der Patsche steckt: Wenn er nicht schnellstmöglich eine Frau vor den Altar bekommt, geht der elterliche Betrieb an seine zynische Schwester Ester (Heike Degenhardt). Und aus wäre der Traum vom Biohof, denn Ester favorisiert Massentierhaltung, um den in wirtschaftliche Schieflage geratenen Bauernhof zu retten. Jonathans schräger Partner Detlef (Karl-Heinz Zecher) ist aber sicherlich nicht das, was die strenge und gläubige Mutter Ruth (Ruth Merschroth) sich als Schwiegertochter vorstellt.
Schäferstündchen im Heu und eine Scheinehe
Und so geht Jonathan eine Scheinehe mit Irena Lewandowskia (Uli Wagner), der polnischen Pflegekraft seines - vermeintlich schwerhörigen und gehbehinderten - Opas Erwin (Karl Machleid) ein. Doch immer mehr unvorhergesehene Zwischenfälle bringen Jonathan in Schwulitäten: Seine große Liebe Detlef muss sich in Frauenkleider schmeißen und die polnische Schwiegermutter mimen - und dann wird seine frisch Vermählte mit dem vom Tourette-Syndrom geplagten Knecht Hannes (Franz Mayer) im Heu erwischt. Zusätzlich sorgt dann auch noch die „echte“ Schwiegermutter Natalia Lewandoskia (Katharina Bonn) für Verwirrung.
Lacher reiht sich ohne Pause an Lacher, wenn beispielsweise Karl-Heinz Zecher in grellbunten Leggins die Bühne mit „Hallöchen, Popöchen“ betritt, Franz Mayer seine Tics mit dem stakkatoartigen Ausruf „Hühnerkacke“ auslebt oder es Karl Machleid im wahren Wortsinn aus dem Rollstuhl haut. Faszinierend auch, wie Uli Wagner konsequent Deutsch mit polnischem Akzent spricht.
Überhaupt ist die schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles großartig und die Inszenierung mit Insiderwissen und Lokalpatriotismus gewürzt: Wenn Bauer Jonathan seinen Liebsten per Handy anfunken will, aber im Adlersaal nur schlechten Empfang hat, dann soll es „der Mayer“ richten - und jeder weiß: Gemeint ist „Sängerkranz“-Chef Andreas Mayer. Logisch auch, dass der Bauernhof der Familie Dippelmann in Zwingenberg steht, das Publikum zur kirchlichen Hochzeit eingeladen wird und Bauer Jonathan Angst hat, dass am Ende seine Schwester das Rennen um den Hof macht, „nur weil die so ein Schwachmat aus Rodau heiratet“. Knecht Hannes tröstet jedoch: „So blöd sind nicht mal die Rorrer!“
Nach drei Stunden Spielzeit kräftiger Applaus für das Ensemble
Als nach fast drei Stunden Spielzeit der letzte Vorhang fällt, da gibt es lange anhaltenden und kräftigen Beifall – und den nicht nur für die Darsteller, die übrigens auch selbst Regie führten, sondern auch für die Akteure hinter den Kulissen: Jan Machleid agierte als Souffleur, Mario Rindfleisch und Pascal Zahlten sorgten für Ton und Technik. Und Silvia Lauretta-Völlm zeichnete für Frisuren und Make-Up verantwortlich.
Feuerwehrchef Marcel Lehrian zollte dem gesamten Team Lob und Respekt und dankte auch „Sängerkranz“-Vorsitzendem Andreas Mayer für die neuerliche Unterstützung der Theateraktivitäten. Der wiederum revanchierte sich mit einem Aufruf ans Publikum, in die Feuerwehr einzutreten und die Arbeit der ehrenamtlichen Retter zumindest als passives Mitglied zu fördern.
Die Theaterpremiere bildete auch den Rahmen für eine Verabschiedung: Nach über 25 Jahren als „jugendlicher Liebhaber“ ist Gerhard Heger nun in den „Ruhestand“ getreten. Karl-Heinz Zecher dankte Heger für das lange Engagement und seiner Frau Uschi für die Unterstützung der Schauspielerleidenschaft ihres Mannes.
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