Lorsch. Die Schola St. Nazarius ist ein Stück Lorscher Kulturgut. Inzwischen besteht der liturgische Chor seit über 50 Jahren. Zum nachgereichten Jubiläumskonzert begrüßte Leiter Thomas Adelberger am Sonntag zahlreiche Zuhörer in der Kirche. Hauptwerk des Konzerts war das Requiem opus 48 von Gabriel Fauré.
Das Werk wurde an gleicher Stelle bereits im Jahr 2007 aufgeführt. Diesmal fiel die instrumentale und stimmliche Besetzung wuchtiger aus, neben dem Kammerorchester waren die Sopranistin Tina Braun und der Bassbariton Sören Lätsch in Lorsch mit dabei.
Hoffnungsvolle Atmosphäre
Das Requiem hatte Fauré zu Ehren seiner Eltern komponiert und 1888 in der Pariser Pfarrkirche La Madeleine zur Uraufführung gebracht. Anders als andere Trauerstücke klingt das Werk weitaus zuversichtlicher, heller und weniger dramatisch. Man spürt eine hoffnungsvolle und positive Atmosphäre innerhalb einer sanften kompositorischen Struktur.
Trotz der recht langen Entstehungszeit bildet die Messe eine stilistische Einheit ohne theatralische Momente, dafür aber mit einer betont reduzierten Dynamik und einer anmutigen Melodieführung sowohl der Solisten als auch des Chores, was der Komposition einen versöhnlichen Charakter schenkt.
Eine Totenmesse, die trotz dunkler Klangfarben eine aparte Eleganz und keinen allzu düsteren Trauerschleier trägt. Die Schola inszeniert dieses geistliche Werk nicht opernhaft, sondern weich, warm und vollmundig. Ein Hörgenuss, der von Thomas Adelberger am Piano begleitet wurde und neben dem Lorscher Geburtstag noch auf ein weiteres „Jubiläum“ verweist: Fauré ist vor 100 Jahren in Paris gestorben.
Ein Vertreter des Fin de siècle, der viel Vokal-, Klavier- und Kammermusik schrieb und 1905 sogar Direktor des Pariser Konservatoriums wurde. Er steht beispielhaft und wegweisend für subtile Harmonien und anmutig geschwungene Melodien.
Auch sein Requiem ist melodisch und emotional, es verzichtet auf den grollend elegischen Schwermut vergleichbarer Werke. Dieses Stück führt den Zuhörer über sechs musikalische Etappen direkt ins Paradies. Der Tod wird als Erlösung und Tor in eine andere, bessere Welt beschrieben. Flankiert von perfekt abgestimmten Chorstimmen und wunderbaren Solisten, die diesen existenziellen Übergang mit hoher künstlerischer Klasse und bemerkenswerter Sensibilität vor dem Werk begleiten. Im hellen Finale entlässt der Komponist den Hörer zu den lichten Klängen der lateinischen Antiphon „In Paradisum“.
In St. Nazarius erlebt der Zuhörer die besondere Intimität und Klangfarbe des Werks, in dem Fauré ein Bild vom Jenseits zeichnet, das als friedvolle und angenehme Vision sehr französisch beschwingt und intim wirkt. „Es ist so sanftmütig wie ich selbst“, soll er im Jahre 1900 gesagt haben. Er habe instinktiv versucht, dem zu entfliehen, was man allgemein für richtig und angebracht hielt. Er folgte einem menschlichen Gefühl und einer Vorstellung des Todes als Ort ewiger Ruhe und glückseliger Kontemplation. Der Lorscher Chor schafft es, dieses grundlegende Gefühl ins Publikum zu tragen.
Zum Abschluss des rund einstündigen Konzerts erklang das berühmte „Hallelujah“ von Georg Friedrich Händel. Der Eintritt war frei, die Spenden fließen in die Finanzierung der Schola. tr
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