Lorsch. In Frankfurt und in Aachen wird jedes Jahr im Januar in den Domen an Karl den Großen erinnert. Auch in der katholischen Gemeinde in Lorsch wird diese Tradition zum Gedenken an den berühmten Frankenherrscher gepflegt, der im Jahr 800 zum Kaiser und im 12. Jahrhundert heiliggesprochen wurde. Gestern wurde in der Kirche St. Nazarius das Karlsamt gefeiert. Die Schola sang gemeinsam mit den Gottesdienstbesuchern die Kaiserlaudes in lateinischer Sprache, die Karl den Großen, gestorben im Januar des Jahres 814, würdigt.
Auch Lorsch hat der Karolinger schließlich einst besucht. Pfarrer Michael Bartmann erinnerte in seiner Predigt an die damalige Bedeutung der Klosterstadt: „Lorsch war ein Mittelpunkt Europas“. Das machten sich viele Menschen heute zu selten bewusst. Man schweife gerne in die Ferne, vergesse dabei allzu oft, das Großartige in unmittelbarer Nähe zu beachten. Zahlreiche Interessierte reisten eigens wegen der einzigartigen Königshalle an, viele Lorscher „dappten“ dagegen täglich direkt daran vorbei, ohne sich die Geschichtsträchtigkeit des Ortes in Erinnerung zu rufen, bedauerte er.
Vor 1200 Jahren sei Lorsch eine Hauptstadt gewesen, an Berlin habe niemand gedacht, rüttelte Bartmann die Zuhörer auf. Leider sehe nicht jeder, an welch besonderem Ort er hier lebe. „Ich weiß, dass er Kriege geführt hat und unter seiner Herrschaft Menschen gestorben sind“, machte der Pfarrer deutlich, dass Karl der Große keinesfalls kritiklos verherrlicht werden sollte. Statt ihn allein nach heutigen Wertmaßstäben abzuurteilen, sei es aber wichtig, sich zum Verständnis in die damalige Zeit und deren Umstände hineinzuversetzen.
Karl, ein strittiger und schwieriger Mann, habe in einer Zeit, in der vielerorts noch „Tohuwabohu“ herrschte, als ein „Leader“ gewirkt, so der Pfarrer. Karl hat die Gerichtsbarkeit reformiert, die Kirche gestärkt, das Bildungssystem verbessert. Es brauche immer wieder Menschen, die vorgeben, in welche Richtung es gehen solle. Bartmann erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Fusion der Pfarrgemeinden Lorsch und Einhausen, die Anfang Januar zu einer Einheit fusionierten. Dieser Weg schmecke nicht allen. Man müsse sich aber ehrlicherweise auch fragen: Was ist denn die Alternative? sch
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