Comedy - Gesangsduo „Die Feisten“ begeistere das Publikum im ausverkauften Sapperlot

Junggesellenabschied im Theater Sapperlot in Lorsch

Von 
Eric Horn
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Das Duo „Die Feisten“ im ausverkauften Theater Sapperlot. © Gutschalk

Lorsch. Hört sich echt gut an: Die Jungs von früher zusammentrommeln und dann richtig eskalieren wie in alten Zeiten. Schöner Plan, so eine Partysession mit Männern über 50. Aber so was kann auch ziemlich in die Hose gehen, wenn sich in der Hose nur noch wenig regt. Also wird die Stripperin wieder abbestellt. Alkohol ist auch keine Lösung. Verträgt sich meist nicht mit der täglichen Medikation dieser Altersklasse. Gute Gespräche? Klar, wenn man sich gerne über vergrößerte Prostatae austauscht. Und jetzt? Zum Glück ist einer mit medizinischem Cannabis ausgestattet. War dann doch noch ein ganz netter Junggesellenabschied für die Altherren-Crew.

Erzählt beziehungsweise gesungen werden solch skurrile, gemeine, humorvolle Geschichten von Mathias Zeh alias „C“ und Rainer Schacht. Zusammen sind die beiden Babyboomer „Die Feisten“. Seit fast 30 Jahren sind „C“ und Rainer, die aus Göttingen stammen, musikalisch gemeinsam unterwegs. Jetzt machten sie mit dem Programm „Junggesellenabschied“ Station im ausverkauften Sapperlot – ein Auftritt mit ultralangen Anlauf: Viermal musste die Vorstellung in Lorsch pandemiebedingt abgesagt werden. Nun kam zusammen, was gut zusammenpasst. Das Publikum ist sehr angetan von der Performance, die Feisten sind es vom Publikumszuspruch.

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Vor allem sind die per Eigendefinition „Singer-Songwriter-Geschichtenerzähler“ begeistert, nach so langer Wartezeit genau die richtigen Besucher im Sapperlot begrüßen zu können. Bei der ganzen Verschieberei in den letzten Monaten, könne man sich in diesem Punkt nicht sicher sein, meint Rainer beim Blick durch die alte Tabakscheune.

„Ihr seid die Richtigen.“ Möglich sei angesichts des Terminwirrwarrs durchaus, dass plötzlich die falschen Künstler auf der falschen Bühne auftauchen. „Kann sein, die Amigos stehen plötzlich vor Euch.“ Seit ihrem Gastspiel in der TV-Sendung „Ein Kessel Buntes“ 1992 träumen die Feisten von einer gemeinsamen Nummer mit den Amigos. Bis es dazu kommt, stillen sie diese Sehnsucht mit „Dolores Flamingo“, einem Schlager mit schmalziger Musik und schmalzigem Text.

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„C“ trällert inbrünstig über Kneipenwirtin Heike aka Dolores Flamingo aus dem Dorf, die ihn in jungen Jahren in manches Geheimnis eingeführt hat. Klar kehrt „C“ einmal im Jahr zurück an den prägenden Ort seiner Jugend. Und denkt an sie. Instrumental kommen die Feisten minimalistisch daher. Es braucht eben nicht viel, um die wichtigen Dinge im Leben zu besingen.

Rainer bedient Gitarren in verschiedenen Größen sowie das gesamte Rhythmus-Sortiment und sorgt mit der zweiten Stimme für die tiefen Töne. Er ist selbst verliebt in den Klang seines Organs, das er im Verkauf auf Verkäufer-Stimme trainiert hat. „Ich habe mir selbst mal ein Auto verkauft. Zu einem guten Preis“, so der Wahl-Mannheimer. „C“ gibt mit feiner, klarer Stimme den Leadsänger, zupft hin und wieder eine Gitarre, behängt sich zwischendurch mit Percussion-Utensilien, trommelt die Cajon. „Wir kommen aus dem Heavy Metal, deswegen ist uns der Groove sehr wichtig.“

Indiz für den Heavy Metal-Hintergrund mit ausgiebigem Headbanging ist das schüttere Haar der Feisten. „Das kommt davon.“ Ausflüge in den Schlager sind „Kriech nich‘ da rein“ („Griechischer Wein“) über Schleimertum im Büroalltag oder „Prunzuela“ („Quando, Quando“), einem Song über eine tragische Liebe zwischen schöner junger Frau und reichem älteren Mann. Auf dem Beziehungssektor sind die Feisten sehr bewandert. Dass die „schönste Braut der Welt“ irgendwann „Hagelschäden an den Beinen“ aufweist, muss eine Ehe aushalten. Ebenso wie den Zustand, den die beiden mit ihrem skandalträchtigen Werk „Du willst immer nur…“ beschreiben.

Zu einer besonders harten Prüfung raten die Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2017 (Kategorie Chanson/Lied/Musik) allen Liebenden, die übers Zusammenziehen nachdenken. Titel: „Mit Andrea zu Ikea“. Der Weg durchs Einrichtungshaus sei eine Art Stiftung Warentest für Beziehungen. Die Partnerschaft, die beim Erreichen des Ausgangs noch bestehe, könne mit dem Qualitätsurteil „stabil“ versehen werden.

Bluesig und ein bisschen eklig wird es beim „Nussschüsselblues“: „Keime, Viren, Bakterien, machen in der Nussschüssel Ferien“, texten sie. Mit „James B.“ wird die Auferstehung von Soul- und Funk-Legende James Brown im Körper von „C“ gefeiert. Nach zwei Zugaben ist Schluss im Sapperlot. Ein cooler, unterhaltsamer Abend. Auch ohne medizinisches Cannabis.

Redaktion

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