Kommunalpolitik

Lorsch soll nicht auf Dauer ohne Jugendrat bleiben

Einstimmig beschließen die Stadtverordneten, dass ein Jugendforum ausgerichtet und dabei für die Kandidatur in einem künftigen Jugendrat geworben werden soll

Von 
Nina Schmelzing
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Der Skaterpark im Lorscher Ehlried wurde einst auf Wunsch des Lorscher Jugendrats errichtet. Unser Archivbild zeigt eine Aufnahme von 2014. © Thomas Neu

Lorsch. Bei der jüngsten Stadtverordnetenversammlung gab es ein Thema, bei dem sich alle vertretenen Fraktionen zu Wort meldeten: es ging um den Jugendrat. Alle Redner erklärten, sie wünschten sich ein solches Gremium zurück in Lorsch. Ein gemeinsam gefasster Beschluss dafür ist nun der Startschuss für eine erhoffte Neuauflage.

20 Jahre lang hatte die Stadt einen Jugendrat, in dem junge Leute selbst die Interessen von Lorscher Kindern und Jugendlichen auf politischer Ebene formulieren können. Zu den erfolgreichsten und bis heute sichtbaren Projekten gehört der Skaterpark im Ehlried, der auf Initiative eines Jugendrats gebaut wurde.

Seit 2023 kommt Lorsch ohne das Jugendgremium aus

2023 jedoch war Schluss. Es fanden sich nicht mehr genügend Kandidaten für das Gremium. Seitdem kommt Lorsch ohne Jugendrat aus. Die Stadtverordneten wollten nun nicht schulterzuckend hinnehmen, dass der Jugendrat vielleicht dauerhaft verschwindet. Mit ihrem Antrag wollen sie erreichen, dass sich ab 2026 wieder ein solches Gremium formiert, die vergangenen Jahre dann nur eine Pause und kein Aufgeben dieser besonderen Form der Jugendarbeit darstellen würden.

Schon bislang war es allerdings selten einfach, junge Lorscher für die ehrenamtliche Mitarbeit zu gewinnen. Der Jugendrat ist nicht unbedingt ein Selbstläufer. Es war häufig einige Anstrengung und Werbung erforderlich, bis sich genügend Bewerber fanden, die kandidieren wollten. Das Interesse vieler junger Lorscher am Jugendrat war zudem nicht nur bei der aktiven Mitarbeit manches Mal überschaubar, auch die Wahlbeteiligung war es des Öfteren. Ihr Stimmrecht nahmen zahlreiche junge Lorscher jedenfalls nicht wahr.

Eine erfreulich hohe Wahlbeteiligung von über 50 Prozent, die 2007 gefeiert werden konnte, war die Ausnahme, nicht die Regel. Viele Jugendliche ließen die Wahltermine in den späteren Jahren verstreichen, stimmten nicht ab, obwohl die Wahlurnen da sogar bequem für sie erreichbar in den Schulen aufgestellt wurden.

Politische Bildung nicht Tiktok überlassen

Dennoch lohnt sich die Bemühung, in einen Jugendrat zu investieren. Die Arbeit zahlt sich langfristig aus. Davon zeigten sich die Stadtverordneten überzeugt. Die „praktischen Beteiligungsprozesse“ förderten die Demokratie, machte etwa Jürgen Sonnabend (CDU) in seiner Rede deutlich. Es sei die Aufgabe aller Lorscher Kommunalpolitiker, von Demokratie zu begeistern. „Politische Bildung“ sollte keinesfalls nur „Tiktok“ und anderen Plattformen und sozialen Netzwerken überlassen werden, forderte Sonnabend.

Der Jugendrat könne zeigen, dass Engagement Wirkung erzielen kann. Die Arbeit der Mitglieder könne Ideen sichtbar machen und bewusst machen, wie wichtig es ist, „informierte Entscheidungen zu treffen“, sagte Sonnabend. Der Christdemokrat dankte explizit unter anderem der Lorscher SPD dafür, die Initiative für eine Neubelebung ergriffen zu haben.,

Das Thema liege seiner Fraktion „besonders am Herzen“, erklärte für die Sozialdemokraten Dirk Sander. Dass sich alle im Ortsparlament vertretenen Fraktionen dem Antrag anschlossen zeige, dass es in der Lorscher Kommunalpolitik möglich sei, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wenn es um die Zukunft der Stadt gehe. Die Jugend sei die Zukunft.

Dass es in früheren Jahren sehr aktive Jugendräte gab in Lorsch, sei nicht zuletzt dem „persönlichen Engagement“ der Mitarbeiter der städtischen Jugendpflege zu verdanken. Deren Einsatz habe verdeutlicht, wie wichtig „vertrauensvolle Begleitung und echte Wertschätzung für junge Menschen sind“, unterstrich Sander.

Einstimmig beschlossen wurde in der Stadtverordnetenversammlung, dass die städtische Jugendpflege nun einen Demokratietag ausrichten soll. Ziel der Veranstaltung, die sich an Zwölf- bis 17-jährige Lorscher wenden wird, soll es sein, ihnen Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten kommunaler Politik und Beteiligungsprozesse näherzubringen.

Noch in diesem Jahr soll ein Konzept vorgestellt werden

Das zu organisierende Jugendforum soll außerdem „aktiv für Kandidaturen für die Jugendratswahl 2026 werben“, wurde beschlossen. Die Stadtverordneten machten in ihrer Sitzung auch klar, dass sie das Thema nicht auf die lange Bank schieben möchten: Noch in diesem Jahr, so wurde vereinbart, soll das Konzept für das Jugendforum jedenfalls in einer öffentlichen Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses vorgestellt werden.

Das geplante Jugendforum solle „nicht nur informieren, sondern inspirieren“, wünschte sich der SPD-Fraktionschef. Mit dem Jugendforum und dem erhofften neuen Jugendrat „schaffen wir die Grundlage für eine neue Generation von engagierten jungen Menschen in unserer Stadt“, so Sander. Die geplante Kooperation mit der Lorscher Siemens-Schule biete die Chance, „Jugendliche direkt in ihrem Alltag zu erreichen und für kommunale Mitgestaltung zu begeistern“.

Der Kultur- und Sozialausschuss, „könnte gerne mal wieder tagen“, merkte Sander überdies an, dass Sitzungstermine dieses Fachausschusses sehr selten geworden sind.

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Alicia Diry
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Es sei nicht selbstverständlich, dass Jugendliche den Weg in die Politik finden. Dabei beträfen aktuell gefasste Entscheidungen gerade die jungen Menschen anschließend zumeist „am längsten“, erinnerte Simon Santiard (Grüne). Mit der jetzt ergriffenen Initiative könne man Jugendlichen zeigen, wie Kommunalpolitik funktioniert und den Jugendrat sichtbar machen. Es handle sich bei den Beschlüssen um gut investiertes Geld. Aktuelle Umfragen zeigten schließlich, dass „andere Kräfte“ an Attraktivität gewinnen könnten. Diesem Trend gelte es entgegenzutreten. Auch Santiard dankte der SPD für ihre „tolle Idee“.

Der jungen Generation gehöre nicht allein in Vereinen, sondern auch im politischen Ehrenamt die Zukunft, sagte Christian Walter (PWL). Ein neuer Jugendrat werde Lorsch „sehr, sehr gut tun“, zeigte er sich überzeugt. Es sei ein sehr gutes Zeichen, dass die kommunalpolitische Zusammenarbeit in Lorsch bei diesem Thema fraktionsübergreifend funktioniere, befand der PWL-Chef. Nun seien die Chancen groß, das Jugendgremium „wieder zum Leben zu erwecken“.

Er freue sich auch persönlich darüber, dass es für den Kultur- und Sozialausschuss, in dem das Konzept für das Jugendforum vorgestellt werden soll, damit mal wieder ein Thema gebe, so Walter, der zugleich Vorsitzender dieses Ausschusses ist.

Die Vertreter der FDP waren zur Stadtverordnetenversammlung verhindert und ließen sich entschuldigen. Den fraktionsübergreifenden Antrag hatte Friedel Drayß als Fraktionsvorsitzender für die Liberalen aber ebenfalls unterschrieben.

Mancher Jugendrat wechselt später in die „richtige Politik“

Dass die Initiative für eine Neuauflage des Jugendrats „nicht ganz uneigennützig“ erfolgte, wurde von den Stadtverordneten in der Sitzung im Feuerwehrhaus selbst freimütig eingeräumt. Denn es gab in der Vergangenheit mehrere Jugendräte, die im Jugendgremium Freude an der politischen Arbeit gefunden hatten und als Erwachsene später dann auch in die „richtige Kommunalpolitik“ wechselten, sich auf die Listen der Fraktionen zur Kommunalwahl setzen ließen und ins Stadtparlament einzogen.

Nachwuchskräfte für die eigenen Fraktionen zu gewinnen, sei aber nun nicht das vorrangige Ziel der Initiative für die Neubelebung des Lorscher Jugendrats, wurde gleichfalls versichert.

Redaktion

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