Lorsch. Einige der Spaziergänger, die mit ihrem Hund am frühen Samstagvormittag in der Remise unterwegs waren, dürften eine Schrecksekunde erlebt haben: In dem Waldstück zwischen Werner-von-Siemens-Schule und Johanniterhaus wurde zu dieser Zeit nämlich erneut kräftig gearbeitet. Zu sehen waren ein Bagger, der mehrfach über das Gelände rollte, das nach einer Reihe von Baumfällungen durch den Forst vor einigen Wochen bereits eine größere Lichtung geworden ist, sowie eine Gruppe von Männern, die mit Spaten, Axt und Schubkarren anrückten.
35 Eichen, Kiefern, Robinien und Ahorne wurden vom Forst damals aus Gründen der Verkehrssicherung entfernt. Manche Lorscher befürchten schon länger, dass die Remise, die eine wichtige Funktion für die Naherholung hat, noch mehr Bäume verlieren wird. Am Samstag aber was das Gegenteil der Fall. Das schmale Waldstück hat neue Bäumchen hinzubekommen, und zwar mehr als 100.
Zweite Aktion im Herbst
Mitglieder des Gewerbevereins um den Vorsitzenden Hans Joachim Teichmann trafen sich in der Remise, um die Pflanzaktion durchzuführen, die sie anlässlich ihres Jubiläums im vorigen Jahr in die Wege leiteten. Der Lorscher Verein hatte zur Feier seines 125-jährigen Bestehens bekanntlich dazu aufgerufen, eine große Baumpflanz-Aktion zu unterstützen – und die Resonanz war enorm. Mehr als doppelt so viele wie die erhofften 125 Jungbäume konnten von den Spenden zum Jubiläum gekauft werden. Der erste Samstag im März war als der Termin vereinbart worden, um einen Großteil der Pflanzen in der Remise gemeinsam zu setzen.
Zuvor aber musste das Areal entsprechend vorbereitet werden. Deshalb nahm Andreas Diehl in dem kleinen Bagger Platz, fuhr umher und entfernte mit maschineller Hilfe störende Wurzeln und Stümpfe im Boden, die vor allem von den ungeliebten Traubenkirschen stammten. Die invasive Baumart hat sich in der Remise stark ausgebreitet und behindert das Wachstum heimischer Bäume.
Dann machte sich der Pflanztrupp des Gewerbevereins an die Arbeit. Dietmar Eberhardt, wie Diehl Experte für Garten- und Landschaftsbau, demonstrierte zunächst, wie von den dreijährig verpflanzten Stileichen, Douglasien, Feldahornen und Hainbuchen mit der Rebschere die Wurzelbärte und Triebe etwas zu kürzen sind.
Mancher der Handwerker aus anderen Branchen zeigte sich überrascht vom noch unscheinbaren Aussehen einiger ausgewählter Exemplare. Nur die Koniferen leuchteten immergrün, die sehr dünnen, blattlosen Eichen in der Ruhephase hätte ein Laie glatt übersehen können. Als „reif für die Biotonne“ missinterpretiere einer der Teilnehmer die Bäumchen. Mancher von ihnen pflanzte schließlich das erste Mal in seinem Leben einen jungen Baum.
Für die nächste Generation
Wenn die Pflanzen so klein gesetzt werden, sind aber ihre Anwachschancen besser, erklärten die Experten. Es wird viele Jahrzehnte dauern, bis aus den derzeit nur einige Zentimeter großen Pflanzen am neuen Standort mächtige Waldbäume werden. Das Pflanzen von Bäumen ist eine Investition vor allem für die folgenden Generationen. Daran wird man ganz selbstverständlich erinnert, wenn man eigenhändig einen Baumsetzling in die Erde bettet.
In voller Pracht bewundern kann die dann stattlichen Eichen sicher irgendwann einmal der kleine Paul. Der junge Lorscher, erst anderthalb Jahre alt und mit seinem Vater in die Remise gekommen, war der jüngste Helfer bei der Pflanzaktion. Auch Tobias Geffert wird bestimmt mal in der Remise vorbeischauen und nachsehen, wie sich die Pflanzen entwickeln. Der 18 Jahre alte AKG-Schüler will nämlich Förster werden. Die Pflanz-Aktion am Samstag betrachtete der interessierte und engagierte Lorscher Helfer als eine Art informative Vorbereitung auf den „schönsten Beruf auf Erden“.
Mit dem Zollstock vermessen
Dann wurde der Zollstock ausgepackt und in Abständen von jeweils etwa 50 Zentimetern wurden die Spaten angesetzt und mit wenigen Handgriffen Löcher ausgehoben für die Reihenpflanzungen. „Lieber etwas tiefer setzen“, empfahlen die Landschaftsbauer. Auch die Gefahr des Austrocknens, wenn noch ein Stück der Wurzel aus dem Pflanzloch herausguckt, sollte vermieden werden.
Zu den Helfern bei der Aktion des Gewerbevereins gehörten auch Bürgermeister Christian Schönung und sein Amtsvorgänger Klaus Jäger, die sich beide tatkräftig einbrachten. Der Ehrenbürgermeister wurde auch in der Funktion als „Sponsor“ willkommen geheißen, denn als Sprecher der Lorscher Vereine habe er sich für die Pflanzaktion stark gemacht und mehr als tausend Euro an Spenden bei den Vereinen zusammengesammelt.
Mit der Gießkanne wurden die neuen Bäumchen anschließend gewässert. Nachteil des Standorts auf der Düne ist es, dass der Sandboden wenig Wasser speichert. Im Falle langer Trockenphasen soll das Wässern wiederholt werden. Die Aktiven des Vereins waren am Samstag zufrieden mit ihrer Arbeit, andere Waldnutzer werden profitieren. Von den umstehenden alten Kiefern und Eichen herab trällerten Rotkehlchen und Kohlmeisen – sicher erfreut über den Zuwachs an Bäumen.
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