Lorsch. Vier Rathauskonzerte sind im Programm fürs zweite Halbjahr in Lorsch aufgelistet. Den Auftakt gestaltete jetzt Matthias Jakob. Der Lorscher Gitarrist brachte vier Musikerinnen mit. Im trotz schönem Freiluft-Wetter sehr gut besuchten Nibelungensaal bot das Ensemble Concertino „Perlen der Kammermusik“ dar. „Herbstrauschen“ hatten die Instrumentalisten ihr Programm betitelt.
Man wolle es dem Publikum ermöglichen, durch die Jahrhunderte zu rauschen, so die Erläuterung für das Motto des Abends. Die Vielfalt europäischer Barockmusik war zu erleben – im passenden historischen Gemäuer, denn das Alte Rathaus stammt aus dem Jahr 1715.
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Es war, selbst für einige der vielen Stammgäste der sehr beliebten Konzertreihe, auch wieder Neues dabei. Wem ist etwa Johann Rosenmüller ein Begriff? Fragte man einige der Zuhörer, so erntete man jedenfalls Schulterzucken.
Mit einem Werk dieses deutschen Komponisten aus dem 17. Jahrhundert, der beinahe Thomaskantor geworden wäre, aber inhaftiert wurde, nach Italien floh und sich als Giovanni Rosenmiller erfolgreich eine neue Existenz aufbaute, wie man nachlesen kann, eröffneten Judith Portugall (Flöte), Hildrun Wunsch (Blockflöte), Mira Voll (Violoncello), Silke Schluder (Violine) und Matthias Jakob (Gitarre): Rosenmüllers Triosonate e-Moll.
Reich wie Dagobert Duck
Georg Friedrich Händel kennt dagegen jeder. Das Ensemble Concertino spielte als Trio – Querflöte und Streicher – eine Sonate D-Dur. Dass der berühmte Meister lange in London lebte und einen „aufbrausenden Charakter“ hatte, daran erinnerte Matthias Jakob, der den Konzertabend moderierte.
Der deutsche Komponist, ein Genie, der in England zum Star aufstieg und nebenbei Musiklehrer der Königstöchter wurde, sei „schon zu Lebzeiten ein Denkmal“ gewesen und konnte nicht nur von seiner Musik leben, sondern verdiente sehr gut. Händel, bekannt etwa als Schöpfer der „Wassermusik“ könne als „Dagobert Duck“ seiner Zeit gelten, formulierte Jakob. Sein Vermögen betrug umgerechnet rund sechs Millionen Euro.
Stattliche 500 Jahre alt ist die Musik von Diego Ortiz. Gitarre und Cello stellten, zum Teil begleitet durch eine Handtrommel, den spanischen Komponisten des 16. Jahrhunderts vor, der aber vorwiegend in Neapel musizierte. Matthias Jakob präsentierte dessen drei „Recercadas“ als Beispiel, wie man Melodien verändern und variieren kann.
Es folgte ein Sprung über 200 Jahre zu Johann Gottlieb Janitsch, der gleichfalls im Nibelungensaal nicht oft zu hören ist. Als ein Vertreter des Stils der neuen Empfindsamkeit wurde der deutsche Komponist angekündigt. Seine Sonata geleitete das Publikum in die Pause.
Pro Woche ein neues Werk kreiert
Nach Jean-Marie Leclair genoss das Publikum im zweiten Teil Henry Purcells „Chacony g-Moll“. Matthias Jakob griff dabei zur Oktavgitarre, die eine Oktave höher gestimmt ist als die Standardgitarre. Purcell hat viele Stücke von Shakespeare vertont, erinnerte der Musiker. Ein Multitalent, das noch dazu ungemein fleißig war, präsentierte das Ensemble zum Finale: Georg Philipp Telemann. 3600 Werke hat er geschaffen – jede Woche eine Komposition. Auch er war zweifellos ein Genie, das Spielen unterschiedlichster Instrumente hat er sich selbst beigebracht.
Die Zuhörer bedankten sich mit viel Beifall und Bravo-Rufen. Das Ensemble Concertino gab gerne eine Zugabe, ein fröhliches französisches Lied, bei dem auch eine sogenannte Garkleinflöte zum Einsatz kam, eine Mini-Blockflöte, weniger als 20 Zentimeter lang. Das nächste Rathauskonzert ist am 15. Oktober, dann unter der Regie von Christoph Schöpsdau.
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