Großübung

Brandstiftung beim Elternabend: Feuerwehr-Großübung an Lorscher Wingertsbergschule

Die Lorscher und Einhäuser Feuerwehr meisterten die Übung an der Lorscher Grundschule. Angenommen wurde das Szenario einer Brandstiftung beim Elternabend.

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Nina Schmelzing
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Die Feuerwehren konnten alle „Vermissten“ retten und sie dem DRK-Team zur weiteren Versorgung anvertrauen. © Jürgen Strieder

Lorsch. Im Juni vorigen Jahres gab es mehrere Einbrüche an der Wingertsbergschule. Am Donnerstagabend ereignete sich ebenfalls Außergewöhnliches an der Lorscher Grundschule. Um kurz nach 20 Uhr eilte, in großer Zahl, die Feuerwehr in Richtung Wingertsberg. Insgesamt neun Fahrzeuge mit Blaulicht steuerten die Schulgebäude an, zusätzlich machte sich ein Team des Lorscher DRK mit zwei Rettungswagen auf den Weg.

Während es sich bei den Einbrüchen im Vorjahr um reale Kriminalitätsfälle handelte, ging es jetzt zwar „nur“ um eine Großübung. Aber die hatte es in sich – und bei denjenigen, die sich als „Opfer“ zur Verfügung gestellt hatten, hinterließ der angenommene Brand Spuren. „Durch den Rauch war nichts zu sehen. Man fühlt sich plötzlich völlig hilflos“, berichtete eine der Lehrerinnen, die aus dem verqualmten Verwaltungstrakt befreit wurden.

Die Feuerwehr hatte für die Übung nur Partydampf verwendet, aber die Nebelwand war so dicht, dass sie den Eingeschlossenen doch einen sehr anschaulichen Eindruck von einer möglichen Notsituation vermittelte. Die Räume in der Schule sind den Pädagogen zwar aus dem Effeff vertraut und auch das Verhalten im Brandfall kennen sie. Sich aber „blind“ und in Ungewissheit über den Ernst der Lage zurechtfinden zu müssen, ist dann doch etwas anderes als lediglich in der Theorie informiert zu werden. „Beklemmend“, schilderte eine der Freiwilligen ihre Erfahrung – diese sei aber wertvoll gewesen.

Die Zeit bis zur Rettung kann einem außerdem sehr lang vorkommen. Das berichtete eine Lehrerin, die aus dem Obergeschoss des Altbaus um Hilfe rief anschließend. Die Lorscher Feuerwehr fuhr umgehend die Drehleiter aus und brachte neben der Lehrerin zügig auch noch drei weitere Personen aus anderen Klassensälen im Obergeschoss in Sicherheit. Die Einsatzkräfte mussten sich jedoch zugleich auch auf die Suche nach Menschen machen, die sich vielleicht bereits in noch bedrohlicherer Situation befinden und nicht mehr selbst auf ihre Notlage aufmerksam machen können – etwa weil sie eine Rauchvergiftung erlitten haben und bewusstlos geworden sind.

Schon drei Atemzüge reichen bis Bewusstlosigkeit eintritt

Drei Atemzüge im dichten Rauch reichen bereits. Das hatten die Wingertsbergschüler gerade erst im Rahmen der Brandschutzerziehung an der Grundschule gelernt. Wer am offenen Fenster steht, ist vergleichsweise weniger akut gefährdet. Am Fenster bleiben, Ruhe bewahren und nicht in den verrauchten Flur laufen, lautete die erste Ansage.

Alarmiert wurde die Feuerwehr zunächst wegen eines angenommenen Brandes in der kleinen Garage, in der Pausen-Spielzeug aufbewahrt wird. Schnell aber wird beim Übungseinsatz klar, dass es mehrere Feuer gibt: sowohl im ebenerdigen ehemaligen Verwaltungstrakt als auch im Altbau. Offenbar Brandstiftung, so wurde vermutet – und mindestens zehn Personen werden insgesamt vermisst. Gemeldet habe das Feuer ein unbekannter Passant, der aber ist nicht mehr vor Ort.

Falschparker können lebensrettende Minuten kosten

Warum könnten sich zu später Stunde überhaupt Menschen in der Grundschule aufhalten? Angenommen wurde bei der Übung, dass sich viele Personen dort zum Elternabend versammelt hatten.

Auch jedem Laien machte die Übung sofort deutlich, wie wichtig es ist, auch bei Terminen wie Elternabenden sein Auto nicht einfach bequem ins Parkverbot zu stellen. Falschparker jedenfalls hätte die Feuerwehr im Falle eines Falles erst entfernen müssen, was vermeidbare Zeit gekostet hätte.

Einige Familien schauten von den Schulhoftoren von der Justus-Liebig-Straße sowie von Seiten der evangelischen Kirche dem seltenen Geschehen zu. Die Anfahrtswege zur Wingertsbergschule sind sehr schmal und die Einfahrt für die großen Einsatzfahrzeuge schon bei freier Bahn nicht leicht zu bewältigen. Am Donnerstagabend blockierte immerhin kein privater Pkw die Durchfahrt, im Nu hatten sich die Löschfahrzeuge durch die Hoftore geschoben und die beiden Pausenhöfe waren voller Feuerwehrautos.

Premiere für die Einhäuser Feuerwehr an der Lorscher Grundschule

Die Lorscher Feuerwehr war mit 26 Mitgliedern angefahren, aus Einhausen kamen 16 Feuerwehrleute mit drei Fahrzeugen zu Hilfe. Zweimal im Jahr veranstalten die beiden Wehren eine gemeinsame Großübung. Der Einsatzort an der Wingertsbergschule war für die Einhäuser jetzt eine Premiere, so Ortsbrandmeister Christoph Röll auf Nachfrage. Eine, die von den Aktiven begrüßt wurde. Denn die Lorscher Grundschule mit ihrem nicht einfachen Standort biete Herausforderungen und so auch die Gelegenheit, dazuzulernen und neue Erkenntnisse zu gewinnen, berichtete Röll.

Die „Komplexität“ des Übungseinsatzes an der Wingertsbergschule mit zwei Wehren unter Atemschutz hob auch der Lorscher Stadtbrandinspektor Lukas Eichler hervor. Die Örtlichkeit sei „herausfordernd“. Die Lorscher Feuerwehr war mit sechs Fahrzeugen zur Grundschule geeilt. Sie hatten unter anderem Hubrettungsfahrzeuge dabei. Auch in über 20 Metern Höhe können die Lorscher dank ihrer technischen Ausstattung mit dem Teleskopgelenkmast Menschen retten.

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Nina Schmelzing
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Ja, mancher muss zuerst seine Höhenangst überwinden, bis er in den Korb steigt, heißt es von erfahrenen Feuerwehrleuten. Im Brandfall, wenn die Flammen lodern, ist die Entscheidung für den rettenden Schritt in den Korb in luftiger Höhe aber doch schnell getroffen. Zumal keiner allein diesen Schritt tun muss. Im Korb fährt stets ein Feuerwehrmann mit hinauf, der die Betroffenen begleitet und sie bei Bedarf auch beruhigen kann.

Auch Schulleiterin Jutta Rothfritz war alarmiert worden. Die Rektorin hatte den Generalschlüssel einstecken, den sie den Einsatzkräften auf Nachfrage aushändigte. Die Feuerwehrleute, unter anderem mit Spitzhacken ausgerüstet, mussten daher mit diesen für die Übung am Donnerstag keinen Weg freischlagen.

Die Führungskräfte werden ihre Erkenntnisse nun auswerten. Direkt nach der knapp 45-minütigen Übung zeigte sich Stadtbrandinspektor Eichler sehr zufrieden mit der Leistung. „Ruhig“ und „souverän“ seien die Einsatzkräfte vorgegangen, alle Vermissten wurden gefunden und konnten dem DRK-Rettungsteam zur weiteren Versorgung anvertraut werden.

Am Samstag historische Schauübung

Am Samstag (14.) zeigt die Lorscher Feuerwehr unter dem Motto „Feuerwehr im Wandel der Zeit“, wie Einsätze anno dazumal abliefen. Die Präsentation in historischen Uniformen startet im Begleitprogramm des Johannisfestes um 15 Uhr vor der Königshalle. Zuschauer sind willkommen.

Redaktion

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