Lorsch. Drei Tage lang konnte sich jeder beim sogenannten „Blauen Weihnachtswunder“ auf das Fest einstimmen lassen. An der blau erleuchteten Klostermauer und unter den geschmückten, blau angestrahlten alten Bäumen auf dem Festplatz war eine besondere Atmosphäre zu genießen. An mehr als 55 Buden konnte man Winterliches für alle Gelegenheiten erstehen – Mützen, Schals und Handschuhe in allen Größen und Variationen ebenso wie Adventskränze, Kerzen und allerlei Dekoratives.
Erstmals beteiligten sich drei vierte Klassen der Wingertsbergschule – 4a, 4b und 4e – mit einem Stand. Er war gut frequentiert. Die Grundschüler verkauften Gebasteltes, darunter zum Beispiel originelle Überraschungstüten, die laut Aufschrift „15 Minuten Weihnachten“ versprachen.
Gefertigt waren die Tüten aus Zeitungspapier, im Innern fanden sich ein Teebeutel, eine Kerze, ein Lebkuchen, eine Geschichte und eine Gebrauchsanleitung, die zum Aufbrühen, Kerze anzünden, Lesen, Genießen und Entspannen anleitete. Den Erlös für die Klassenkassen wollen die Kinder für den Aufenthalt im „Landschulheim“ verwenden, berichteten ihre Eltern.
Etwas matschig und rutschig
Kann man über den Weihnachtsmarkt schimpfen? Man kann. Mancher, der die Veranstaltung in Lorsch besuchte, fluchte sogar ein bisschen, vor allem, wenn er von der Parkplatz-Seite her einbog. Anlass für solch wenig weihnachtliche Worte war der Untergrund. Der Lorscher Markt fand schließlich zum zweiten Mal auf der Klosterwiese statt – und diese war stellenweise matschig.
Die schönsten Schuhe anzuziehen, das war früher, als der Weihnachtsmarkt noch in der Innenstadt gefeiert wurde, aber auch schon keine gute Idee. Denn dort entwickelte sich an schmalen Durchgängen oft Gedränge und man trat sich dann gegenseitig unbeabsichtigt auf die Füße. Das kann auf dem Karolingerplatz nicht so schnell passieren. Das Areal ist weiträumig. Man kann auch bei viel Betrieb Abstand halten – und der Weihnachtsmarkt lockte jetzt ohne Corona-Einschränkungen wieder sehr viel Publikum an. Im Eingangsbereich aber konnte es rutschig werden. Das erfuhr auch ein Junge im Grundschulalter, der mit einem Freund voller Vorfreude und viel Tempo auf den Markt zurannte, ausglitt und der Länge nach in den Dreck fiel. Den Spaß am Markt verdarb ihm der Schmutz in den Klamotten glücklicherweise nicht im Geringsten.
„Man kann nicht alles haben“, meinte ein älteres Ehepaar, das über die unbefestigte Fläche nicht erfreut war, ein wenig „Brabsel“ aber doch für zweitrangig hielt. Alle diejenigen, die diese gelassene Auffassung teilten, erlebten einen wunderschönen Lorscher Markt. sch
Viele Vereine waren präsent. Die Bürger-Funken schenkten Glühwein aus, der Partnerschaftsverein verkaufte Belgische Pralinen aus der Partnerstadt Zwevegem, zugunsten des Paulusheims konnte man Zuckerwatte essen, beim DRK bildeten sich immer wieder Schlagen vor der Ausgabestelle für Wildschweinbratwürste und Pommes.
Bei der Olympia gab es die köstlichen frischen Kräppel – und den Teamgeist förderten die Sportler nebenbei auch. Denn wer gleich sechs oder zehn Kräppel orderte, erhielt Rabatt – da taten sich vor dem Stand spontan einzelne Käufer zur Einkaufsgruppe zusammen.
Gut besucht war auch das Märchenzelt. Dort lasen Ehrenamtliche Geschichten vor. Nicole Margraf vom „Leseschwarm“ hatte sich zum Auftakt für ein Märchen aus Norwegen entschieden, Erster Stadtrat Alexander Löffelholz unterhielt die Zuhörer mit der Geschichte „Ein Weihnachtsmann sieht Rot“ und auch Lisa Brooks, Ursula Schierk, Gülay Kaya und mehrere weitere Lorscher engagierten sich als Vorleser.
Zahlreich waren die Möglichkeiten, Geschenke fürs Fest zu besorgen. Holz- und Krippenfiguren, Artikel aus Filz, Lorscher Kartoffelbrand, Kleidung, Imkerei-Produkte, Lebkuchen und Keramik etwa waren zu haben. „Alles Handarbeit“ warb ein Stand aus dem Odenwald, der Gebäck, Liköre und Pralinen offerierte.
Auch die Essensauswahl war groß. Stärken konnte man sich mit Bratwürsten, Suppen, Reibekuchen, Fleischkäse, Asia-Nudeln, Langos aus Ungarn und Fisch oder Waffeln, Crepes, Früchtebrot und Bratäpfeln. Auf der Bühne wechselten sich Musikgruppen und Tanzdarbietungen ab.
Applaus gab es für die Aktiven von Vronis Tanzstudio ebenso wie für die vielen Chöre, zum Beispiel den Lorscher Kinderchor Musikus der evangelischen Kirchengemeinde, der leise „Es weihnachtet“ sang. Ob Schola oder Popchor, die Laurissa, die Tanzsportler des TSC Rot-Weiß, das Musikcorps aus Einhausen und alle weiteren Künstler – alle hatten Zuhörer, die sich freuten.
Ein Publikumsmagnet für junge Familien war das Kinderkarussell, auch Bastelstube und Ponyreiten lockten. Für einen guten Zweck, ein Teilerlös geht an die Tafel, konnte man Weihnachtsengel und die Broschüre „Lorscher Profile“ erwerben.
Erinnerung an die stille Zeit
Wer weniger Trubel wollte, konnte auf dem Benediktinerplatz die blau angestrahlte Königshalle bewundern, die Christbaum-Allee am Stadthaus und am Samstag in St. Nazarius am Rorate-Gottesdienst in der nur von Kerzenschein erleuchteten Kirche teilnehmen. Die Adventszeit war vielen, die sich auf das Weihnachtsfest freuen, einst eine stille Zeit, erinnerte Pfarrer Michael Bartmann. Von Besinnung sei in der heutigen Umtriebigkeit nicht viel geblieben. Unverändert aber sei der Advent eine Zeit der Buße, des Fastens, der Bescheidenheit und Erwartung.
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