Kultur - Die Rimbacher Künstlerin Gerda Luchterhand hätte vor kurzem ihren 100. Geburtstag feiern können / Werke im ganzen vorderen Odenwald verteilt

Zeitgeschichte in Bildern festgehalten

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arn
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Lautertal/Lindenfels. Fast jeder Mensch im vorderen Odenwald hat bereits ein Bild von ihr gesehen – ob als großes Wandgemälde oder als kleine Illustration auf einer Grußkarte. Nicht allen ist der Ursprung dieser detailverliebten Werke aber bewusst: Sie stammen von Gerda Luchterhand.

Die im Jahr 2010 verstorbene Künstlerin aus Rimbach wäre vor kurzem 100 Jahre alt geworden. Ein Anlass, der eigentlich öffentlich gewürdigt hätte werden sollen, unter anderem durch eine Ausstellung. Wie so vieles in diesem Jahr machte aber auch dem die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung.

Das wohl markanteste Werk von Gerda Luchterhand ziert die Ortsmitte von Rimbach: In der Rathausstraße, an einer Hausfassade gegenüber dem Rathaus, wirft ein großes Gemälde von ihr einen Blick auf „Rimbach um die Jahrhundertwende“. Ein Blickfang, der niemandem entgeht, der sich dort aufhält, der aber oft nicht bewusst als das Werk einer bemerkenswerten Rimbacher Künstlerin wahrgenommen wird.

Geschenke an die Gemeinden

Bei Menschen, die Gerda Luchterhand gekannt haben, hat die agile und temperamentvolle Frau mindestens einen ebensolchen Eindruck hinterlassen wie ihre Werke. Zu diesen Menschen zählt Helga Müller-Kotthaus, die eine enge, freundschaftliche Verbindung zu der Künstlerin pflegte. „Ihr war es wichtig, Schönheit zu bewahren und zu verewigen“, sagt sie.

Das galt beispielsweise für die alten Fachwerkgebäude, die in den 70er Jahren an vielen Stellen aus den Ortsbildern verschwanden. „Damals war das Bewusstsein dafür, dass man diese erhalten sollte, nicht so vorhanden“, erinnert Müller-Kotthaus sich. Nicht so bei Gerda Luchterhand.

Es ist bezeichnend für die 1920 bei Breslau geborene Künstlerin, dass sie selbst die Orte wählte, die ihre Kunst nach ihrem Tod schmückt. In den Jahren vor 2010 vermachte sie ihre Werke den Gemeinden ihrer Wahlheimat. So finden sich Bilder von Gerda Luchterhand in Lautertal und Lindenfels, im Mörlenbacher Rathaus, in der Alten Schule von Fürth sowie in Seniorenresidenzen in Birkenau und Heppenheim.

Künstlergruppe gegründet

Die umfangreichste Sammlung beherbergt der Heimat- und Museumsverein von Zotzenbach im Roten Haus. Dies alles zeigt, dass Gerda Luchterhand ihr künstlerisches Wirken nicht vordergründig als Profession verstand, sondern als Bewahrung von Geschichte für die Allgemeinheit. Mit den Ansichten von Gebäuden, Landschaften und Menschen hat sie ein Stück Zeitgeschichte für die Nachwelt erhalten.

Ihre Motivation speiste sie dabei aus Land und Leuten selbst. Gerda Luchterhand war viel in ihrer Wahlheimat, dem Odenwald, unterwegs und stieß dabei auf die Motive ihrer Werke. Sie zierten und zieren regionale Publikationen, Postkarten und Flugblätter. Darunter sind feine Bleistiftzeichnungen ebenso wie Werke aus Tusche und Aquarelle. Einige davon wurden 1978 – zusammen mit Texten von Hans Schmidt – in dem Büchlein „Dir, wunderschönes Weschnitztal“ festgehalten, das im Mörlenbacher Verlag von Marta Hosemann erschienen ist.

In den Odenwald ist Gerda Luchterhand 1953, nach ihrer Heirat, gekommen. Rimbach wurde 1964 zu ihrer Heimat. Dort betrieb sie ab den frühen 70er Jahren, bis 1984, das „Hobbyhäuschen“, das nicht nur ein Fundus für Kunst- und Bastelutensilien war, sondern auch ein Treffpunkt für Kunstinteressierte. Aus diesem Kreis heraus gründete sie die Rimbacher Künstlergruppe. Und auch für die Volkshochschule war Gerda Luchterhand aktiv und gab Kurse.

Begnadete Porträtzeichnerin

Das Reisen war eine große Leidenschaft der Künstlerin. Nicht nur im Odenwald war sie unterwegs, sondern auch in Norddeutschland, in England, Italien und Frankreich. Auch von dort brachte sie Eindrücke in Form von Pastellkreide-Zeichnungen und Aquarellmalereien mit. Gerda Luchterhand war eine Meisterin unterschiedlichster Mal- und Zeichentechniken – und auch eine begnadete Porträtzeichnerin. Damit verdiente sie sich nach Kriegsende unter anderem bei US-Soldaten etwas Geld.

Der Tatendrang hat Gerda Luchterhand nie verlassen. Die so zierlich wirkende Frau strotzte bis zu ihrem Tod vor Energie. Dieser kam plötzlich und unerwartet im Mai 2010. So überraschend, dass er die Übergabe des hessischen Landesehrenbriefes an Gerda Luchterhand zu Lebzeiten verhinderte. Dieser wurde ihr postum am 28. Mai 2010 verliehen, wenige Tage nach ihrem Tod. arn

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