Männergesangverein „Sängerlust“ Schlierbach

Mundart-Stücke als Erfolgsrezept der Theatergruppe

In diesem Herbst kann die Theatergruppe ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum feiern. Angefangen hatte alles 1994 mit dem Stück „Vater gesucht“.

Von 
Jutta Haas
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Zuletzt wurde im Jahr 2022 das Stück „Blondes Gift und viel Amore“ aufgeführt, bei der Tina Schmitt (als Blondine Helene Schwarz) den Männern den Kopf verdrehte. © Thomas Neu

Schlierbach. Theaterabende haben in Schlierbach ein besonderes Flair, auf das die Fans der Theatergruppe im Männergesangverein „Sängerlust“ Schlierbach in der Saison 2023 verzichten mussten. „Wir hatten, wie üblich, nach dem Burgfest schon mit den Proben begonnen, als sich herausstellte, dass wir bei der Aufführung nicht alle Rollen besetzen können“, bedauerte der Vorsitzende und selbst Schauspieler in der Crew Hans-Dieter Seyfert. „Aber im Jahr 2024 stehen wir definitiv auf der Bühne.“

In diesem Herbst kann die Theatergruppe ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum feiern. Angefangen hatte alles 1994 mit dem Stück „Vater gesucht“. Doch eigentlich geht die Geschichte mit Theaterauftritten in Schlierbach zurück in die Geschichte des Ortes.

Erinnern können sich die Schlierbacher in die 50er- und 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Wie in vielen anderen Ortschaften sorgten in jener Zeit Theateraufführungen in den Herbst- und Wintermonaten für Kurzweile bei den Bürgern.

Premiere mit einem Zweiakter

Im Laufe der Zeit änderte sich der Geschmack der Menschen, was allein schon an den Theaterstücken selbst festzustellen ist. „Der Inhalt der Theaterstücke von damals braucht heute niemand mehr aufzuführen“, weiß Hans-Dieter Seyfert, der die alten Hefte schon in der Hand hatte. Einzelne Passagen würden heute nur Kopfschütteln auslösen. „Der Humor und auch die Sprache jener Zeit waren anders.“

Aus welchen Gründen schließlich die Theaterabende nicht mehr stattfanden, das lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. „Ob die Zuschauer fernblieben oder es an Schauspielern mangelte, weiß heute niemand so genau“, so Hans-Dieter Seyfert, der 1987 Mitglied im Gesangsverein wurde. Schon bald war der aktive Sänger im Vorstand und dort keimte die Idee, vielleicht mal einen Theaterabend zu veranstalten.

Leidenschaftliche Schauspieler und ein Füllhorn an Humor

Die Chemie stimmt bei den Schlierbacher Schauspielern, das merken auch die Zuschauer. Die Männer und Frauen auf der Bühne schlüpfen in ihre Rollen und sind mit viel Leidenschaft dabei – so manche verrückte Szene hätte selbst manchen professionellen Schauspieler in den Schatten stellen können. Immer mit dabei die Mundart und viel Lokalkolorit. Viele Schauspieler in der Theatergruppe gehören seit vielen Jahren zur Crew.

Dem ersten Stück „Vater gesucht“ folgten „Der letzte Trumpf sticht“, „Die Gesundheitsapostel“ oder „Drunne un Driwwe“. Schon die Titel der Vorführungen wie „Opa kann es nicht lassen“, „Hilfe ein Kind“ oder „Der irre Theodor“ sind schon mal ordentlich Werbung für den Kartenvorverkauf.

Grotesk und humorvoll zugleich war die Aufführung „Petri Heil und Weidmanns Dank“. Zentraler Punkt dieser Familie ist die Mutter, die für alle da zu sein hat, deren Bedürfnisse aber niemanden interessieren. Die ganze Szenerie wird übertrieben, aber auch sehr humorvoll dargestellt. So manch nüchtern denkender Mensch hätte der Frau empfohlen, möglichst schnell ihre Koffer zu packen und das Haus weit hinter sich zu lassen. Doch im Stück verträgt die Hausfrau, Mutter und Schwägerin einiges, bis sie eine Woche Urlaub nimmt.

Bei der Aufführung „Totengräber leben länger“ erlebten die Zuschauer eine Vorführung der besonderen Art mit viel Bewegung und einem besonders trockenen Humor.

Turbulente Szenen wechselten im Stück „Der Tyrann“ minütlich und Bürgermeister Babel verstrickte sich dabei immer mehr. Die Zuschauer kamen kaum noch hinterher und nicht mehr aus dem Lachen. Ein Füllhorn an Sprüchen und Weisheiten erlebten die Zuschauer bei der Aufführung „Der falsche Graf und die Internetbaronin“ im Jahr 2019.

Bei der vorerst letzten Aufführung im Jahr 2022 verdrehte ein blondes weibliches Wesen mit tiefem Ausschnitt im Pullover den Kopf der männlichen Kollegen im Stück „Blondes Gift und viel Amore“. jhs

Eine erste Mannschaft war schnell gefunden. Volker Hartmann und Marva Schmitt spielten schon im Burgtheater und hatten Erfahrungen sammeln können. Hinzu kamen Annette Bauer, Bettina Keil, Birgit Ullrich, Florian Tracht Achim Vetter und Hans-Dieter Seyfert, sie hatten Spaß an der Idee gefunden.

Mit dem Zweiakter „Vater gesucht“, der 80 Minuten Spielzeit hatte, ging es an den Start. Als hätten die Schlierbacher darauf gewartet: Schnell waren die beiden Vorführabende ausverkauft. „Den Bühnenaufbau in seinen Grundelementen benutzen wir noch heute“, erzählt Hans-Dieter Seyfert. Die positiven Kritiken und gute Resonanz auf die erste Vorführung beflügelten, die Gruppe war zusammengeschweißt.

Spielzeit verlängerte sich

Den Zweiaktern folgten Dreiakter, die Spielzeit verlängerte sich auf 90 Minuten und konnte in den vergangenen Jahren bis zu gut zwei Stunden dauern. Ein abendfüllendes Programm wird schon seit einigen Jahren sogar an drei Abenden aufgeführt. Sobald der Vorverkauf beginnt, gehen die Karten weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.

Der Erfolg der Schlierbacher Theatergruppe hat mehrere Gründe. Das beginnt schon mal mit der Auswahl der Stücke. „Ich habe so an die 130 Stücke schon gelesen und davon eine Tabelle im Computer angefertigt“, so Hans-Dieter Seyfert, der selbst nicht nur spielt, sondern auch die Regie innehat. Er geht dabei den Fragen nach, ob das Stück in die Schlierbacher Landschaft passt – also auch im Odenwälder Dialekt wirkt -, ob die Charaktere von den Schauspielern besetzt werden können und ob die Besetzung insgesamt stimmig ist.

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Offensichtlich hat er bis heute das richtige Gespür dafür entwickelt. Die Schauspieler identifizieren sich mit ihren Rollen, werden eins damit. „Jeder Schauspieler verkörperte die Rolle, die er oder sie spielt“, weiß Hans-Dieter Seyfert. Das Beherrschen von Mimik, Gestik und Sprache, natürlich im Dialekt, gehören dazu. Da kann es sogar passieren, dass mal ein anderer Satz herausrutscht, als es das Stück vorgibt. Der passt dann aber irgendwie besser nach Schlierbach, ist also praktisch aus dem Leben heraus.

Ihre Begeisterung für das Theaterspiel haben im Lauf der Jahre einige Schauspieler auch an ihre Kinder weitergegeben. Allein von der Familie Vetter standen schon Großvater Achim, Vater Stefan und Sohn Tim auf der Bühne – also drei Generationen. Tina Hartmann, die Tochter von Elke Schmitt war schon dabei und von Marva Schmitt Sohn Timo oder Eric Seyfert, der in die Fußstapfen von Vater Hans-Dieter tritt. Weiter schauspielbegeisterte Männer und Frauen konnten im Laufe der Jahre gewonnen werden. Somit ist gewährleistet, dass die Gruppe immer ein gutes Durchschnittsalter hat.

Um alle kümmert sich auch Marva Schmitt, die als Souffleuse das Heft in der Hand behält. Etliche Helfer im Hintergrund unterstützen die Theatergruppe beim Gestalten der Bühne und während des Auftritts. Und wenn dann nach Wochen des Probens der Augenblick kommt, in dem sich das Dorfgemeinschaftshaus mit den Zuschauern füllt, steigt spätestens das Lampenfieber bei den Darstellern. „Die Spannung muss sein“, weiß Hans-Dieter Seyfert.

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