Lindenfels. Früher hatte Lindenfels nicht nur eine, sondern gleich zwei Burgen. Da sind sich die Heimatforscher einig. Das Bauwerk auf dem alten Köpfchen im Schenkenberg war allerdings bei weitem nicht so imposant wie das als „Burg Lindenfels“ bekannte und hatte wohl nur den Zweck, die dortigen Burgherren zu ärgern. Ob es seinen Zweck erfüllt hat, ist nicht überliefert.
„Die Pfalzgrafen haben die Burg am Köpfchen den Markgrafen vor die Nase gesetzt“, glaubt Burgenforscher Thomas Steinmetz. Als Bauherren der Gegenburg vermutet er die Pfalzgrafen aus dem Hause Wittelsbach. Die große Burg war ab 1214 in der Hand der Markgrafen von Baden. 1277 erfolgte die feindliche Übernahme des Bauwerks durch die Wittelsbacher mit friedlichen Mitteln: Pfalzgraf Ludwig II. kaufte auch die große Burg.
Verschiedene Theorien
Steinmetz Theorie: Ludwig verwertete die Gegenburg danach als Baumaterial. Sie musste ja jetzt keinen mehr ärgern. Im Gegensatz zum Burgendeal im Jahre 1277 ist das allerdings nicht urkundlich belegt.
Der Burgenforscher vertritt damit eine andere Auffassung als sein früherer Lehrer und Vorsitzender des Breuberg-Bundes Winfried Wackerfuß. Der nämlich glaubt, die Köpfchen-Burg sei das ältere Bauwerk und später von dem größeren abgelöst worden. Steinmetz verweist auf Keramikfunde am alten Köpfchen, die eine Datierung des Baus im 13. Jahrhundert nahe legen.
Nicht größer als 150 Quadratmeter
Unumstritten, weil noch heute deutlich erkennbar, ist der sogenannte Halsgraben an der Nordseite der Köpfchen-Burg. So nennen die Fachleute einen Schutzgraben zur Bergseite hin, wenn auf der anderen Seite das Gelände steil abfällt und deshalb die Feinde von dort aus schwer angreifen konnten: Der Berg entspricht der Schulter, der Burghügel dem Kopf. Die Vertiefung dazwischen ist der Hals(graben).
Die Burg am Köpfchen war wohl nicht größer als 150 Quadratmeter und hatte einen ungefähr viereckigen, dem Gelände angepassten Grundriss. Es ist nicht belegt, ob darin ein mehrstöckiger Turm stand, wie Wackerfuß vermutet, oder mehrere flache Gebäude.
Die Daten gehen aus einer Info-Tafel des Naturparks Bergstraße-Odenwald am Standort der Köpfchen-Burg hervor. Thomas Steinmetz hat den Text verfasst, Nicolai Knauer dazu eine passende Grafik gezeichnet. Die Tafel gehört zum Nibelungensteig, der sich an den Südhang des Schenkenbergs schmiegt.
Dort gibt es gleich zwei Köpfchen: Das „neue“, auch Ludwigshöhe genannte, und das „alte“ weiter unten, ein paar steile Treppenstufen oberhalb der Nibelungenstraße. Auf beiden stehen heute Schutzhütten, und von beiden ist Burg Lindenfels direkt im Blickfeld.
Dazwischen entspringt eine Quelle. Sie hat wohl die kleine Burg auf dem alten Köpfchen mit Wasser versorgt. Bei den alteingesessenen Lindenfelsern ist sie als „Die Brunnenstuben“ bekannt, wie Stadtführerin Ilso Bonn dieser Zeitung erzählte. Von dort, so die Legende, holte der Klapperstorch die kleinen Kinder, um sie zu ihren glücklichen Eltern zu bringen. „Da warst Du noch in den Brunnenstuben“, sagten die alten Lindenfelser zu den jungen. Bedeutet: Als das passiert ist, warst Du noch nicht geboren.
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