Ortsbeiratssitzung

Investor plant 14 Hektar große Freiflächen-Solaranlage bei Winterkasten

Von 
Philipp Kriegbaum
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Martin Leitsch stellte das Projekt im Winterkäster Ortsbeirat vor. Auf dem Bild im Hintergrund sieht man den angestrebte endgültigen Zuschnitt des Solarparks. © Philipp Kriegbaum

Winterkasten. „Mythos 3“ dürfte noch für Diskussionen sorgen im Waldhufendorf Winterkasten. Er lautet „Solarparks auf Freiflächen integrieren sich nicht in das lokale Landschaftsbild“. Die Beschreibung stammt aus dem Prospekt der Solar Provider Group, die in Winterkasten einen 14 Hektar großen Agriphotovoltaik-Solarpark bauen will, etwa 20 Mal so groß wie der Sportplatz des Dorfes. Bei der Vorstellung des Projekts im Ortsbeirat wurde deutlich: Der Mythos lebt.

Obwohl er laut Anbieterprospekt „falsch“ ist. Danach sei es „relativ einfach, einen Solarpark visuell in das bestehende Landschaftsbild zu integrieren“. Die Sicht auf die Solarpaneele könnten zum Beispiel mit einer umlaufenden Hecke verdeckt werden, erklärte Projektentwickler Martin Leitsch, der die Pläne seines Unternehmens dem Ortsbeirat und einer Handvoll Winterkäster Bürger präsentierte.

„Wenn das früher bekannt gewesen wäre, dann wäre heute hier die Bude voll“, meinte Ortsvorsteher Fabian Kopp. So fühle er sich „ein bisschen überrumpelt“. Er habe erst vor ein paar Tagen von dem Thema erfahren. Die von ihm aktualisierte Tagesordnung war tags zuvor als amtliche Bekanntmachung in dieser Zeitung erschienen.

Der Magistrat der Stadt Lindenfels, so Bürgermeister Maximilian Klöss, hatte vor etwa zwei Wochen erstmals persönlich mit dem Anbieter gesprochen und diesen gebeten, auch gleich in den Ortsbeirat zu gehen. Ein ungewöhnliches Vorgehen, weil der Ortsbeirat im Bauleitverfahren rechtlich gesehen erst später zu hören ist. Klöss habe aber „zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Transparenz schaffen wollen“ und entsprechend auf den Magistrat eingewirkt.

„Ich bin sehr darauf bedacht, dass die Ortsbeiräte ins Boot geholt werden“, sagte er. Dennoch wurden in der Sitzung Stimmen laut, man werde vor vollendete Tatsachen gestellt. Wohl auch, weil die Solar Provider Group die zur Versorgung von 4.200 Haushalten mit Strom benötigten Flächen bereits gepachtet hat.

Die Anlage würde sich bis kurz vor Laudenau erstrecken

Man wolle nicht in ein offizielles Gremium gehen, bevor man wisse, ob man überhaupt die Fläche bekomme, begründete Martin Leitsch die Reihenfolge des Vorgehens. Üblicherweise erfolge die Information der Kommune erst nach dem zweiten Schritt, dem Antrag auf Netzanschluss. Im Vorfeld habe man mit dem Stromnetzbetreiber E-Netz Südhessen geprüft, dass eine Einspeisung des von der Anlage erzeugten Stroms in Reichelsheim möglich sei.

Der bereits von einem Landwirt gepachtete etwa 100 Meter breite Streifen erstreckt sich von der Raupensteiner Höhe im Westen bis hinunter nach Winterkasten und auf der anderen Seite der Hauptstraße weiter bis knapp einen Kilometer vor den Nachbarort Laudenau im Osten. Die Solar Provider Group würde ihn gerne um etwa ein Drittel verbreitern, falls sie die Erweiterungsfläche pachten kann.

Dabei kämen allerdings mehrere Eigentümer im Spiel, was das Verfahren schwieriger mache. Der Streifen ist ungefähr so lang wie die Winterkäster Ortsdurchfahrt und formt auf der Luftaufnahme der Solar Provider Group mit der anderen Fläche einen etwas schiefen Buchstaben X.

Die aufgeführten Einwände reichten von der Gefährdung von Kleintieren über die Schwierigkeit bei der Bewirtschaftung bis zur Blendwirkung durch die Solarpaneele. Der Tenor: Man sei nicht gegen Solarenergie, aber bitte nicht an diesem Standort. Auch der Projektentwickler räumte ein, die Fläche sei „nicht optimal geschnitten für die Gemeinde, das sehe ich auch.“

Stichwort: Agriphotovoltaik

Der Begriff steht für kombinierte Nutzung : Die Landwirtschaft teilt sich die Fläche mit der Photovoltaik. Geregelt ist das in der DIN SPEC 91434 „Agri-PV“, veröffentlicht am 16. April 2021.

Die Aufteilung erfolgt im Verhältnis 85 Prozent Landwirtschaft zu 15 Prozent Photovoltaik . Agrarsubventionen können für landwirtschaftlich genutzten Teil der Fläche weiter fließen.

Die in Winterkasten vorgesehenen Ständer sind inklusive Solarmodul viereinhalb Meter hoch und müssen etwa eineinhalb Meter tief eingegraben werden.

Wenn die Module um die Mittagszeit waagerecht stehen (sie bewegen sich mit dem Stand der Sonne), sind sie 4,80 Meter breit. Es ergeben sich zehn bis 14 Meter breite Streifen für landwirtschaftliche Nutzung zwischen den Modulen.

Laut Solar Provider Group sollen die Ständer in den Boden gerammt werden, so dass keine Fläche versiegelt wird und ein vollständiger Abriss nach Ende der Nutzungsdauer möglich ist.

Luftaufnahme von Winterkasten. Der orange Streifen wurde bereits von der Solar Provider Group gepachtet. © Solar Provider Group

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