Evangelische Kirche

Frauen besuchten ihre Lieblingsorte in Lindenfels

Von 
Gisela Grünwald
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Frauen aus Lindenfels versammelten sich zu einem Spaziergang zu ihren Lieblingsorten in der Stadt. © gg

Lindenfels. Frauen aus Lindenfels versammelten sich zu einem Spaziergang zu ihren Lieblingsorten in der Stadt. Die Idee dazu entstammt einer Ideenwerkstatt, die die evangelische Gemeindereferentin Lydia Ploch mit ins Leben gerufen hatte. Sammelpunkt der Spaziergänger war der Löwenbrunnen vor der evangelischen Kirche.

Erster Stopp war der Kurgarten. Dort erzählte Lydia Ploch: „Ich liebe den Kurgarten, weil man vor dort einen guten Blick auf die evangelische Kirche hat.“ Den 9. November als Termin für die Tour hatte sie bewusst gewählt. „An diesem Tag wurde in Deutschland Geschichte geschrieben“. Zuletzt 1989, als die Mauer fiel und die Grenzen für die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik geöffnet wurden. Die Spaziergänger erinnerten aber auch an die brennenden Synagogen 1938.

Auf der Wiese vor der evangelischen Kirche stand früher das Hotel Hessischer Hof. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg lernten dort jüdische Waisenkinder Hebräisch, bevor sie nach Palästina auswanderten.

Die Frauen wanderten weiter zum Klappergarten. Sie hielten am Aussichtspunkt der Stadtmauer an, von dem aus man den besten Blick auf die ganze Stadt hat. „Das ist mein Lieblingsort in Lindenfels“, berichtete Jutta Wippler. „Ich mag den Blick auf meinen Heimatort; ich bin hier geboren und wollte nie weg.“ Das war der Startschuss für die Frauen, zu erzählen, was sie mit Lindenfels verbindet. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie zwar nicht hier geboren sei, sich aber trotzdem als Lindenfelserin fühle. Geboren in Salzburg, lebt sie inzwischen in Reichelsheim.

Sie liebe die Burgstadt. „Ich habe drei Kinder und meine mittlere Tochter ist hier im Krankenhaus zur Welt gekommen. Von meinem Bett aus konnte ich auf die Burg schauen – einzigartig.“ Die Frauen tauschten noch mehr solcher Erfahrungen aus. Dann ging die Tour weiter.

Die Heimat im Kuhschwanzeck

„Ich bin in Lindenfels geboren und aufgewachsen“, sagte Ursula Kleinböhl. Dann lebte sie 28 Jahre lang in der Fremde, bevor sie vor 32 Jahren zurückkam, um ihre Eltern zu pflegen. Aufgewachsen ist sie im „Kuhschwanzeck“ – so wurde die Ecke am Ortsausgang hinter dem ehemaligen Hotel Kühler Grund genannt. Mit ihrem Hund wandert Kleinböhl gerne durch den Ort. Am liebsten legt sie dabei eine Pause im Klappergarten ein.

„Ich nehme immer die Bank am Wachturm der Burg, denn Hunde dürfen hier eigentlich nicht rein.“ Sie habe sich sogar schon danach erkundigt, warum das Stück Grün mit Kräutergarten vor der Burg Klappergarten heißt. Vielleicht, weil sich die Burgdamen dort mit ihren Liebhabern getroffen haben? Mit dem Fächer in der Hand verschafften sie sich Abkühlung und gaben ihren Auserwählten ein Zeichen.

Die Frauen überlegten, ob die Burgbesatzung von dieser Stelle aus, einen guten Blick auf Angreifer hatte. Nichts Genaues ist schriftlich überliefert. Weiter ging es hinauf in den Burghof, zuerst wurde aber ein Stopp vor dem Tor eingelegt. Der große Brunnen vor dem Eingang zur Burg stand einst am anderen Ende von Lindenfels. Er war einer der Lieblingsorte in der Kindheit von Ursula Kleinböhl. „Dort habe ich immer gespielt.“

Der Burghof wiederum ist Isolde Rohnstocks Lieblingsort, weil hier am ersten Wochenende im August das Burgfest gefeiert wird. Sie ist in Lindenfels geboren und aufgewachsen, lebte für kurze Zeit in Frankfurt und Heidelberg, um ihre Ausbildung zur Erzieherin zu absolvieren. „Auf dem Burgfest haben wir Freundschaften geschlossen“, so Isolde Rohnstock. Ihr Sohn wurde am Burgfest geboren.

Erinnerungen wurden auch an die Lindenfelser Kindertrachtengruppe wach. Eine Dame meinte: „Auf dem Burgfest habe ich meinen Lindenfelser kennen und lieben gelernt.“ Die Gruppe wanderte zum Heimatmuseum in der Zehntscheune sowie dem Deutschen Drachenmuseum im Haus Baur de Betaz.

Der Spaziergang zu den Lieblingsorten endete im Rathaushof. Lydia Ploch fragte in die Runde: „Was fehlt Ihnen n der Stadt?“ Hier äußerten die Frauen Wünsche wie den nach einem Lokal, in dem Tagesgäste zu Mittag essen können und einem Treffpunkt für Jugendliche, wo es zum Beispiel einen Tischkicker gibt. Ungewollt passte der Spaziergang wunderbar in die Diskussion um das Leben auf dem Land oder in der Stadt.

Lydia Ploch, die als Gemeindepädagogin der evangelischen Kirche im Kreis Bergstraße arbeitete, zieht nun in die Stadt. Sie hat ihre Traumstelle als Klinikseelsorgerin in Mainz gefunden. Die Frauen aus Lindenfels treffen sich wieder am Dienstag, 14. Dezember, um 18 Uhr zu einer Ideenwerkstatt im evangelischen Gemeindehaus. Künftig begleitet Susanne Allmenröder vom Evangelischen Dekanat Bergstraße die Treffen. Für weitere Treffen wurden über den Besuch einer Ausstellung mit Bildern von Paula Modersohn-Becker in Frankfurt, die Neuvorstellung von Büchern, eine Autorenlesung und einen Malkurs nachgedacht.

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